Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

Tuch, trugen selbiges auf einen schönen grünen
Platz in die Ecke, wo sich der aus dem grossen See
entspringende Fluß in zwey Arme theilet, machten
daselbst ein feines Grab, legten alles ordentlich zu-
sammen gebunden hinein, und beschlossen, ihm,
nach erlangten fernern Uhrkunden, mit ehesten eine
Gedächtniß-Säule zu setzen. Ob nun schon der
gute van Leuven durch seinen frühzeitigen und be-
jammerens-würdigen Tod dieses Vorhaben mit
auszuführen verhindert wurde, so ist es doch nach-
hero von mir ins Werck gerichtet worden, indem
ich nicht allein dem Don Cyrillo de Valaro, sondern
auch dem ehrlichen van Leuven, und meiner seel.
Ehe-Frau der Concordia, jedem eine besondere
Ehren-dem gottlosen Lemelie aber eine Schand-
Säule zum Gedächtniß über die Gräber aufgerich-
tet habe.

Diese Säulen nebst den Grabschrifften, sagte
hier Albertus, sollen euch, meine Freunde, ehester
Tages zu Gesichte kommen, so bald wir auf dem
Wege nach Christophs-Raum begriffen seyn wer-
den. Jedoch ich wende mich wieder zur damahli-
gen Geschicht.

Nachdem wir, wie bereits gedacht, dem Don
Cyrillo
nach seinem Begehren den letzten Liebes-
Dienst erwiesen, seine Gebeine wohl verscharret,
und einen kleinen Hügel darüber gemacht hatten,
kehreten wir gantz ermüdet zur Concordia, welche
uns eine gute Mittags-Mahlzeit bereitet hatte.
Lemelie kam auch gar bald herzu, und entschuldig-
te seine Flucht damit, daß er unmöglich mit ver-
fauleten Cörpern umgehen könne. Wir lächelten

hierzu

Tuch, trugen ſelbiges auf einen ſchoͤnen gruͤnen
Platz in die Ecke, wo ſich der aus dem groſſen See
entſpringende Fluß in zwey Arme theilet, machten
daſelbſt ein feines Grab, legten alles ordentlich zu-
ſammen gebunden hinein, und beſchloſſen, ihm,
nach erlangten fernern Uhrkunden, mit eheſten eine
Gedaͤchtniß-Saͤule zu ſetzen. Ob nun ſchon der
gute van Leuven durch ſeinen fruͤhzeitigen und be-
jammerens-wuͤrdigen Tod dieſes Vorhaben mit
auszufuͤhren verhindert wurde, ſo iſt es doch nach-
hero von mir ins Werck gerichtet worden, indem
ich nicht allein dem Don Cyrillo de Valaro, ſondern
auch dem ehrlichen van Leuven, und meiner ſeel.
Ehe-Frau der Concordia, jedem eine beſondere
Ehren-dem gottloſen Lemelie aber eine Schand-
Saͤule zum Gedaͤchtniß uͤber die Graͤber aufgerich-
tet habe.

Dieſe Saͤulen nebſt den Grabſchrifften, ſagte
hier Albertus, ſollen euch, meine Freunde, eheſter
Tages zu Geſichte kommen, ſo bald wir auf dem
Wege nach Chriſtophs-Raum begriffen ſeyn wer-
den. Jedoch ich wende mich wieder zur damahli-
gen Geſchicht.

Nachdem wir, wie bereits gedacht, dem Don
Cyrillo
nach ſeinem Begehren den letzten Liebes-
Dienſt erwieſen, ſeine Gebeine wohl verſcharret,
und einen kleinen Huͤgel daruͤber gemacht hatten,
kehreten wir gantz ermuͤdet zur Concordia, welche
uns eine gute Mittags-Mahlzeit bereitet hatte.
Lemelie kam auch gar bald herzu, und entſchuldig-
te ſeine Flucht damit, daß er unmoͤglich mit ver-
fauleten Coͤrpern umgehen koͤnne. Wir laͤchelten

