Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

dann und wann einige Schild-Kröten, See-Käl-
ber, nebst andern Meer-Thieren, wovon wir doch
weiter fast nichts als die Häute und das Fett zu ge-
brauchen pflegten.

Solchergestalt wandten wir die fernern Tage auf
nichts anders, als nach und nach immer eine bessere
Ordnung in unserer Haußhaltung zu stifften, samm-
leten von allerley nutzbarn Gewächsen die Saam-
Körner ein, pflegten die Wein-Stöcke und Obst-
Bäume aufs beste, als worinnen ich bey meinen lie-
ben Pflege-Vätern, dem Dorff-Priester und dem
Amtmanne, ziemliche Kunstgriffe und Vortheile
abgemerckt. Lebten im übrigen in der Hoffnung
künfftiger noch besserer Zeiten gantz geruhig und
wohl beysammen. Allein, in der Nacht zwischen den
8ten und 9ten Novemb. überfiel uns ein entsetzliches
Schrecken. Denn es geschahe ohngefähr um Mit-
ternachts-Zeit, da wir ingesammt im süssesten
Schlaffe lagen, ein dermassen grosser Knall in unse-
rer unterirrdischen Wohnung, als ob das aller-
stärckste Stück Geschützes loßgebrannt würde, so,
daß man die Empfindung hatte, als ob der gantze
Hügel erschütterte. Jch sprang von meinem Lager
auf, und wolte nach der beyden Ehe-Leute Kammer
zu eilen, selbige aber kamen mir so gleich im Dun-
ckeln gantz erschrocken entgegen, und eileten ohne ein
Wort zu sprechen, zur Höle hinaus, da der Schein
des Monden fast alles so helle als am Tage machte.

Jch kan nicht läugnen, daß Mons. van Leuven,
Concordia
und ich vor Furcht, Schrecken und
Zittern, kein Glied stille halten konten, unsere

Furcht

dann und wann einige Schild-Kroͤten, See-Kaͤl-
ber, nebſt andern Meer-Thieren, wovon wir doch
weiter faſt nichts als die Haͤute und das Fett zu ge-
brauchen pflegten.

Solchergeſtalt wandten wir die fernern Tage auf
nichts anders, als nach und nach immer eine beſſere
Ordnung in unſerer Haußhaltung zu ſtifften, ſamm-
leten von allerley nutzbarn Gewaͤchſen die Saam-
Koͤrner ein, pflegten die Wein-Stoͤcke und Obſt-
Baͤume aufs beſte, als worinnen ich bey meinen lie-
ben Pflege-Vaͤtern, dem Dorff-Prieſter und dem
Amtmanne, ziemliche Kunſtgriffe und Vortheile
abgemerckt. Lebten im uͤbrigen in der Hoffnung
kuͤnfftiger noch beſſerer Zeiten gantz geruhig und
wohl beyſam̃en. Allein, in der Nacht zwiſchen den
8ten und 9ten Novemb. uͤberfiel uns ein entſetzliches
Schrecken. Denn es geſchahe ohngefaͤhr um Mit-
ternachts-Zeit, da wir ingeſammt im ſuͤſſeſten
Schlaffe lagen, ein dermaſſen groſſer Knall in unſe-
rer unterirrdiſchen Wohnung, als ob das aller-
ſtaͤrckſte Stuͤck Geſchuͤtzes loßgebrannt wuͤrde, ſo,
daß man die Empfindung hatte, als ob der gantze
Huͤgel erſchuͤtterte. Jch ſprang von meinem Lager
auf, und wolte nach der beyden Ehe-Leute Kammer
zu eilen, ſelbige aber kamen mir ſo gleich im Dun-
ckeln gantz erſchrocken entgegen, und eileten ohne ein
Wort zu ſprechen, zur Hoͤle hinaus, da der Schein
des Monden faſt alles ſo helle als am Tage machte.

Jch kan nicht laͤugnen, daß Monſ. van Leuven,
Concordia
und ich vor Furcht, Schrecken und
Zittern, kein Glied ſtille halten konten, unſere

