Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Abschnitt. Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Waldes.
stalle a donne des resultats surprenants. Il a ameliore le climat, assaini
le pays, fait disparaitre le marais!

Dass auch die Meeresdünen mit dem günstigsten Erfolge durch Be-
waldung gebunden und nutzbar gemacht werden können, zeigen
ausgedehnte Aufforstungsarbeiten, von denen hier beispielsweise nur
jene auf der kurischen Nehrung genannt sein mögen. Diese be-
zwecken, die auf andere Weise (Baggerung u. s. w.) unmöglich abzu-
wehrende Versandung des Hafens von Memel und des kurischen Haffs
zu verhindern.

Mit einem Kostenaufwande von jährlich 100000 M. ist dort bereits
eine Strecke von 10 km Länge und durchschnittlich 2 km Breite auf-
geforstet, die günstige Wirkung äussert sich in unverkennbarer und gross-
artiger Weise. Alljährlich wird eine Strecke von 1 km dieser schreck-
lichen, absolut vegetationslosen Wanderdünen für die Kultur gewonnen.

Indessen muss doch auch hervorgehoben werden, dass an der Küste
der Wald den vorhandenen schädlichen Einflüssen nur im beschränkten
Masse entgegenwirken kann.

Insbesondere ist er nicht in der Lage, den durch die elementaren
Gewalten der Meeresströmungen und Sturmfluten veranlassten Abbruch
der Küste zu verhüten. Da der Wald nicht unmittelbar am Strand
gedeihen kann, so vermag er auch nicht das Hereinwehen des bei der
Ebbe austrocknenden Sandes vom Meere in das Land zu verhindern.

Die Wirksamkeit des Waldes beginnt erst hinter der Vor- oder
Schutzdüne auf der sogenannten hohen Düne. Unter Umständen
kann aber selbst ein gut geschlossener Wald das Vorrücken der auf
ihn treffenden Wanderdüne nicht aufhalten, sondern beschleunigt dieses
sogar noch. 1)

Wenn nämlich der fliegende Sand der wandernden Düne in den
Wald kommt, so beruhigt sich die Luftströmung, ähnlich, wie dieses
oben bereits für Regen und Schnee besprochen worden ist. Infolgedessen
fällt der Sand nieder und begräbt den Wald. Werden also durch den
Wald die Luftströmungen, welche den Dünensand seewärts treiben,
abgehalten, so wird durch ihn der Gang der Düne sogar noch be-
schleunigt.

Der Wald kann nur dann eine günstige Wirkung haben, wenn
der vom Lande kommende Wind nicht abgeschlossen wird und er selbst
mächtig genug ist, um die Windströmungen, welche die Düne in das
Land hineintreiben, genügend abzuschwächen.

Nur unter diesen Voraussetzungen verlangsamt der Wald die Wan-
derung der Düne und zerstreut diese, nachdem er sie an sich heran-
gezogen hat.


1) Vgl. Lehnpfuhl, Mündener forstliche Hefte 1892 II, S. 53 ff.
Schwappach, Forstpolitik. 5

II. Abschnitt. Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Waldes.
stallé a donné des resultats surprenants. Il a amelioré le climat, assaini
le pays, fait disparaitre le marais!

Daſs auch die Meeresdünen mit dem günstigsten Erfolge durch Be-
waldung gebunden und nutzbar gemacht werden können, zeigen
ausgedehnte Aufforstungsarbeiten, von denen hier beispielsweise nur
jene auf der kurischen Nehrung genannt sein mögen. Diese be-
zwecken, die auf andere Weise (Baggerung u. s. w.) unmöglich abzu-
wehrende Versandung des Hafens von Memel und des kurischen Haffs
zu verhindern.

Mit einem Kostenaufwande von jährlich 100000 M. ist dort bereits
eine Strecke von 10 km Länge und durchschnittlich 2 km Breite auf-
geforstet, die günstige Wirkung äuſsert sich in unverkennbarer und groſs-
artiger Weise. Alljährlich wird eine Strecke von 1 km dieser schreck-
lichen, absolut vegetationslosen Wanderdünen für die Kultur gewonnen.

Indessen muſs doch auch hervorgehoben werden, daſs an der Küste
der Wald den vorhandenen schädlichen Einflüssen nur im beschränkten
Maſse entgegenwirken kann.

