Die Einsicht in dieses heitre, gemüthliche und sorgenfreie Leben that Arnolds Herzen unaussprech- lich wohl, denn wie oft war nicht dasselbe in dem überfüllten Europa auf's Schmerzlichste durch den An- blick des Mangels am Nothwendigsten und durch den eines fruchtlosen Kampfes um eine nur einigermaßen genügende Existenz berührt worden! Hier, wo jede Arbeit den gehofften Lohn fand, jede Anstrengung sicher ihre Frucht trug, waren Arbeit und Anstren- gung nur Lust und nirgends erblickte man verdrieß- liche Gesichter oder unter der ihnen aufgebürdeten, allzu schweren Last erliegende Menschen. Der noch nicht erschöpfte Boden war freigebig und lohnte hun- dertfältig die auf seinen Anbau verwandte Mühe.
Jn der Nähe von St. Louis, einer zwar noch im Werden begriffenen, aber hübschen Stadt, nahm die Cultur mit jedem Schritte zu. Die häßlichen Blockhäuser und Lehmhütten machten hübscheren Ge- bäulichkeiten Platz; man sah sorgfältig bestellte Obst- und Gemüsegärten, geregeltere Ackerfelder, mit Ab- zugsgräben durchzogene Wiesenpläne und selbst die Bewohner dieser hübschen Häuser hatten bereits einen eleganteren Anstrich, sowohl in Manieren als Klei- dung, gewonnen.
Die Stadt liegt am Missisippi, unfern der Mündung des gleichfalls schiffbaren Missouri in
Die Einſicht in dieſes heitre, gemüthliche und ſorgenfreie Leben that Arnolds Herzen unausſprech- lich wohl, denn wie oft war nicht daſſelbe in dem überfüllten Europa auf’s Schmerzlichſte durch den An- blick des Mangels am Nothwendigſten und durch den eines fruchtloſen Kampfes um eine nur einigermaßen genügende Exiſtenz berührt worden! Hier, wo jede Arbeit den gehofften Lohn fand, jede Anſtrengung ſicher ihre Frucht trug, waren Arbeit und Anſtren- gung nur Luſt und nirgends erblickte man verdrieß- liche Geſichter oder unter der ihnen aufgebürdeten, allzu ſchweren Laſt erliegende Menſchen. Der noch nicht erſchöpfte Boden war freigebig und lohnte hun- dertfältig die auf ſeinen Anbau verwandte Mühe.
Jn der Nähe von St. Louis, einer zwar noch im Werden begriffenen, aber hübſchen Stadt, nahm die Cultur mit jedem Schritte zu. Die häßlichen Blockhäuſer und Lehmhütten machten hübſcheren Ge- bäulichkeiten Platz; man ſah ſorgfältig beſtellte Obſt- und Gemüſegärten, geregeltere Ackerfelder, mit Ab- zugsgräben durchzogene Wieſenpläne und ſelbſt die Bewohner dieſer hübſchen Häuſer hatten bereits einen eleganteren Anſtrich, ſowohl in Manieren als Klei- dung, gewonnen.
Die Stadt liegt am Miſſiſippi, unfern der Mündung des gleichfalls ſchiffbaren Miſſouri in
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[207/0213]
Die Einſicht in dieſes heitre, gemüthliche und
ſorgenfreie Leben that Arnolds Herzen unausſprech-
lich wohl, denn wie oft war nicht daſſelbe in dem
überfüllten Europa auf’s Schmerzlichſte durch den An-
blick des Mangels am Nothwendigſten und durch den
eines fruchtloſen Kampfes um eine nur einigermaßen
genügende Exiſtenz berührt worden! Hier, wo jede
Arbeit den gehofften Lohn fand, jede Anſtrengung
ſicher ihre Frucht trug, waren Arbeit und Anſtren-
gung nur Luſt und nirgends erblickte man verdrieß-
liche Geſichter oder unter der ihnen aufgebürdeten,
allzu ſchweren Laſt erliegende Menſchen. Der noch
nicht erſchöpfte Boden war freigebig und lohnte hun-
dertfältig die auf ſeinen Anbau verwandte Mühe.
Jn der Nähe von St. Louis, einer zwar noch
im Werden begriffenen, aber hübſchen Stadt, nahm
die Cultur mit jedem Schritte zu. Die häßlichen
Blockhäuſer und Lehmhütten machten hübſcheren Ge-
bäulichkeiten Platz; man ſah ſorgfältig beſtellte Obſt-
und Gemüſegärten, geregeltere Ackerfelder, mit Ab-
zugsgräben durchzogene Wieſenpläne und ſelbſt die
Bewohner dieſer hübſchen Häuſer hatten bereits einen
eleganteren Anſtrich, ſowohl in Manieren als Klei-
dung, gewonnen.
Die Stadt liegt am Miſſiſippi, unfern der
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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet02_1846/213>, abgerufen am 17.06.2024.
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