gut, wer mich in die Bettdecke gewickelt hat und mit mir heruntergeschlittet ist, das ist der Großvater."
"Es muß doch etwas daran sein, was der Peter so gesagt hat den Sommer durch vom Alm-Oehi, wenn wir dachten, er wisse es nicht recht", sagte die Großmutter, "wer hätte freilich auch glauben können, daß so etwas möglich sei, ich dachte, das Kind lebe keine drei Wochen da oben. Wie sieht es auch aus, Brigitte?" Diese hatte das Kind unterdessen so von allen Seiten angesehn, daß sie nun wohl berichten konnte, wie es aussah.
"Es ist so fein gegliedert, wie die Adelheid war", gab sie zur Antwort, "aber es hat die schwarzen Augen und das krause Haar, wie es der Tobias hatte und auch der Alte droben, ich glaube, es sieht den Zweien gleich."
Unterdessen war Heidi nicht müßig geblieben; es hatte ringsum geguckt und Alles genau betrachtet, was da zu sehen war. Jetzt sagte es: "Sieh', Großmutter, dort schlägt es einen Laden immer hin und her, und der Großvater würde auf der Stelle einen Nagel einschlagen, daß er wieder fest hält, sonst schlägt er auch einmal eine Scheibe ein; sieh', sieh', wie er thut!"
"Ach du gutes Kind," sagte die Großmutter, "sehn kann ich es nicht, aber hören kann ich es wohl und noch viel mehr, nicht nur den Laden, da kracht und klappert es überall, wenn der Wind kommt und er kann überall herein blasen, es hält Nichts mehr zusammen und in der Nacht,
gut, wer mich in die Bettdecke gewickelt hat und mit mir heruntergeſchlittet iſt, das iſt der Großvater.“
„Es muß doch etwas daran ſein, was der Peter ſo geſagt hat den Sommer durch vom Alm-Oehi, wenn wir dachten, er wiſſe es nicht recht“, ſagte die Großmutter, „wer hätte freilich auch glauben können, daß ſo etwas möglich ſei, ich dachte, das Kind lebe keine drei Wochen da oben. Wie ſieht es auch aus, Brigitte?“ Dieſe hatte das Kind unterdeſſen ſo von allen Seiten angeſehn, daß ſie nun wohl berichten konnte, wie es ausſah.
„Es iſt ſo fein gegliedert, wie die Adelheid war“, gab ſie zur Antwort, „aber es hat die ſchwarzen Augen und das krauſe Haar, wie es der Tobias hatte und auch der Alte droben, ich glaube, es ſieht den Zweien gleich.“
Unterdeſſen war Heidi nicht müßig geblieben; es hatte ringsum geguckt und Alles genau betrachtet, was da zu ſehen war. Jetzt ſagte es: „Sieh', Großmutter, dort ſchlägt es einen Laden immer hin und her, und der Großvater würde auf der Stelle einen Nagel einſchlagen, daß er wieder feſt hält, ſonſt ſchlägt er auch einmal eine Scheibe ein; ſieh', ſieh', wie er thut!“
„Ach du gutes Kind,“ ſagte die Großmutter, „ſehn kann ich es nicht, aber hören kann ich es wohl und noch viel mehr, nicht nur den Laden, da kracht und klappert es überall, wenn der Wind kommt und er kann überall herein blaſen, es hält Nichts mehr zuſammen und in der Nacht,
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gut, wer mich in die Bettdecke gewickelt hat und mit mir
heruntergeſchlittet iſt, das iſt der Großvater.“
„Es muß doch etwas daran ſein, was der Peter ſo
geſagt hat den Sommer durch vom Alm-Oehi, wenn wir
dachten, er wiſſe es nicht recht“, ſagte die Großmutter,
„wer hätte freilich auch glauben können, daß ſo etwas
möglich ſei, ich dachte, das Kind lebe keine drei Wochen da
oben. Wie ſieht es auch aus, Brigitte?“ Dieſe hatte das
Kind unterdeſſen ſo von allen Seiten angeſehn, daß ſie nun
wohl berichten konnte, wie es ausſah.
„Es iſt ſo fein gegliedert, wie die Adelheid war“, gab
ſie zur Antwort, „aber es hat die ſchwarzen Augen und
das krauſe Haar, wie es der Tobias hatte und auch der
Alte droben, ich glaube, es ſieht den Zweien gleich.“
Unterdeſſen war Heidi nicht müßig geblieben; es hatte
ringsum geguckt und Alles genau betrachtet, was da zu ſehen
war. Jetzt ſagte es: „Sieh', Großmutter, dort ſchlägt es
einen Laden immer hin und her, und der Großvater würde
auf der Stelle einen Nagel einſchlagen, daß er wieder feſt
hält, ſonſt ſchlägt er auch einmal eine Scheibe ein; ſieh',
ſieh', wie er thut!“
„Ach du gutes Kind,“ ſagte die Großmutter, „ſehn
kann ich es nicht, aber hören kann ich es wohl und noch
viel mehr, nicht nur den Laden, da kracht und klappert es
überall, wenn der Wind kommt und er kann überall herein
blaſen, es hält Nichts mehr zuſammen und in der Nacht,
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Spyri, Johanna: Heidi's Lehr- und Wanderjahre. Gotha, 1880, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spyri_heidi_1880/70>, abgerufen am 18.06.2024.
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