Insbesondere ist er nicht in der Lage, den durch die elementaren
Gewalten der Meeresströmungen und Sturmfluten veranlaſsten Abbruch
der Küste zu verhüten. Da der Wald nicht unmittelbar am Strand
gedeihen kann, so vermag er auch nicht das Hereinwehen des bei der
Ebbe austrocknenden Sandes vom Meere in das Land zu verhindern.

Die Wirksamkeit des Waldes beginnt erst hinter der Vor- oder
Schutzdüne auf der sogenannten hohen Düne. Unter Umständen
kann aber selbst ein gut geschlossener Wald das Vorrücken der auf
ihn treffenden Wanderdüne nicht aufhalten, sondern beschleunigt dieses
sogar noch. 1)

Wenn nämlich der fliegende Sand der wandernden Düne in den
Wald kommt, so beruhigt sich die Luftströmung, ähnlich, wie dieses
oben bereits für Regen und Schnee besprochen worden ist. Infolgedessen
fällt der Sand nieder und begräbt den Wald. Werden also durch den
Wald die Luftströmungen, welche den Dünensand seewärts treiben,
abgehalten, so wird durch ihn der Gang der Düne sogar noch be-
schleunigt.

Der Wald kann nur dann eine günstige Wirkung haben, wenn
der vom Lande kommende Wind nicht abgeschlossen wird und er selbst
mächtig genug ist, um die Windströmungen, welche die Düne in das
Land hineintreiben, genügend abzuschwächen.

Nur unter diesen Voraussetzungen verlangsamt der Wald die Wan-
derung der Düne und zerstreut diese, nachdem er sie an sich heran-
gezogen hat.


