Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 4. Stuttgart, 1867.es versuchen, diese großen historischen Grundformen der Vormundschaft Diejenigen Punkte nun, worauf diese Vergleichung des verschiedenen Es ist uns leider hier ganz unmöglich, genauer auf das Vormund- 3) Die historischen Grundformen des Vormundschaftwesens und seines öffentlichen Rechts. a) Das Vormundschaftswesen der Geschlechterordnung und des römischen Rechts. Das Vormundschaftswesen der Geschlechterordnung aller Zeiten, Diese hatten ursprünglich in ihrer Unterwerfung unter die Ge- es verſuchen, dieſe großen hiſtoriſchen Grundformen der Vormundſchaft Diejenigen Punkte nun, worauf dieſe Vergleichung des verſchiedenen Es iſt uns leider hier ganz unmöglich, genauer auf das Vormund- 3) Die hiſtoriſchen Grundformen des Vormundſchaftweſens und ſeines öffentlichen Rechts. a) Das Vormundſchaftsweſen der Geſchlechterordnung und des römiſchen Rechts. Das Vormundſchaftsweſen der Geſchlechterordnung aller Zeiten, Dieſe hatten urſprünglich in ihrer Unterwerfung unter die Ge- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0206" n="184"/> es verſuchen, dieſe großen hiſtoriſchen Grundformen der Vormundſchaft<lb/> im Folgenden zu charakteriſiren, weſentlich um damit die Möglichkeit<lb/> einer richtigen Beurtheilung des Charakters und der Rechtsbildung des<lb/> heutigen europäiſchen Vormundſchaftsweſen anzubahnen.</p><lb/> <p>Diejenigen Punkte nun, worauf dieſe Vergleichung des verſchiedenen<lb/> geltenden Rechts hier zurückgeführt, und an denen als abſoluten Grund-<lb/> lagen des Vormundſchaftsweſens der Charakter jeder einzelnen Geſtal-<lb/> tung deſſelben zurückgeführt werden muß, ſind zuerſt das <hi rendition="#g">Organ</hi> der<lb/> Obervormundſchaft, und dann das Verhältniß ſeiner Thätigkeit zu dem<lb/> des Individuums in <hi rendition="#g">Beſtellung, Führung</hi> und <hi rendition="#g">Beendigung</hi> der<lb/> Vormundſchaft.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Es iſt uns leider hier ganz unmöglich, genauer auf das Vormund-<lb/> ſchaftsrecht einzugehen. Die organiſche und zugleich hiſtoriſche Auffaſſung<lb/> deſſelben bleibt eine der großen Aufgaben der Zukunft. Wir haben<lb/> einige leitende Geſichtspunkte dafür in unſerm oben erwähnten Aufſatz<lb/> gegeben. Möge derſelbe bald bedeutendere Arbeiten zu Nachfolgern haben!</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>3) <hi rendition="#g">Die hiſtoriſchen Grundformen des Vormundſchaftweſens und<lb/> ſeines öffentlichen Rechts</hi>.</head><lb/> <div n="4"> <head><hi rendition="#aq">a)</hi> Das Vormundſchaftsweſen der Geſchlechterordnung und des römiſchen Rechts.</head><lb/> <p>Das Vormundſchaftsweſen der Geſchlechterordnung aller Zeiten,<lb/> der römiſchen Patrizier ſowohl als der germaniſchen Stämme, beruht<lb/> darauf, daß das Geſchlecht die einzige öffentlich rechtliche Perſönlichkeit<lb/> und zugleich der wahre Eigenthümer der Güter ſeiner Mitglieder iſt. Das<lb/> Geſchlecht hat daher auch allein das Recht, die Obervormundſchaft aus-<lb/> zuüben, wenn der <hi rendition="#aq">pater familias</hi> geſtorben iſt. Eine wirthſchaftliche<lb/> Unmündigkeit neben der perſönlichen gibt es noch nicht, alſo weder eine<lb/><hi rendition="#aq">curatela</hi> noch einen <hi rendition="#aq">minor;</hi> die Mündigkeit tritt mit der Waffenfähigkeit<lb/> ein. Einer Vormundſchaftsordnung bedarf es nicht. Dieſe entſteht erſt im<lb/> römiſchen Recht, und zwar im Anſchluß an die Geſchlechterloſen, die Plebejer.