so mundet mir mein Zwieback ausgezeichnet, so aus¬ gezeichnet, daß ich mich nicht einmal über die hohl¬ köpfigen, dickbäuchigen, silberne Löffel führenden, Schild¬ krötensuppe essenden, verzogenen rechten Kinder der Stiefmutter Natur ärgern kann. Aber eines sollte mich doch freuen, und das wäre, wenn sich zu dem Codicil im Testamente des vortrefflichen, im Delirium verstorbenen und jetzt in Abraham's Schooße seinen Rausch ausschlafenden Baron Harald ein Liebhaber fände."
"So kennen Sie auch die traurige Geschichte?" sagte Oswald.
"Wer sollte die nicht kennen," erwiederte Albert, sich eine Cigarre anzündend und sich auf die Lehne eines Stuhles setzend, so daß seine Füße auf dem Sessel standen. "Wird doch die Geschichte durch die testamentarisch vorgeschriebene Publication zum fürch¬ terlichsten Aerger der hochmüthigen und ebenso geizigen wie hochmüthigen Anna-Maria alljährlich in den Zei¬ tungen aufgewärmt, obgleich ich glaube, daß es in den letzten Jahren gar nicht einmal mehr geschehen ist."
"Es wundert mich," sagte Oswald, "daß ich von der Sache niemals hörte, bis ich hierher kam, und auch in den Blättern nie davon gelesen habe."
"Wer bekümmert sich denn um die Publicandas,
ſo mundet mir mein Zwieback ausgezeichnet, ſo aus¬ gezeichnet, daß ich mich nicht einmal über die hohl¬ köpfigen, dickbäuchigen, ſilberne Löffel führenden, Schild¬ krötenſuppe eſſenden, verzogenen rechten Kinder der Stiefmutter Natur ärgern kann. Aber eines ſollte mich doch freuen, und das wäre, wenn ſich zu dem Codicil im Teſtamente des vortrefflichen, im Delirium verſtorbenen und jetzt in Abraham's Schooße ſeinen Rauſch ausſchlafenden Baron Harald ein Liebhaber fände.“
„So kennen Sie auch die traurige Geſchichte?“ ſagte Oswald.
„Wer ſollte die nicht kennen,“ erwiederte Albert, ſich eine Cigarre anzündend und ſich auf die Lehne eines Stuhles ſetzend, ſo daß ſeine Füße auf dem Seſſel ſtanden. „Wird doch die Geſchichte durch die teſtamentariſch vorgeſchriebene Publication zum fürch¬ terlichſten Aerger der hochmüthigen und ebenſo geizigen wie hochmüthigen Anna-Maria alljährlich in den Zei¬ tungen aufgewärmt, obgleich ich glaube, daß es in den letzten Jahren gar nicht einmal mehr geſchehen iſt.“
„Es wundert mich,“ ſagte Oswald, „daß ich von der Sache niemals hörte, bis ich hierher kam, und auch in den Blättern nie davon geleſen habe.“
„Wer bekümmert ſich denn um die Publicandas,
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ſo mundet mir mein Zwieback ausgezeichnet, ſo aus¬
gezeichnet, daß ich mich nicht einmal über die hohl¬
köpfigen, dickbäuchigen, ſilberne Löffel führenden, Schild¬
krötenſuppe eſſenden, verzogenen rechten Kinder der
Stiefmutter Natur ärgern kann. Aber eines ſollte
mich doch freuen, und das wäre, wenn ſich zu dem
Codicil im Teſtamente des vortrefflichen, im Delirium
verſtorbenen und jetzt in Abraham's Schooße ſeinen
Rauſch ausſchlafenden Baron Harald ein Liebhaber
fände.“
„So kennen Sie auch die traurige Geſchichte?“
ſagte Oswald.
„Wer ſollte die nicht kennen,“ erwiederte Albert,
ſich eine Cigarre anzündend und ſich auf die Lehne
eines Stuhles ſetzend, ſo daß ſeine Füße auf dem
Seſſel ſtanden. „Wird doch die Geſchichte durch die
teſtamentariſch vorgeſchriebene Publication zum fürch¬
terlichſten Aerger der hochmüthigen und ebenſo geizigen
wie hochmüthigen Anna-Maria alljährlich in den Zei¬
tungen aufgewärmt, obgleich ich glaube, daß es in den
letzten Jahren gar nicht einmal mehr geſchehen iſt.“
„Es wundert mich,“ ſagte Oswald, „daß ich von
der Sache niemals hörte, bis ich hierher kam, und
auch in den Blättern nie davon geleſen habe.“
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische02_1861/215>, abgerufen am 15.06.2024.
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