1) Vgl. Lehnpfuhl, Mündener forstliche Hefte 1892 II, S. 53 ff.
Schwappach, Forstpolitik. 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0083" n="65"/><fw place="top" type="header">II. Abschnitt. Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Waldes.</fw><lb/>
stallé a donné des resultats surprenants. Il a amelioré le climat, assaini<lb/>
le pays, fait disparaitre le marais!</p><lb/>
              <p>Da&#x017F;s auch die Meeresdünen mit dem günstigsten Erfolge durch Be-<lb/>
waldung gebunden und nutzbar gemacht werden können, zeigen<lb/>
ausgedehnte Aufforstungsarbeiten, von denen hier beispielsweise nur<lb/>
jene auf der <hi rendition="#g">kurischen Nehrung</hi> genannt sein mögen. Diese be-<lb/>
zwecken, die auf andere Weise (Baggerung u. s. w.) unmöglich abzu-<lb/>
wehrende Versandung des Hafens von Memel und des kurischen Haffs<lb/>
zu verhindern.</p><lb/>
              <p>Mit einem Kostenaufwande von jährlich 100000 M. ist dort bereits<lb/>
eine Strecke von 10 km Länge und durchschnittlich 2 km Breite auf-<lb/>
geforstet, die günstige Wirkung äu&#x017F;sert sich in unverkennbarer und gro&#x017F;s-<lb/>
artiger Weise. Alljährlich wird eine Strecke von 1 km dieser schreck-<lb/>
lichen, absolut vegetationslosen Wanderdünen für die Kultur gewonnen.</p><lb/>
              <p>Indessen mu&#x017F;s doch auch hervorgehoben werden, da&#x017F;s an der Küste<lb/>
der Wald den vorhandenen schädlichen Einflüssen nur im beschränkten<lb/>
Ma&#x017F;se entgegenwirken kann.</p><lb/>
              <p>Insbesondere ist er nicht in der Lage, den durch die elementaren<lb/>
Gewalten der Meeresströmungen und Sturmfluten veranla&#x017F;sten Abbruch<lb/>
der Küste zu verhüten. Da der Wald nicht unmittelbar am Strand<lb/>
gedeihen kann, so vermag er auch nicht das Hereinwehen des bei der<lb/>
Ebbe austrocknenden Sandes vom Meere in das Land zu verhindern.</p><lb/>
              <p>Die Wirksamkeit des Waldes beginnt erst <hi rendition="#g">hinter</hi> der <hi rendition="#g">Vor</hi>- oder<lb/><hi rendition="#g">Schutzdüne</hi> auf der sogenannten <hi rendition="#g">hohen Düne</hi>. Unter Umständen<lb/>
kann aber selbst ein gut geschlossener Wald das Vorrücken der auf<lb/>
ihn treffenden Wanderdüne nicht aufhalten, sondern beschleunigt dieses<lb/>
sogar noch. <note place="foot" n="1)">Vgl. <hi rendition="#k">Lehnpfuhl</hi>, Mündener forstliche Hefte 1892 II, S. 53 ff.</note></p><lb/>
              <p>Wenn nämlich der fliegende Sand der wandernden Düne in den<lb/>
Wald kommt, so beruhigt sich die Luftströmung, ähnlich, wie dieses<lb/>
oben bereits für Regen und Schnee besprochen worden ist. Infolgedessen<lb/>
fällt der Sand nieder und begräbt den Wald. Werden also durch den<lb/>
Wald die Luftströmungen, welche den Dünensand seewärts treiben,<lb/>
abgehalten, so wird durch ihn der Gang der Düne sogar noch be-<lb/>
schleunigt.</p><lb/>
              <p>Der Wald kann nur dann eine günstige Wirkung haben, wenn<lb/>
der vom Lande kommende Wind nicht abgeschlossen wird und er selbst<lb/>
mächtig genug ist, um die Windströmungen, welche die Düne in das<lb/>
Land hineintreiben, genügend abzuschwächen.</p><lb/>
              <p>Nur unter diesen Voraussetzungen verlangsamt der Wald die Wan-<lb/>
derung der Düne und zerstreut diese, nachdem er sie an sich heran-<lb/>
gezogen hat.</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#k">Schwappach</hi>, Forstpolitik. 5</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[65/0083] II. Abschnitt. Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Waldes. stallé a donné des resultats surprenants. Il a amelioré le climat, assaini le pays, fait disparaitre le marais! Daſs auch die Meeresdünen mit dem günstigsten Erfolge durch Be- waldung gebunden und nutzbar gemacht werden können, zeigen ausgedehnte Aufforstungsarbeiten, von denen hier beispielsweise nur jene auf der kurischen Nehrung genannt sein mögen. Diese be- zwecken, die auf andere Weise (Baggerung u. s. w.) unmöglich abzu- wehrende Versandung des Hafens von Memel und des kurischen Haffs zu verhindern. Mit einem Kostenaufwande von jährlich 100000 M. ist dort bereits eine Strecke von 10 km Länge und durchschnittlich 2 km Breite auf- geforstet, die günstige Wirkung äuſsert sich in unverkennbarer und groſs- artiger Weise. Alljährlich wird eine Strecke von 1 km dieser schreck- lichen, absolut vegetationslosen Wanderdünen für die Kultur gewonnen. Indessen muſs doch auch hervorgehoben werden, daſs an der Küste der Wald den vorhandenen schädlichen Einflüssen nur im beschränkten Maſse entgegenwirken kann. Insbesondere ist er nicht in der Lage, den durch die elementaren Gewalten der Meeresströmungen und Sturmfluten veranlaſsten Abbruch der Küste zu verhüten. Da der Wald nicht unmittelbar am Strand gedeihen kann, so vermag er auch nicht das Hereinwehen des bei der Ebbe austrocknenden Sandes vom Meere in das Land zu verhindern. Die Wirksamkeit des Waldes beginnt erst hinter der Vor- oder Schutzdüne auf der sogenannten hohen Düne. Unter Umständen kann aber selbst ein gut geschlossener Wald das Vorrücken der auf ihn treffenden Wanderdüne nicht aufhalten, sondern beschleunigt dieses sogar noch. 1) Wenn nämlich der fliegende Sand der wandernden Düne in den Wald kommt, so beruhigt sich die Luftströmung, ähnlich, wie dieses oben bereits für Regen und Schnee besprochen worden ist. Infolgedessen fällt der Sand nieder und begräbt den Wald. Werden also durch den Wald die Luftströmungen, welche den Dünensand seewärts treiben, abgehalten, so wird durch ihn der Gang der Düne sogar noch be- schleunigt. Der Wald kann nur dann eine günstige Wirkung haben, wenn der vom Lande kommende Wind nicht abgeschlossen wird und er selbst mächtig genug ist, um die Windströmungen, welche die Düne in das Land hineintreiben, genügend abzuschwächen. Nur unter diesen Voraussetzungen verlangsamt der Wald die Wan- derung der Düne und zerstreut diese, nachdem er sie an sich heran- gezogen hat. 1) Vgl. Lehnpfuhl, Mündener forstliche Hefte 1892 II, S. 53 ff. Schwappach, Forstpolitik. 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/83
Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/83>, abgerufen am 31.10.2024.