Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.II. Abschnitt. Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Waldes. § 4. Die Einwirkung des Waldes auf das Regime der Flüsse. Eine Eine sehr verbreitete Anschauung geht bekanntlich dahin, dass Der Wald soll hier in doppelter Richtung wirken, indem er einer- Was nun zunächst die Wasserstandsfrage betrifft, so nehmen aller- Eingehende Untersuchungen haben aber auch gezeigt, dass dem Bezüglich des Einflusses der Rodungen ist zu bemerken, dass in Da der Wald auf die Menge der Niederschläge nur einen ganz a) Der gut behandelte Wald saugt in seiner Streudecke ziemlich 1) Vgl. das vom badischen Zentralbüreau für Meteorologie und Hydrographie
herausgegebene Werk: Der Rheinstrom und seine wichtigsten Nebenflüsse, Berlin 1889. II. Abschnitt. Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Waldes. § 4. Die Einwirkung des Waldes auf das Regime der Flüsse. Eine Eine sehr verbreitete Anschauung geht bekanntlich dahin, daſs Der Wald soll hier in doppelter Richtung wirken, indem er einer- Was nun zunächst die Wasserstandsfrage betrifft, so nehmen aller- Eingehende Untersuchungen haben aber auch gezeigt, daſs dem Bezüglich des Einflusses der Rodungen ist zu bemerken, daſs in Da der Wald auf die Menge der Niederschläge nur einen ganz a) Der gut behandelte Wald saugt in seiner Streudecke ziemlich 1) Vgl. das vom badischen Zentralbüreau für Meteorologie und Hydrographie
herausgegebene Werk: Der Rheinstrom und seine wichtigsten Nebenflüsse, Berlin 1889. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0075" n="57"/> <fw place="top" type="header">II. Abschnitt. Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Waldes.</fw><lb/> <p>§ 4. <hi rendition="#i">Die Einwirkung des Waldes auf das Regime der Flüsse</hi>. Eine<lb/> weitere wichtige hier zu erörternde Frage betrifft die Einwirkung des<lb/> Waldes auf das „<hi rendition="#g">Regime</hi>“ der Flüsse, d. h. die Gesamtheit der<lb/> Schwankungen, welchen der Wasserstand derselben ausgesetzt ist.</p><lb/> <p>Eine sehr verbreitete Anschauung geht bekanntlich dahin, daſs<lb/> einerseits infolge der in den letzten Jahrhunderten vorgenommenen<lb/> Waldrodungen sich der Wasserstand der Flüsse bedeutend gemindert<lb/> und deren Schiffbarkeit abgenommen habe, sowie daſs hierin auch die<lb/> Ursache der in der Neuzeit mehrfach beobachteten verheerenden Über-<lb/> schwemmungen zu suchen sei.</p><lb/> <p>Der Wald soll hier in doppelter Richtung wirken, indem er einer-<lb/> seits Schutz des Wassers zur Abwendung von Wassermangel und ander-<lb/> seits Schutz gegen Wasserübermaſs gewährt.</p><lb/> <p>Was nun zunächst die Wasserstandsfrage betrifft, so nehmen aller-<lb/> dings verschiedene Forscher, z. B. <hi rendition="#k">Berghaus</hi> und <hi rendition="#k">Wex</hi>, an, daſs all-<lb/> mählich ein Sinken des mittleren Wasserspiegels der Flüsse stattgefunden<lb/> habe, anderseits leugnen hervorragende Sachverständige auf dem Ge-<lb/> biete des Wasserbaues, namentlich <hi rendition="#k">Dechen</hi> und <hi rendition="#k">Hagen</hi>, diese Abnahme.</p><lb/> <p>Eingehende Untersuchungen haben aber auch gezeigt, daſs dem<lb/> Sinken des Wasserstandes an einzelnen Orten ein Steigen desselben an<lb/> anderen entgegensteht. Auſserdem kommt es aber bei Beantwortung<lb/> der vorliegenden Frage, wie namentlich auch <hi rendition="#k">Purkyne</hi> bemerkt, viel<lb/> weniger auf die <hi rendition="#g">mittlere Höhe</hi> des Wasserstandes, als auf die <hi rendition="#g">Menge</hi><lb/> des vorbeigeflossenen Wassers an; diese hängt aber neben der Höhe<lb/> des Wasserstandes auch von der Breite des Fluſsbettes und der Wasser-<lb/> geschwindigkeit ab. In den transportierten Wassermengen scheint eine<lb/> Minderung, soweit zuverlässige Aufzeichnungen reichen, nicht einge-<lb/> treten zu sein.