Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Siniscalchi, Liborio: Sacramentalisches Abendmahl. Übers. v. Peter Obladen. Costanz/Ulm, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite

Von dem H. Altars-Sacrament.
ihren Haaren getröcknet; Er ware sehr gütig
gegen seinem geliebten Jünger, als deme er er-
laubet, sein Haupt auf seine Schooß zu legen;
so auch gegen dem Apostel Thoma, deme er
gönnete, seine Hand in seine Allerheiligste Sei-
ten zu legen; aber noch weit grösser ist die Gü-
te gegen uns in diesem Allerheiligsten Liebs-
Geheimnus; da er uns nicht nur allein gestat-
tet, seine Seiten, Fuß, oder Brust zu betasten,
sondern zugibt, daß wir ihne gantz in uns ein-
schliessen, also zwar, daß es scheinte, als wolte
er mit uns nur ein Ding werden. Wer ist
anjetzo, der dieses betrachtet, und nicht zur
schuldigen Gegen-Liebe gerührt werde? Ach!
meine Seel! so du vor dieser Niessung gantz
lau und kalt bist, betrachte ein wenig, was
du erst vernommen, und dein Hertz wird gleich
dem Eiß von der Sonnen, in Andacht zer-
schmeltzen.

Gebett zu dem Hochwürdigen
Gut.

OJEsu! du bist wahrhafftig auf dem
Altar der gute Hirt! jedoch scheint
es, daß dieser Lob - Spruch nicht so
viel auf die Hoheit deiner Göttlichen
Herrlichkeit, als auf die Grösse dei-
ner Liebe angesehen; massen du ja
nur deßwegen so Lieb - volle Gestal-

ten
F

Von dem H. Altars-Sacrament.
ihren Haaren getröcknet; Er ware ſehr gütig
gegen ſeinem geliebten Jünger, als deme er er-
laubet, ſein Haupt auf ſeine Schooß zu legen;
ſo auch gegen dem Apoſtel Thoma, deme er
gönnete, ſeine Hand in ſeine Allerheiligſte Sei-
ten zu legen; aber noch weit gröſſer iſt die Gü-
te gegen uns in dieſem Allerheiligſten Liebs-
Geheimnus; da er uns nicht nur allein geſtat-
tet, ſeine Seiten, Fuß, oder Bruſt zu betaſten,
ſondern zugibt, daß wir ihne gantz in uns ein-
ſchlieſſen, alſo zwar, daß es ſcheinte, als wolte
er mit uns nur ein Ding werden. Wer iſt
anjetzo, der dieſes betrachtet, und nicht zur
ſchuldigen Gegen-Liebe gerührt werde? Ach!
meine Seel! ſo du vor dieſer Nieſſung gantz
lau und kalt biſt, betrachte ein wenig, was
du erſt vernommen, und dein Hertz wird gleich
dem Eiß von der Sonnen, in Andacht zer-
ſchmeltzen.

Gebett zu dem Hochwürdigen
Gut.

OJEſu! du biſt wahrhafftig auf dem
Altar der gute Hirt! jedoch ſcheint
es, daß dieſer Lob – Spruch nicht ſo
viel auf die Hoheit deiner Göttlichen
Herrlichkeit, als auf die Gröſſe dei-
ner Liebe angeſehen; maſſen du ja
nur deßwegen ſo Lieb – volle Geſtal-

