Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schubin, Ossip: Vollmondzauber. In: Engelhorns Allgemeine Romanbibliothek (Fünfzehnter Jahrgang. Band 18). 2. Bd. Stuttgart, 1899.

Bild:
<< vorherige Seite

Kein Mensch hat ans Geld gedacht. Sich irgendwie mit dem Geld zu beschäftigen, galt damals für schmutzig; man gab's aus, man lernte es ausgeben, liebenswürdig und geschmackvoll ausgeben, es aufheben lernte man nicht, und es beschaffen auch nicht, dazu hatte man seine Beamten. Herr Gott, wenn ich mich so hätte behelfen sollen wie der Zdenko! Ich denke, der läßt seine Stiefel vorschuhen."

"Und wenn!" rief Annie trotzig, das Köpfchen hebend.

"Es schickt sich nicht, solche Sachen schicken sich nicht für einen Grafen Swoyschin," ärgerte sich der alte Herr.

"Würde es sich besser für ihn schicken, Schulden zu machen?" fragte Annie.

"Es würde sich besser für ihn schicken, das Sparen nicht nötig zu haben," entgegnete der Graf.

"Aber wie soll er sich helfen?"

"I, du nimmst immer seine Partei, Schwarzblattl!" rief der alte Herr; "von Jugend an habt ihr zu einander gehalten, seid gute Kameraden gewesen, - ich dank' meinem lieben Gott, daß ihr euch nicht ineinander verliebt habt, das wäre eine Bescherung."

Bei dieser scharfsinnigen Bemerkung stach sich Annie in den Finger, aber das merkte der alte Graf nicht, und das war ein Glück.

Kein Mensch hat ans Geld gedacht. Sich irgendwie mit dem Geld zu beschäftigen, galt damals für schmutzig; man gab’s aus, man lernte es ausgeben, liebenswürdig und geschmackvoll ausgeben, es aufheben lernte man nicht, und es beschaffen auch nicht, dazu hatte man seine Beamten. Herr Gott, wenn ich mich so hätte behelfen sollen wie der Zdenko! Ich denke, der läßt seine Stiefel vorschuhen.“

„Und wenn!“ rief Annie trotzig, das Köpfchen hebend.

„Es schickt sich nicht, solche Sachen schicken sich nicht für einen Grafen Swoyschin,“ ärgerte sich der alte Herr.

„Würde es sich besser für ihn schicken, Schulden zu machen?“ fragte Annie.

„Es würde sich besser für ihn schicken, das Sparen nicht nötig zu haben,“ entgegnete der Graf.

„Aber wie soll er sich helfen?“

„I, du nimmst immer seine Partei, Schwarzblattl!“ rief der alte Herr; „von Jugend an habt ihr zu einander gehalten, seid gute Kameraden gewesen, – ich dank’ meinem lieben Gott, daß ihr euch nicht ineinander verliebt habt, das wäre eine Bescherung.“

Bei dieser scharfsinnigen Bemerkung stach sich Annie in den Finger, aber das merkte der alte Graf nicht, und das war ein Glück.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0076" n="76"/>
Kein Mensch hat ans Geld gedacht. Sich irgendwie mit dem Geld zu beschäftigen, galt damals für schmutzig; man gab&#x2019;s aus, man lernte es ausgeben, liebenswürdig und geschmackvoll ausgeben, es aufheben lernte man nicht, und es beschaffen auch nicht, dazu hatte man seine Beamten. Herr Gott, wenn ich mich so hätte behelfen sollen wie der Zdenko! Ich denke, der läßt seine Stiefel vorschuhen.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Und wenn!&#x201C; rief Annie trotzig, das Köpfchen hebend.</p>
        <p>&#x201E;Es schickt sich nicht, solche Sachen schicken sich nicht für einen Grafen Swoyschin,&#x201C; ärgerte sich der alte Herr.</p>
        <p>&#x201E;Würde es sich besser für ihn schicken, Schulden zu machen?&#x201C; fragte Annie.</p>
        <p>&#x201E;Es würde sich besser für ihn schicken, das Sparen nicht nötig zu haben,&#x201C; entgegnete der Graf.</p>
        <p>&#x201E;Aber wie soll er sich helfen?&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;I, du nimmst immer seine Partei, Schwarzblattl!&#x201C; rief der alte Herr; &#x201E;von Jugend an habt ihr zu einander gehalten, seid gute Kameraden gewesen, &#x2013; ich dank&#x2019; meinem lieben Gott, daß ihr euch nicht ineinander verliebt habt, das wäre eine Bescherung.&#x201C;</p>
        <p>Bei dieser scharfsinnigen Bemerkung stach sich Annie in den Finger, aber das merkte der alte Graf nicht, und das war ein Glück.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[76/0076] Kein Mensch hat ans Geld gedacht. Sich irgendwie mit dem Geld zu beschäftigen, galt damals für schmutzig; man gab’s aus, man lernte es ausgeben, liebenswürdig und geschmackvoll ausgeben, es aufheben lernte man nicht, und es beschaffen auch nicht, dazu hatte man seine Beamten. Herr Gott, wenn ich mich so hätte behelfen sollen wie der Zdenko! Ich denke, der läßt seine Stiefel vorschuhen.“ „Und wenn!“ rief Annie trotzig, das Köpfchen hebend. „Es schickt sich nicht, solche Sachen schicken sich nicht für einen Grafen Swoyschin,“ ärgerte sich der alte Herr. „Würde es sich besser für ihn schicken, Schulden zu machen?“ fragte Annie. „Es würde sich besser für ihn schicken, das Sparen nicht nötig zu haben,“ entgegnete der Graf. „Aber wie soll er sich helfen?“ „I, du nimmst immer seine Partei, Schwarzblattl!“ rief der alte Herr; „von Jugend an habt ihr zu einander gehalten, seid gute Kameraden gewesen, – ich dank’ meinem lieben Gott, daß ihr euch nicht ineinander verliebt habt, das wäre eine Bescherung.“ Bei dieser scharfsinnigen Bemerkung stach sich Annie in den Finger, aber das merkte der alte Graf nicht, und das war ein Glück.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Geviertstriche „—“ werden als normale Gedankenstriche „–“ wiedergegeben.
  • Die Majuskelschreibweise Ae, Oe, Ue wird als Ä, Ö, Ü wiedergegeben.
  • Worttrennungen am Zeilenende werden ignoriert. Das Wort wird noch auf der gleichen Seite vervollständigt.
  • Die Transkription folgt im Übrigen dem Original.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schubin_vollmondzauber02_1899
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schubin_vollmondzauber02_1899/76
Zitationshilfe: Schubin, Ossip: Vollmondzauber. In: Engelhorns Allgemeine Romanbibliothek (Fünfzehnter Jahrgang. Band 18). 2. Bd. Stuttgart, 1899, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubin_vollmondzauber02_1899/76>, abgerufen am 01.11.2024.