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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

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der Mutter, daß ich auf den Vater und das väterliche
Haus gedacht habe, und aus Liebe zu beiden, um
Freude zu bereiten, eine beschwerliche Arbeit unter¬
nommen habe, erregte mir die angenehmsten Gefühle,
und da auch der Vater mit einigen gewählten Worten
seinen Dank aussprach, und sagte, daß er dieses Zart¬
gefühl nicht vergessen werde, konnte ich nur mit großer
Gewalt die Thränen bemeistern.

Ich gab ihm alle Blätter als Eigenthum, und
er reihte sie seiner Sammlung von Merkwürdig¬
keiten ein.

An, nächsten Tage packte ich die Zithern aus,
legte beide der Schwester vor, und ließ ihr die Wahl,
ob sie die meinige oder die neuangekaufte als für sie
gehörig annehmen wolle. Sie wählte die neue und
freute sich darüber sehr. Ich zeigte ihr auch die
Stücke, welche ich mir nach dem Spiele meines Ge¬
birgslehrmeisters geschrieben hatte, und ließ sie ihr in
ihrem Zimmer, daß sie sie abschreiben lassen könne,
und daß sie ihre Übungen darnach begönne. Ich ver¬
sprach ihr, in diesem Winter ihr Lehrer in dieser Kunst
zu sein.

Nach einiger Zeit brachte ich auch meine Male¬
reien von Gebirgslandschaften zum Vorscheine. Ich

der Mutter, daß ich auf den Vater und das väterliche
Haus gedacht habe, und aus Liebe zu beiden, um
Freude zu bereiten, eine beſchwerliche Arbeit unter¬
nommen habe, erregte mir die angenehmſten Gefühle,
und da auch der Vater mit einigen gewählten Worten
ſeinen Dank ausſprach, und ſagte, daß er dieſes Zart¬
gefühl nicht vergeſſen werde, konnte ich nur mit großer
Gewalt die Thränen bemeiſtern.

Ich gab ihm alle Blätter als Eigenthum, und
er reihte ſie ſeiner Sammlung von Merkwürdig¬
keiten ein.

An, nächſten Tage packte ich die Zithern aus,
legte beide der Schweſter vor, und ließ ihr die Wahl,
ob ſie die meinige oder die neuangekaufte als für ſie
gehörig annehmen wolle. Sie wählte die neue und
freute ſich darüber ſehr. Ich zeigte ihr auch die
Stücke, welche ich mir nach dem Spiele meines Ge¬
birgslehrmeiſters geſchrieben hatte, und ließ ſie ihr in
ihrem Zimmer, daß ſie ſie abſchreiben laſſen könne,
und daß ſie ihre Übungen darnach begönne. Ich ver¬
ſprach ihr, in dieſem Winter ihr Lehrer in dieſer Kunſt
zu ſein.

Nach einiger Zeit brachte ich auch meine Male¬
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[70/0084] der Mutter, daß ich auf den Vater und das väterliche Haus gedacht habe, und aus Liebe zu beiden, um Freude zu bereiten, eine beſchwerliche Arbeit unter¬ nommen habe, erregte mir die angenehmſten Gefühle, und da auch der Vater mit einigen gewählten Worten ſeinen Dank ausſprach, und ſagte, daß er dieſes Zart¬ gefühl nicht vergeſſen werde, konnte ich nur mit großer Gewalt die Thränen bemeiſtern. Ich gab ihm alle Blätter als Eigenthum, und er reihte ſie ſeiner Sammlung von Merkwürdig¬ keiten ein. An, nächſten Tage packte ich die Zithern aus, legte beide der Schweſter vor, und ließ ihr die Wahl, ob ſie die meinige oder die neuangekaufte als für ſie gehörig annehmen wolle. Sie wählte die neue und freute ſich darüber ſehr. Ich zeigte ihr auch die Stücke, welche ich mir nach dem Spiele meines Ge¬ birgslehrmeiſters geſchrieben hatte, und ließ ſie ihr in ihrem Zimmer, daß ſie ſie abſchreiben laſſen könne, und daß ſie ihre Übungen darnach begönne. Ich ver¬ ſprach ihr, in dieſem Winter ihr Lehrer in dieſer Kunſt zu ſein. Nach einiger Zeit brachte ich auch meine Male¬ reien von Gebirgslandſchaften zum Vorſcheine. Ich

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/84>, abgerufen am 17.06.2024.