ten
F
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0120" n="83"/><fw place="top" type="header">Von dem H. Altars-Sacrament.</fw><lb/>
ihren Haaren getröcknet; Er ware &#x017F;ehr gütig<lb/>
gegen &#x017F;einem geliebten Jünger, als deme er er-<lb/>
laubet, &#x017F;ein Haupt auf &#x017F;eine Schooß zu legen;<lb/>
&#x017F;o auch gegen dem Apo&#x017F;tel <hi rendition="#aq">Thoma,</hi> deme er<lb/>
gönnete, &#x017F;eine Hand in &#x017F;eine Allerheilig&#x017F;te Sei-<lb/>
ten zu legen; aber noch weit grö&#x017F;&#x017F;er i&#x017F;t die Gü-<lb/>
te gegen uns in die&#x017F;em Allerheilig&#x017F;ten Liebs-<lb/>
Geheimnus; da er uns nicht nur allein ge&#x017F;tat-<lb/>
tet, &#x017F;eine Seiten, Fuß, oder Bru&#x017F;t zu beta&#x017F;ten,<lb/>
&#x017F;ondern zugibt, daß wir ihne gantz in uns ein-<lb/>
&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en, al&#x017F;o zwar, daß es &#x017F;cheinte, als wolte<lb/>
er mit uns nur ein Ding werden. Wer i&#x017F;t<lb/>
anjetzo, der die&#x017F;es betrachtet, und nicht zur<lb/>
&#x017F;chuldigen Gegen-Liebe gerührt werde? Ach!<lb/>
meine Seel! &#x017F;o du vor die&#x017F;er Nie&#x017F;&#x017F;ung gantz<lb/>
lau und kalt bi&#x017F;t, betrachte ein wenig, was<lb/>
du er&#x017F;t vernommen, und dein Hertz wird gleich<lb/>
dem Eiß von der Sonnen, in Andacht zer-<lb/>
&#x017F;chmeltzen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>Gebett zu dem Hochwürdigen<lb/>
Gut.</head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">O</hi>JE&#x017F;u! du bi&#x017F;t wahrhafftig auf dem<lb/>
Altar der gute Hirt! jedoch &#x017F;cheint<lb/>
es, daß die&#x017F;er Lob &#x2013; Spruch nicht &#x017F;o<lb/>
viel auf die Hoheit deiner Göttlichen<lb/>
Herrlichkeit, als auf die Grö&#x017F;&#x017F;e dei-<lb/>
ner Liebe ange&#x017F;ehen; ma&#x017F;&#x017F;en du ja<lb/>
nur deßwegen &#x017F;o Lieb &#x2013; volle Ge&#x017F;tal-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F</fw><fw place="bottom" type="catch">ten</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[83/0120] Von dem H. Altars-Sacrament. ihren Haaren getröcknet; Er ware ſehr gütig gegen ſeinem geliebten Jünger, als deme er er- laubet, ſein Haupt auf ſeine Schooß zu legen; ſo auch gegen dem Apoſtel Thoma, deme er gönnete, ſeine Hand in ſeine Allerheiligſte Sei- ten zu legen; aber noch weit gröſſer iſt die Gü- te gegen uns in dieſem Allerheiligſten Liebs- Geheimnus; da er uns nicht nur allein geſtat- tet, ſeine Seiten, Fuß, oder Bruſt zu betaſten, ſondern zugibt, daß wir ihne gantz in uns ein- ſchlieſſen, alſo zwar, daß es ſcheinte, als wolte er mit uns nur ein Ding werden. Wer iſt anjetzo, der dieſes betrachtet, und nicht zur ſchuldigen Gegen-Liebe gerührt werde? Ach! meine Seel! ſo du vor dieſer Nieſſung gantz lau und kalt biſt, betrachte ein wenig, was du erſt vernommen, und dein Hertz wird gleich dem Eiß von der Sonnen, in Andacht zer- ſchmeltzen. Gebett zu dem Hochwürdigen Gut. OJEſu! du biſt wahrhafftig auf dem Altar der gute Hirt! jedoch ſcheint es, daß dieſer Lob – Spruch nicht ſo viel auf die Hoheit deiner Göttlichen Herrlichkeit, als auf die Gröſſe dei- ner Liebe angeſehen; maſſen du ja nur deßwegen ſo Lieb – volle Geſtal- ten F

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/siniscalchi_abendmahl_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/siniscalchi_abendmahl_1752/120
Zitationshilfe: Siniscalchi, Liborio: Sacramentalisches Abendmahl. Übers. v. Peter Obladen. Costanz/Ulm, 1752, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siniscalchi_abendmahl_1752/120>, abgerufen am 03.06.2024.