</p><lb/> <p>Dieſe hatten urſprünglich in ihrer Unterwerfung unter die Ge-<lb/> ſchlechter, ähnlich wie die freigebornen Mannen der germaniſchen Grund-<lb/> herren, den patriziſchen Geſchlechterherrn als Vormund: den <hi rendition="#aq">Patronus.</hi><lb/> Erſt die <hi rendition="#aq">XII Tab.</hi> gaben ihnen das Recht, den Vormund ihrer Kinder<lb/> teſtamentariſch einzuſetzen. Die Lockerung und Löſung der Abhängigkeit<lb/> derſelben von den Geſchlechtern, theils auch der tiefe gegenſeitige, nament-<lb/> lich aber auf der Ausbeutung der plebejiſchen <hi rendition="#aq">gentiles</hi> durch die patri-<lb/> ziſchen <hi rendition="#aq">patroni</hi> beruhende Haß der erſteren erzeugte dann den Grundſatz,<lb/> daß da, wo kein teſtamentariſcher Vormund vorhanden war, nunmehr<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [184/0206]
es verſuchen, dieſe großen hiſtoriſchen Grundformen der Vormundſchaft
im Folgenden zu charakteriſiren, weſentlich um damit die Möglichkeit
einer richtigen Beurtheilung des Charakters und der Rechtsbildung des
heutigen europäiſchen Vormundſchaftsweſen anzubahnen.
Diejenigen Punkte nun, worauf dieſe Vergleichung des verſchiedenen
geltenden Rechts hier zurückgeführt, und an denen als abſoluten Grund-
lagen des Vormundſchaftsweſens der Charakter jeder einzelnen Geſtal-
tung deſſelben zurückgeführt werden muß, ſind zuerſt das Organ der
Obervormundſchaft, und dann das Verhältniß ſeiner Thätigkeit zu dem
des Individuums in Beſtellung, Führung und Beendigung der
Vormundſchaft.
Es iſt uns leider hier ganz unmöglich, genauer auf das Vormund-
ſchaftsrecht einzugehen. Die organiſche und zugleich hiſtoriſche Auffaſſung
deſſelben bleibt eine der großen Aufgaben der Zukunft. Wir haben
einige leitende Geſichtspunkte dafür in unſerm oben erwähnten Aufſatz
gegeben. Möge derſelbe bald bedeutendere Arbeiten zu Nachfolgern haben!
3) Die hiſtoriſchen Grundformen des Vormundſchaftweſens und
ſeines öffentlichen Rechts.
a) Das Vormundſchaftsweſen der Geſchlechterordnung und des römiſchen Rechts.
Das Vormundſchaftsweſen der Geſchlechterordnung aller Zeiten,
der römiſchen Patrizier ſowohl als der germaniſchen Stämme, beruht
darauf, daß das Geſchlecht die einzige öffentlich rechtliche Perſönlichkeit
und zugleich der wahre Eigenthümer der Güter ſeiner Mitglieder iſt. Das
Geſchlecht hat daher auch allein das Recht, die Obervormundſchaft aus-
zuüben, wenn der pater familias geſtorben iſt. Eine wirthſchaftliche
Unmündigkeit neben der perſönlichen gibt es noch nicht, alſo weder eine
curatela noch einen minor; die Mündigkeit tritt mit der Waffenfähigkeit
ein. Einer Vormundſchaftsordnung bedarf es nicht. Dieſe entſteht erſt im
römiſchen Recht, und zwar im Anſchluß an die Geſchlechterloſen, die Plebejer.
Dieſe hatten urſprünglich in ihrer Unterwerfung unter die Ge-
ſchlechter, ähnlich wie die freigebornen Mannen der germaniſchen Grund-
herren, den patriziſchen Geſchlechterherrn als Vormund: den Patronus.
Erſt die XII Tab. gaben ihnen das Recht, den Vormund ihrer Kinder
teſtamentariſch einzuſetzen. Die Lockerung und Löſung der Abhängigkeit
derſelben von den Geſchlechtern, theils auch der tiefe gegenſeitige, nament-
lich aber auf der Ausbeutung der plebejiſchen gentiles durch die patri-
ziſchen patroni beruhende Haß der erſteren erzeugte dann den Grundſatz,
daß da, wo kein teſtamentariſcher Vormund vorhanden war, nunmehr
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |