spielten das eine oder andre Jnstrument gut. Aber etwas außerordentliches einnre ich mich nicht gehört zu haben, vielleicht bloß aus dem Grunde, daß der polnische Charakter zu un- stät und die Lebensa;rt zu stürmisch ist, als daß man Geduld und Zeit behalten sollte, irgend ein Talent bis zur Vollkommenheit aus- zubilden. Doch weiß man, was man an An- lagen besitzt, durch eine ganz eigenthümliche Anmuth und Leichtigkeit herausz;uheben, die fast immer von einem vortheilhaften Körper, den Natur und Kunst zu gleichen Theilen aus- gearbeitet haben, unterstützt werden. So gab es kein reizvolleres Gemälde, als die ver- wittwete Fürstin Radziwil mit ihren vier Kin- dern bey einer Musik. Sie selbst ist noch eine schöne Frau, über deren Züge Sanftmuth und Zärtlichkeit verbreitet sind. Jhre beyden Söhne, wohlgebildete junge Männer; ihre Töchter, Prinzessin Christine von sechsz;ehn, Prinzessin Angelia von vierzehn Jahren, beyde in einer verschiedenen Gattung reizend, hatten
Zweites Heft. N
ſpielten das eine oder andre Jnſtrument gut. Aber etwas außerordentliches einnre ich mich nicht gehoͤrt zu haben, vielleicht bloß aus dem Grunde, daß der polniſche Charakter zu un- ſtaͤt und die Lebensa;rt zu ſtuͤrmiſch iſt, als daß man Geduld und Zeit behalten ſollte, irgend ein Talent bis zur Vollkommenheit auſ- zubilden. Doch weiß man, was man an An- lagen beſitzt, durch eine ganz eigenthuͤmliche Anmuth und Leichtigkeit herausz;uheben, die faſt immer von einem vortheilhaften Koͤrper, den Natur und Kunſt zu gleichen Theilen auſ- gearbeitet haben, unterſtuͤtzt werden. So gab es kein reizvolleres Gemaͤlde, als die ver- wittwete Fuͤrſtin Radziwil mit ihren vier Kin- dern bey einer Muſik. Sie ſelbſt iſt noch eine ſchoͤne Frau, uͤber deren Zuͤge Sanftmuth und Zaͤrtlichkeit verbreitet ſind. Jhre beyden Soͤhne, wohlgebildete junge Maͤnner; ihre Toͤchter, Prinzeſſin Chriſtine von ſechsz;ehn, Prinzeſſin Angelia von vierzehn Jahren, beyde in einer verſchiedenen Gattung reizend, hatten
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ſpielten das eine oder andre Jnſtrument gut.
Aber etwas außerordentliches einnre ich mich
nicht gehoͤrt zu haben, vielleicht bloß aus dem
Grunde, daß der polniſche Charakter zu un-
ſtaͤt und die Lebensa;rt zu ſtuͤrmiſch iſt, als
daß man Geduld und Zeit behalten ſollte,
irgend ein Talent bis zur Vollkommenheit auſ-
zubilden. Doch weiß man, was man an An-
lagen beſitzt, durch eine ganz eigenthuͤmliche
Anmuth und Leichtigkeit herausz;uheben, die
faſt immer von einem vortheilhaften Koͤrper,
den Natur und Kunſt zu gleichen Theilen auſ-
gearbeitet haben, unterſtuͤtzt werden. So
gab es kein reizvolleres Gemaͤlde, als die ver-
wittwete Fuͤrſtin Radziwil mit ihren vier Kin-
dern bey einer Muſik. Sie ſelbſt iſt noch eine
ſchoͤne Frau, uͤber deren Zuͤge Sanftmuth
und Zaͤrtlichkeit verbreitet ſind. Jhre beyden
Soͤhne, wohlgebildete junge Maͤnner; ihre
Toͤchter, Prinzeſſin Chriſtine von ſechsz;ehn,
Prinzeſſin Angelia von vierzehn Jahren, beyde
in einer verſchiedenen Gattung reizend, hatten
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0102_1795/203>, abgerufen am 17.06.2024.
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