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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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Weise entführet, und in kleine Stücken zerrissen,
also habe ich in dieser zweyten Ausfertigung meiner
Lebens-Beschreibung nicht so ordentlich und gut ver-
fahren können, als ich wohl gewollt, sondern mich
eintzig und allein auf mein sonst gutes Gedächtniß
verlassen müssen, welches doch Alters wegen ziemlich
stumpff zu werden beginnet.

Jmmittelst sind doch meine Augen noch nicht dun-
ckel worden, auch bedüncket mich, daß ich an Kräff-
ten und übriger Leibes-Beschaffenheit noch so starck,
frisch und ansehnlich bin, als sonsten ein gesunder et-
wa 40. biß 50. jähriger Mann ist.

Jn der warmen Somme[r]s-Zeit habe ich gemei-
niglich in der grünen Laub-Hütte auf dem Hügel ge-
wohnet, zur Regen-und Winters-Zeit aber, ist mit
die ausgehaune Wohnung unter dem Hügel treff-
lich zu statten gekommen, hieselb[st] werden auch dieje-
nigen, so vielleicht wohl lange nach meinem Tode et-
wa auf diese Stelle kommen, ohne besondere Mühe,
meine ordentlich verwahrten Schätze und andere
nützliche Sachen finden können, wenn ich ihnen of-
fenbare, daß in der kleinsten Kammer gegen Osten,
und dann unter meinem Steinernen Sessel das al-
lerkostbarste anzutreffen ist.

Jch beklage nochmals, daß mir die leichtfer-
tigen Affen mein schönes Tage-Buch zerrissen,
denn wo dieses vorhanden wäre, wolte ich dir,
mein künfftiger Leser, ohnfehlbar noch ein und
andere nicht unangenehme. Begebenheiten und
Nachrichten beschrieben haben. Sey immittelst
zufrieden mit diesen wenigen, und wisse, daß ich
den Vorsatz habe, so lange ich sehen und schreiben

kan

Weiſe entfuͤhret, und in kleine Stuͤcken zerriſſen,
alſo habe ich in dieſer zweyten Ausfertigung meiner
Lebens-Beſchreibung nicht ſo ordentlich und gut ver-
fahren koͤnnen, als ich wohl gewollt, ſondern mich
eintzig und allein auf mein ſonſt gutes Gedaͤchtniß
verlaſſen muͤſſen, welches doch Alters wegen ziemlich
ſtumpff zu werden beginnet.

Jmmittelſt ſind doch meine Augen noch nicht dun-
ckel worden, auch beduͤncket mich, daß ich an Kraͤff-
ten und uͤbriger Leibes-Beſchaffenheit noch ſo ſtarck,
friſch und anſehnlich bin, als ſonſten ein geſunder et-
wa 40. biß 50. jaͤhriger Mann iſt.

Jn der warmen Somme[r]s-Zeit habe ich gemei-
niglich in der gruͤnen Laub-Huͤtte auf dem Huͤgel ge-
wohnet, zur Regen-und Winters-Zeit aber, iſt mit
die ausgehaune Wohnung unter dem Huͤgel treff-
lich zu ſtatten gekommen, hieſelb[ſt] werden auch dieje-
nigen, ſo vielleicht wohl lange nach meinem Tode et-
wa auf dieſe Stelle kommen, ohne beſondere Muͤhe,
meine ordentlich verwahrten Schaͤtze und andere
nuͤtzliche Sachen finden koͤnnen, wenn ich ihnen of-
fenbare, daß in der kleinſten Kammer gegen Oſten,
und dann unter meinem Steinernen Seſſel das al-
lerkoſtbarſte anzutreffen iſt.

Jch beklage nochmals, daß mir die leichtfer-
tigen Affen mein ſchoͤnes Tage-Buch zerriſſen,
denn wo dieſes vorhanden waͤre, wolte ich dir,
mein kuͤnfftiger Leſer, ohnfehlbar noch ein und
andere nicht unangenehme. Begebenheiten und
Nachrichten beſchrieben haben. Sey immittelſt
zufrieden mit dieſen wenigen, und wiſſe, daß ich
den Vorſatz habe, ſo lange ich ſehen und ſchreiben

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[606/0620] Weiſe entfuͤhret, und in kleine Stuͤcken zerriſſen, alſo habe ich in dieſer zweyten Ausfertigung meiner Lebens-Beſchreibung nicht ſo ordentlich und gut ver- fahren koͤnnen, als ich wohl gewollt, ſondern mich eintzig und allein auf mein ſonſt gutes Gedaͤchtniß verlaſſen muͤſſen, welches doch Alters wegen ziemlich ſtumpff zu werden beginnet. Jmmittelſt ſind doch meine Augen noch nicht dun- ckel worden, auch beduͤncket mich, daß ich an Kraͤff- ten und uͤbriger Leibes-Beſchaffenheit noch ſo ſtarck, friſch und anſehnlich bin, als ſonſten ein geſunder et- wa 40. biß 50. jaͤhriger Mann iſt. Jn der warmen Sommers-Zeit habe ich gemei- niglich in der gruͤnen Laub-Huͤtte auf dem Huͤgel ge- wohnet, zur Regen-und Winters-Zeit aber, iſt mit die ausgehaune Wohnung unter dem Huͤgel treff- lich zu ſtatten gekommen, hieſelbſt werden auch dieje- nigen, ſo vielleicht wohl lange nach meinem Tode et- wa auf dieſe Stelle kommen, ohne beſondere Muͤhe, meine ordentlich verwahrten Schaͤtze und andere nuͤtzliche Sachen finden koͤnnen, wenn ich ihnen of- fenbare, daß in der kleinſten Kammer gegen Oſten, und dann unter meinem Steinernen Seſſel das al- lerkoſtbarſte anzutreffen iſt. Jch beklage nochmals, daß mir die leichtfer- tigen Affen mein ſchoͤnes Tage-Buch zerriſſen, denn wo dieſes vorhanden waͤre, wolte ich dir, mein kuͤnfftiger Leſer, ohnfehlbar noch ein und andere nicht unangenehme. Begebenheiten und Nachrichten beſchrieben haben. Sey immittelſt zufrieden mit dieſen wenigen, und wiſſe, daß ich den Vorſatz habe, ſo lange ich ſehen und ſchreiben kan

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 606. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/620>, abgerufen am 31.10.2024.