richtet, die Umsetzung dieser Wechsel zu besorgen. Er besuchte einige Wechsler, als sich diese aber mit Mangel am Gelde entschuldigten, so gieng er zu dem berühmtesten Bankier dieser Stadt. Er fand solchen zur Annahme bereit und willig, wie er aber die Wechsel vorzeigte, und jener sie ge- nauer untersucht hatte, so verließ er das Kom- toir, und trat bald nachher, von einigen Män- nern begleitet, zu dem erstaunten Konrad. Mein Herr, sprach er im ernsten Tone, alle diese Wech- sel, welche sie mir überreicht haben, sind dem Tuchfabrikanten L -- zu Strasburg heimlich ent- wendet worden, ich habe den gemeßnen Auftrag, den Ueberbringer derselben unter sicherer Verwah- rung wieder nach Strasburg zu senden, können sie sich nun über den rechtmäßigen Besitz dersel- ben nicht auf der Stelle ausweisen, so muß ich meinen Auftrag sogleich vollziehen. Konrad schwieg, denn diese Nachricht hatte ihm alle Kraft zur Antwort geraubt. Wahrscheinlich, fuhr der Wechs- ler fort, sind sie der Sohn meines Freundes. Ich bedaure den unglücklichen Vater, der seine Hoffnung auf so schändliche Art vereitelt sieht. Er verdient bessern Lohn für seine väterliche Liebe, die auch solch eine That noch nicht ganz tilgen konnte, weil er mich ausdrücklich bittet, sie mit Schonung zu behandeln, und nicht dem Gerichte zu überliefern. Sie schweigen? Haben gar keine Entschuldigung vorzubringen? Ich gehe also, An- stalten zur Abreise zu treffen.
richtet, die Umſetzung dieſer Wechſel zu beſorgen. Er beſuchte einige Wechsler, als ſich dieſe aber mit Mangel am Gelde entſchuldigten, ſo gieng er zu dem beruͤhmteſten Bankier dieſer Stadt. Er fand ſolchen zur Annahme bereit und willig, wie er aber die Wechſel vorzeigte, und jener ſie ge- nauer unterſucht hatte, ſo verließ er das Kom- toir, und trat bald nachher, von einigen Maͤn- nern begleitet, zu dem erſtaunten Konrad. Mein Herr, ſprach er im ernſten Tone, alle dieſe Wech- ſel, welche ſie mir uͤberreicht haben, ſind dem Tuchfabrikanten L — zu Strasburg heimlich ent- wendet worden, ich habe den gemeßnen Auftrag, den Ueberbringer derſelben unter ſicherer Verwah- rung wieder nach Strasburg zu ſenden, koͤnnen ſie ſich nun uͤber den rechtmaͤßigen Beſitz derſel- ben nicht auf der Stelle ausweiſen, ſo muß ich meinen Auftrag ſogleich vollziehen. Konrad ſchwieg, denn dieſe Nachricht hatte ihm alle Kraft zur Antwort geraubt. Wahrſcheinlich, fuhr der Wechs- ler fort, ſind ſie der Sohn meines Freundes. Ich bedaure den ungluͤcklichen Vater, der ſeine Hoffnung auf ſo ſchaͤndliche Art vereitelt ſieht. Er verdient beſſern Lohn fuͤr ſeine vaͤterliche Liebe, die auch ſolch eine That noch nicht ganz tilgen konnte, weil er mich ausdruͤcklich bittet, ſie mit Schonung zu behandeln, und nicht dem Gerichte zu uͤberliefern. Sie ſchweigen? Haben gar keine Entſchuldigung vorzubringen? Ich gehe alſo, An- ſtalten zur Abreiſe zu treffen.
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[114/0122]
richtet, die Umſetzung dieſer Wechſel zu beſorgen.
Er beſuchte einige Wechsler, als ſich dieſe aber
mit Mangel am Gelde entſchuldigten, ſo gieng er
zu dem beruͤhmteſten Bankier dieſer Stadt. Er
fand ſolchen zur Annahme bereit und willig, wie
er aber die Wechſel vorzeigte, und jener ſie ge-
nauer unterſucht hatte, ſo verließ er das Kom-
toir, und trat bald nachher, von einigen Maͤn-
nern begleitet, zu dem erſtaunten Konrad. Mein
Herr, ſprach er im ernſten Tone, alle dieſe Wech-
ſel, welche ſie mir uͤberreicht haben, ſind dem
Tuchfabrikanten L — zu Strasburg heimlich ent-
wendet worden, ich habe den gemeßnen Auftrag,
den Ueberbringer derſelben unter ſicherer Verwah-
rung wieder nach Strasburg zu ſenden, koͤnnen
ſie ſich nun uͤber den rechtmaͤßigen Beſitz derſel-
ben nicht auf der Stelle ausweiſen, ſo muß ich
meinen Auftrag ſogleich vollziehen. Konrad ſchwieg,
denn dieſe Nachricht hatte ihm alle Kraft zur
Antwort geraubt. Wahrſcheinlich, fuhr der Wechs-
ler fort, ſind ſie der Sohn meines Freundes.
Ich bedaure den ungluͤcklichen Vater, der ſeine
Hoffnung auf ſo ſchaͤndliche Art vereitelt ſieht.
Er verdient beſſern Lohn fuͤr ſeine vaͤterliche Liebe,
die auch ſolch eine That noch nicht ganz tilgen
konnte, weil er mich ausdruͤcklich bittet, ſie mit
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien02_1796/122>, abgerufen am 16.06.2024.
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