hierzu
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0201" n="187"/>
Tuch, trugen &#x017F;elbiges auf einen &#x017F;cho&#x0364;nen gru&#x0364;nen<lb/>
Platz in die Ecke, wo &#x017F;ich der aus dem gro&#x017F;&#x017F;en See<lb/>
ent&#x017F;pringende Fluß in zwey Arme theilet, machten<lb/>
da&#x017F;elb&#x017F;t ein feines Grab, legten alles ordentlich zu-<lb/>
&#x017F;ammen gebunden hinein, und be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, ihm,<lb/>
nach erlangten fernern Uhrkunden, mit ehe&#x017F;ten eine<lb/>
Geda&#x0364;chtniß-Sa&#x0364;ule zu &#x017F;etzen. Ob nun &#x017F;chon der<lb/>
gute <hi rendition="#aq">van Leuven</hi> durch &#x017F;einen fru&#x0364;hzeitigen und be-<lb/>
jammerens-wu&#x0364;rdigen Tod die&#x017F;es Vorhaben mit<lb/>
auszufu&#x0364;hren verhindert wurde, &#x017F;o i&#x017F;t es doch nach-<lb/>
hero von mir ins Werck gerichtet worden, indem<lb/>
ich nicht allein dem <hi rendition="#aq">Don Cyrillo de Valaro,</hi> &#x017F;ondern<lb/>
auch dem ehrlichen <hi rendition="#aq">van Leuven,</hi> und meiner &#x017F;eel.<lb/>
Ehe-Frau der <hi rendition="#aq">Concordia,</hi> jedem eine be&#x017F;ondere<lb/>
Ehren-dem gottlo&#x017F;en <hi rendition="#aq">Lemelie</hi> aber eine Schand-<lb/>
Sa&#x0364;ule zum Geda&#x0364;chtniß u&#x0364;ber die Gra&#x0364;ber aufgerich-<lb/>
tet habe.</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;e Sa&#x0364;ulen neb&#x017F;t den Grab&#x017F;chrifften, &#x017F;agte<lb/>
hier <hi rendition="#aq">Albertus,</hi> &#x017F;ollen euch, meine Freunde, ehe&#x017F;ter<lb/>
Tages zu Ge&#x017F;ichte kommen, &#x017F;o bald wir auf dem<lb/>
Wege nach <hi rendition="#aq">Chri&#x017F;tophs-</hi>Raum begriffen &#x017F;eyn wer-<lb/>
den. Jedoch ich wende mich wieder zur damahli-<lb/>
gen Ge&#x017F;chicht.</p><lb/>
        <p>Nachdem wir, wie bereits gedacht, dem <hi rendition="#aq">Don<lb/>
Cyrillo</hi> nach &#x017F;einem Begehren den letzten Liebes-<lb/>
Dien&#x017F;t erwie&#x017F;en, &#x017F;eine Gebeine wohl ver&#x017F;charret,<lb/>
und einen kleinen Hu&#x0364;gel daru&#x0364;ber gemacht hatten,<lb/>
kehreten wir gantz ermu&#x0364;det zur <hi rendition="#aq">Concordia,</hi> welche<lb/>
uns eine gute Mittags-Mahlzeit bereitet hatte.<lb/><hi rendition="#aq">Lemelie</hi> kam auch gar bald herzu, und ent&#x017F;chuldig-<lb/>
te &#x017F;eine Flucht damit, daß er unmo&#x0364;glich mit ver-<lb/>
fauleten Co&#x0364;rpern umgehen ko&#x0364;nne. Wir la&#x0364;chelten<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">hierzu</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[187/0201] Tuch, trugen ſelbiges auf einen ſchoͤnen gruͤnen Platz in die Ecke, wo ſich der aus dem groſſen See entſpringende Fluß in zwey Arme theilet, machten daſelbſt ein feines Grab, legten alles ordentlich zu- ſammen gebunden hinein, und beſchloſſen, ihm, nach erlangten fernern Uhrkunden, mit eheſten eine Gedaͤchtniß-Saͤule zu ſetzen. Ob nun ſchon der gute van Leuven durch ſeinen fruͤhzeitigen und be- jammerens-wuͤrdigen Tod dieſes Vorhaben mit auszufuͤhren verhindert wurde, ſo iſt es doch nach- hero von mir ins Werck gerichtet worden, indem ich nicht allein dem Don Cyrillo de Valaro, ſondern auch dem ehrlichen van Leuven, und meiner ſeel. Ehe-Frau der Concordia, jedem eine beſondere Ehren-dem gottloſen Lemelie aber eine Schand- Saͤule zum Gedaͤchtniß uͤber die Graͤber aufgerich- tet habe. Dieſe Saͤulen nebſt den Grabſchrifften, ſagte hier Albertus, ſollen euch, meine Freunde, eheſter Tages zu Geſichte kommen, ſo bald wir auf dem Wege nach Chriſtophs-Raum begriffen ſeyn wer- den. Jedoch ich wende mich wieder zur damahli- gen Geſchicht. Nachdem wir, wie bereits gedacht, dem Don Cyrillo nach ſeinem Begehren den letzten Liebes- Dienſt erwieſen, ſeine Gebeine wohl verſcharret, und einen kleinen Huͤgel daruͤber gemacht hatten, kehreten wir gantz ermuͤdet zur Concordia, welche uns eine gute Mittags-Mahlzeit bereitet hatte. Lemelie kam auch gar bald herzu, und entſchuldig- te ſeine Flucht damit, daß er unmoͤglich mit ver- fauleten Coͤrpern umgehen koͤnne. Wir laͤchelten hierzu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/201
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/201>, abgerufen am 31.10.2024.