</p><lb/> <p>Bezüglich des Einflusses der Rodungen ist zu bemerken, daſs in<lb/> neuerer Zeit umfassende Rodungen überhaupt nicht und namentlich nicht<lb/> in den Gebieten des Rheines vorgenommen worden sind, dessen Über-<lb/> schwemmungen 1879 und 1882 hauptsächlich dazu veranlaſst haben,<lb/> diese Verhältnisse eingehend zu studieren. <note place="foot" n="1)">Vgl. das vom badischen Zentralbüreau für Meteorologie und Hydrographie<lb/> herausgegebene Werk: Der <hi rendition="#g">Rheinstrom</hi> und <hi rendition="#g">seine wichtigsten Nebenflüsse</hi>,<lb/> Berlin 1889.</note></p><lb/> <p>Da der Wald auf die <hi rendition="#g">Menge</hi> der Niederschläge nur einen ganz<lb/> verschwindenden Einfluſs hat, so kann seine Bedeutung für den Wasser-<lb/> stand der Flüsse lediglich darin zu suchen sein, daſs er dazu beiträgt,<lb/> denselben möglichst gleichmäſsig zu gestalten. Dieses geschieht in drei-<lb/> facher Richtung:</p><lb/> <p>a) Der gut behandelte Wald saugt in seiner Streudecke ziemlich<lb/> viel Wasser auf und läſst erst den Überschuſs abflieſsen. Hierdurch wird<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [57/0075]
II. Abschnitt. Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Waldes.
§ 4. Die Einwirkung des Waldes auf das Regime der Flüsse. Eine
weitere wichtige hier zu erörternde Frage betrifft die Einwirkung des
Waldes auf das „Regime“ der Flüsse, d. h. die Gesamtheit der
Schwankungen, welchen der Wasserstand derselben ausgesetzt ist.
Eine sehr verbreitete Anschauung geht bekanntlich dahin, daſs
einerseits infolge der in den letzten Jahrhunderten vorgenommenen
Waldrodungen sich der Wasserstand der Flüsse bedeutend gemindert
und deren Schiffbarkeit abgenommen habe, sowie daſs hierin auch die
Ursache der in der Neuzeit mehrfach beobachteten verheerenden Über-
schwemmungen zu suchen sei.
Der Wald soll hier in doppelter Richtung wirken, indem er einer-
seits Schutz des Wassers zur Abwendung von Wassermangel und ander-
seits Schutz gegen Wasserübermaſs gewährt.
Was nun zunächst die Wasserstandsfrage betrifft, so nehmen aller-
dings verschiedene Forscher, z. B. Berghaus und Wex, an, daſs all-
mählich ein Sinken des mittleren Wasserspiegels der Flüsse stattgefunden
habe, anderseits leugnen hervorragende Sachverständige auf dem Ge-
biete des Wasserbaues, namentlich Dechen und Hagen, diese Abnahme.
Eingehende Untersuchungen haben aber auch gezeigt, daſs dem
Sinken des Wasserstandes an einzelnen Orten ein Steigen desselben an
anderen entgegensteht. Auſserdem kommt es aber bei Beantwortung
der vorliegenden Frage, wie namentlich auch Purkyne bemerkt, viel
weniger auf die mittlere Höhe des Wasserstandes, als auf die Menge
des vorbeigeflossenen Wassers an; diese hängt aber neben der Höhe
des Wasserstandes auch von der Breite des Fluſsbettes und der Wasser-
geschwindigkeit ab. In den transportierten Wassermengen scheint eine
Minderung, soweit zuverlässige Aufzeichnungen reichen, nicht einge-
treten zu sein.
Bezüglich des Einflusses der Rodungen ist zu bemerken, daſs in
neuerer Zeit umfassende Rodungen überhaupt nicht und namentlich nicht
in den Gebieten des Rheines vorgenommen worden sind, dessen Über-
schwemmungen 1879 und 1882 hauptsächlich dazu veranlaſst haben,
diese Verhältnisse eingehend zu studieren. 1)
Da der Wald auf die Menge der Niederschläge nur einen ganz
verschwindenden Einfluſs hat, so kann seine Bedeutung für den Wasser-
stand der Flüsse lediglich darin zu suchen sein, daſs er dazu beiträgt,
denselben möglichst gleichmäſsig zu gestalten. Dieses geschieht in drei-
facher Richtung:
a) Der gut behandelte Wald saugt in seiner Streudecke ziemlich
viel Wasser auf und läſst erst den Überschuſs abflieſsen. Hierdurch wird
1) Vgl. das vom badischen Zentralbüreau für Meteorologie und Hydrographie
herausgegebene Werk: Der Rheinstrom und seine wichtigsten Nebenflüsse,
Berlin 1889.
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