Furcht
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0210" n="196"/>
dann und wann einige Schild-Kro&#x0364;ten, See-Ka&#x0364;l-<lb/>
ber, neb&#x017F;t andern Meer-Thieren, wovon wir doch<lb/>
weiter fa&#x017F;t nichts als die Ha&#x0364;ute und das Fett zu ge-<lb/>
brauchen pflegten.</p><lb/>
        <p>Solcherge&#x017F;talt wandten wir die fernern Tage auf<lb/>
nichts anders, als nach und nach immer eine be&#x017F;&#x017F;ere<lb/>
Ordnung in un&#x017F;erer Haußhaltung zu &#x017F;tifften, &#x017F;amm-<lb/>
leten von allerley nutzbarn Gewa&#x0364;ch&#x017F;en die Saam-<lb/>
Ko&#x0364;rner ein, pflegten die Wein-Sto&#x0364;cke und Ob&#x017F;t-<lb/>
Ba&#x0364;ume aufs be&#x017F;te, als worinnen ich bey meinen lie-<lb/>
ben Pflege-Va&#x0364;tern, dem Dorff-Prie&#x017F;ter und dem<lb/>
Amtmanne, ziemliche Kun&#x017F;tgriffe und Vortheile<lb/>
abgemerckt. Lebten im u&#x0364;brigen in der Hoffnung<lb/>
ku&#x0364;nfftiger noch be&#x017F;&#x017F;erer Zeiten gantz geruhig und<lb/>
wohl bey&#x017F;am&#x0303;en. Allein, in der Nacht zwi&#x017F;chen den<lb/>
8ten und 9ten <hi rendition="#aq">Novemb.</hi> u&#x0364;berfiel uns ein ent&#x017F;etzliches<lb/>
Schrecken. Denn es ge&#x017F;chahe ohngefa&#x0364;hr um Mit-<lb/>
ternachts-Zeit, da wir inge&#x017F;ammt im &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;ten<lb/>
Schlaffe lagen, ein derma&#x017F;&#x017F;en gro&#x017F;&#x017F;er Knall in un&#x017F;e-<lb/>
rer unterirrdi&#x017F;chen Wohnung, als ob das aller-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;rck&#x017F;te Stu&#x0364;ck Ge&#x017F;chu&#x0364;tzes loßgebrannt wu&#x0364;rde, &#x017F;o,<lb/>
daß man die Empfindung hatte, als ob der gantze<lb/>
Hu&#x0364;gel er&#x017F;chu&#x0364;tterte. Jch &#x017F;prang von meinem Lager<lb/>
auf, und wolte nach der beyden Ehe-Leute Kammer<lb/>
zu eilen, &#x017F;elbige aber kamen mir &#x017F;o gleich im Dun-<lb/>
ckeln gantz er&#x017F;chrocken entgegen, und eileten ohne ein<lb/>
Wort zu &#x017F;prechen, zur Ho&#x0364;le hinaus, da der Schein<lb/>
des Monden fa&#x017F;t alles &#x017F;o helle als am Tage machte.</p><lb/>
        <p>Jch kan nicht la&#x0364;ugnen, daß <hi rendition="#aq">Mon&#x017F;. van Leuven,<lb/>
Concordia</hi> und ich vor Furcht, Schrecken und<lb/>
Zittern, kein Glied &#x017F;tille halten konten, un&#x017F;ere<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Furcht</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[196/0210] dann und wann einige Schild-Kroͤten, See-Kaͤl- ber, nebſt andern Meer-Thieren, wovon wir doch weiter faſt nichts als die Haͤute und das Fett zu ge- brauchen pflegten. Solchergeſtalt wandten wir die fernern Tage auf nichts anders, als nach und nach immer eine beſſere Ordnung in unſerer Haußhaltung zu ſtifften, ſamm- leten von allerley nutzbarn Gewaͤchſen die Saam- Koͤrner ein, pflegten die Wein-Stoͤcke und Obſt- Baͤume aufs beſte, als worinnen ich bey meinen lie- ben Pflege-Vaͤtern, dem Dorff-Prieſter und dem Amtmanne, ziemliche Kunſtgriffe und Vortheile abgemerckt. Lebten im uͤbrigen in der Hoffnung kuͤnfftiger noch beſſerer Zeiten gantz geruhig und wohl beyſam̃en. Allein, in der Nacht zwiſchen den 8ten und 9ten Novemb. uͤberfiel uns ein entſetzliches Schrecken. Denn es geſchahe ohngefaͤhr um Mit- ternachts-Zeit, da wir ingeſammt im ſuͤſſeſten Schlaffe lagen, ein dermaſſen groſſer Knall in unſe- rer unterirrdiſchen Wohnung, als ob das aller- ſtaͤrckſte Stuͤck Geſchuͤtzes loßgebrannt wuͤrde, ſo, daß man die Empfindung hatte, als ob der gantze Huͤgel erſchuͤtterte. Jch ſprang von meinem Lager auf, und wolte nach der beyden Ehe-Leute Kammer zu eilen, ſelbige aber kamen mir ſo gleich im Dun- ckeln gantz erſchrocken entgegen, und eileten ohne ein Wort zu ſprechen, zur Hoͤle hinaus, da der Schein des Monden faſt alles ſo helle als am Tage machte. Jch kan nicht laͤugnen, daß Monſ. van Leuven, Concordia und ich vor Furcht, Schrecken und Zittern, kein Glied ſtille halten konten, unſere Furcht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/210
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/210>, abgerufen am 01.11.2024.