Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

grossen Atlantischen Meere befand, änderten sie
auf Einrathen eines Ertz-verruchten Bösewichts,
der sich Jean le Grand nennete, und den ich wegen
seines guten Ansehens und verstellten rechtschaffe-
nen Wesens, zum nächsten Commendeur nach mir
gemacht hatte, ihre Resolution, und zwungen mich/
sie nach Ost-Jndien zu führen. Jhr ungestümes
Wesen gieng mir zwar sehr im Kopffe herum, je-
doch ich muste klüglich handeln, und mich in die
Zeit schicken, da aber ihre Boßheit überhand nahm,
und von einigen die verzweiffeltesten und liederlich-
sten Streiche gemacht wurden, ließ ich die Rädels-
Führer exemplarisch bestraffen, setzte auch hier-
mit, meines Bedünckens, die übrigen alle in ziemli-
che Furcht. Jmmittelst waren wir allbereit die
Linie passiret, als uns ein entsetzlicher Sturm
von der Ost-Jndischen Strasse ab-im Gegentheil
nach dem Brasilischen Meere hin, wo das Mittäg-
liche America liegt, getrieben hatte. Jch brauchte
alle meine Beredsamkeit diesen uns von dem Glück
gewiesenen Weg zu folgen, und versicherte, daß
wir in America unser Conto weit besser finden
würden, als in Ost-Jndien; Allein, meine Leute
wolten fast alle anfangen zu rebelliren, und durch-
aus meinem Kopffe und Willen nicht folgen, weß-
wegen ich ihnen auch zum andern mahle nachgab,
allein, sie erfuhren es mit Schaden, weil wir in
öfftern Stürmen bey nahe das Leben und alles ver-
lohren hätten. Endlich erholeten wir uns auf einer
gewissen Jnsul in etwas, und waren allbereits den
Tropicum capricorni passiret, da mir die [un]ru-
higsten Köpffe abermahls allerhand verfluchte

Händel

groſſen Atlantiſchen Meere befand, aͤnderten ſie
auf Einrathen eines Ertz-verruchten Boͤſewichts,
der ſich Jean le Grand nennete, und den ich wegen
ſeines guten Anſehens und verſtellten rechtſchaffe-
nen Weſens, zum naͤchſten Commendeur nach mir
gemacht hatte, ihre Reſolution, und zwungen mich/
ſie nach Oſt-Jndien zu fuͤhren. Jhr ungeſtuͤmes
Weſen gieng mir zwar ſehr im Kopffe herum, je-
doch ich muſte kluͤglich handeln, und mich in die
Zeit ſchicken, da aber ihre Boßheit uͤberhand nahm,
und von einigen die verzweiffelteſten und liederlich-
ſten Streiche gemacht wurden, ließ ich die Raͤdels-
Fuͤhrer exemplariſch beſtraffen, ſetzte auch hier-
mit, meines Beduͤnckens, die uͤbrigen alle in ziemli-
che Furcht. Jmmittelſt waren wir allbereit die
Linie paſſiret, als uns ein entſetzlicher Sturm
von der Oſt-Jndiſchen Straſſe ab-im Gegentheil
nach dem Braſiliſchen Meere hin, wo das Mittaͤg-
liche America liegt, getrieben hatte. Jch brauchte
alle meine Beredſamkeit dieſen uns von dem Gluͤck
gewieſenen Weg zu folgen, und verſicherte, daß
wir in America unſer Conto weit beſſer finden
wuͤrden, als in Oſt-Jndien; Allein, meine Leute
wolten faſt alle anfangen zu rebelliren, und durch-
aus meinem Kopffe und Willen nicht folgen, weß-
wegen ich ihnen auch zum andern mahle nachgab,
allein, ſie erfuhren es mit Schaden, weil wir in
oͤfftern Stuͤrmen bey nahe das Leben und alles ver-
lohren haͤtten. Endlich erholeten wir uns auf einer
gewiſſen Jnſul in etwas, und waren allbereits den
Tropicum capricorni paſſiret, da mir die [un]ru-
higſten Koͤpffe abermahls allerhand verfluchte

Haͤndel
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0094" n="82"/>
gro&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#aq">Atlanti</hi>&#x017F;chen Meere befand, a&#x0364;nderten &#x017F;ie<lb/>
auf Einrathen eines Ertz-verruchten Bo&#x0364;&#x017F;ewichts,<lb/>
der &#x017F;ich <hi rendition="#aq">Jean le Grand</hi> nennete, und den ich wegen<lb/>
&#x017F;eines guten An&#x017F;ehens und ver&#x017F;tellten recht&#x017F;chaffe-<lb/>
nen We&#x017F;ens, zum na&#x0364;ch&#x017F;ten <hi rendition="#aq">Commendeur</hi> nach mir<lb/>
gemacht hatte, ihre <hi rendition="#aq">Re&#x017F;olution,</hi> und zwungen mich/<lb/>
&#x017F;ie nach O&#x017F;t-Jndien zu fu&#x0364;hren. Jhr unge&#x017F;tu&#x0364;mes<lb/>
We&#x017F;en gieng mir zwar &#x017F;ehr im Kopffe herum, je-<lb/>
doch ich mu&#x017F;te klu&#x0364;glich handeln, und mich in die<lb/>
Zeit &#x017F;chicken, da aber ihre Boßheit u&#x0364;berhand nahm,<lb/>
und von einigen die verzweiffelte&#x017F;ten und liederlich-<lb/>
&#x017F;ten Streiche gemacht wurden, ließ ich die Ra&#x0364;dels-<lb/>
Fu&#x0364;hrer <hi rendition="#aq">exemplari</hi>&#x017F;ch be&#x017F;traffen, &#x017F;etzte auch hier-<lb/>
mit, meines Bedu&#x0364;nckens, die u&#x0364;brigen alle in ziemli-<lb/>
che Furcht. Jmmittel&#x017F;t waren wir allbereit die<lb/><hi rendition="#aq">Linie pa&#x017F;&#x017F;ir</hi>et, als uns ein ent&#x017F;etzlicher Sturm<lb/>
von der O&#x017F;t-Jndi&#x017F;chen Stra&#x017F;&#x017F;e ab-im Gegentheil<lb/>
nach dem <hi rendition="#aq">Bra&#x017F;ili</hi>&#x017F;chen Meere hin, wo das Mitta&#x0364;g-<lb/>
liche <hi rendition="#aq">America</hi> liegt, getrieben hatte. Jch brauchte<lb/>
alle meine Bered&#x017F;amkeit die&#x017F;en uns von dem Glu&#x0364;ck<lb/>
gewie&#x017F;enen Weg zu folgen, und ver&#x017F;icherte, daß<lb/>
wir in <hi rendition="#aq">America</hi> un&#x017F;er <hi rendition="#aq">Conto</hi> weit be&#x017F;&#x017F;er finden<lb/>
wu&#x0364;rden, als in O&#x017F;t-Jndien; Allein, meine Leute<lb/>
wolten fa&#x017F;t alle anfangen zu <hi rendition="#aq">rebelli</hi>ren, und durch-<lb/>
aus meinem Kopffe und Willen nicht folgen, weß-<lb/>
wegen ich ihnen auch zum andern mahle nachgab,<lb/>
allein, &#x017F;ie erfuhren es mit Schaden, weil wir in<lb/>
o&#x0364;fftern Stu&#x0364;rmen bey nahe das Leben und alles ver-<lb/>
lohren ha&#x0364;tten. Endlich erholeten wir uns auf einer<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;en Jn&#x017F;ul in etwas, und waren allbereits den<lb/><hi rendition="#aq">Tropicum capricorni pa&#x017F;&#x017F;ir</hi>et, da mir die <supplied>un</supplied>ru-<lb/>
hig&#x017F;ten Ko&#x0364;pffe abermahls allerhand verfluchte<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ha&#x0364;ndel</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[82/0094] groſſen Atlantiſchen Meere befand, aͤnderten ſie auf Einrathen eines Ertz-verruchten Boͤſewichts, der ſich Jean le Grand nennete, und den ich wegen ſeines guten Anſehens und verſtellten rechtſchaffe- nen Weſens, zum naͤchſten Commendeur nach mir gemacht hatte, ihre Reſolution, und zwungen mich/ ſie nach Oſt-Jndien zu fuͤhren. Jhr ungeſtuͤmes Weſen gieng mir zwar ſehr im Kopffe herum, je- doch ich muſte kluͤglich handeln, und mich in die Zeit ſchicken, da aber ihre Boßheit uͤberhand nahm, und von einigen die verzweiffelteſten und liederlich- ſten Streiche gemacht wurden, ließ ich die Raͤdels- Fuͤhrer exemplariſch beſtraffen, ſetzte auch hier- mit, meines Beduͤnckens, die uͤbrigen alle in ziemli- che Furcht. Jmmittelſt waren wir allbereit die Linie paſſiret, als uns ein entſetzlicher Sturm von der Oſt-Jndiſchen Straſſe ab-im Gegentheil nach dem Braſiliſchen Meere hin, wo das Mittaͤg- liche America liegt, getrieben hatte. Jch brauchte alle meine Beredſamkeit dieſen uns von dem Gluͤck gewieſenen Weg zu folgen, und verſicherte, daß wir in America unſer Conto weit beſſer finden wuͤrden, als in Oſt-Jndien; Allein, meine Leute wolten faſt alle anfangen zu rebelliren, und durch- aus meinem Kopffe und Willen nicht folgen, weß- wegen ich ihnen auch zum andern mahle nachgab, allein, ſie erfuhren es mit Schaden, weil wir in oͤfftern Stuͤrmen bey nahe das Leben und alles ver- lohren haͤtten. Endlich erholeten wir uns auf einer gewiſſen Jnſul in etwas, und waren allbereits den Tropicum capricorni paſſiret, da mir die unru- higſten Koͤpffe abermahls allerhand verfluchte Haͤndel

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/94
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/94>, abgerufen am 01.11.2024.