es gleich in ungenauer Redeweise, wie das hebräische kha, auch einen entfernteren Verwandten bedeuten kann, möchte doch, da es für das Verhältniss der bezeichneten Personen zu Jesus so oft sich wiederholt, ohne jemals mit anepsios vertauscht zu sein, welches, wo ein Vetter bezeichnet wer- den soll, dem N. T.lichen Sprachschatze keineswegs fehlt (Kol. 4, 10.), nicht wohl anders, als in seiner eigentlichen Bedeutung genommen werden dürfen. Dass ferner die Iden- tität der Namen Alphäus und Klopas, auf welcher die des Jakobus, Vetters von Jesus und des Apostels Jakobus mi- nor beruht, ebenso die Übersetzung von Ioudas Iakobou durch Bruder des Jakobus, und nicht minder die ange- nommene Identität des Verfassers des letzten katholischen Briefs mit dem Apostel Judas höchst unsicher ist, braucht nur angedeutet zu werden. -- Weicht so das Gewe- be dieser Identificationen auf allen Punkten auseinan- der, und werden wir hiemit auf den Anfang unsrer Unter- suchung zurückgeworfen, so dass wir wieder eigentliche Brüder Jesu, ferner 2 von diesen verschiedene Vettern mit gleichen Namen mit zweien von jenen, ausserdem einige mit beiden gleichnamige Apostel hätten: so ist zwar die gleiche Benennung zweier Paare von Söhnen in einer Fa- milie nichts so Ungewöhnliches, dass man sich daran stos- sen dürfte; wohl aber ist es bedenklich, dass derselbe Ja- kobus, welcher im Galaterbrief als adelphos Kuriou bezeich- net wird, nach der A. G. ohne Zweifel als Sohn des Al- phäus zu denken ist, was er, wenn doch jenes einen Bru- der bedeutet, nicht gewesen sein kann.
So bleibt auf alle Fälle eine ziemliche Verwirrung, und sie scheint nur dadurch, wiewohl blos negativ und ohne ein geschichtliches Resultat, gelöst werden zu können, dass man bei den N. T.lichen Schriftstellern und in der urchristlichen Sage selbst einige Unklarheit und Irrung über diesen Punkt annimmt, welche bei etwas verwickelten Ver- wandtschafts- und Namens-Verhältnissen oher eintreten
Erster Abschnitt.
es gleich in ungenauer Redeweise, wie das hebräische חאָ, auch einen entfernteren Verwandten bedeuten kann, möchte doch, da es für das Verhältniſs der bezeichneten Personen zu Jesus so oft sich wiederholt, ohne jemals mit ἀνεψιὸς vertauscht zu sein, welches, wo ein Vetter bezeichnet wer- den soll, dem N. T.lichen Sprachschatze keineswegs fehlt (Kol. 4, 10.), nicht wohl anders, als in seiner eigentlichen Bedeutung genommen werden dürfen. Daſs ferner die Iden- tität der Namen Alphäus und Klopas, auf welcher die des Jakobus, Vetters von Jesus und des Apostels Jakobus mi- nor beruht, ebenso die Übersetzung von Ἰούδας Ἰακώβου durch Bruder des Jakobus, und nicht minder die ange- nommene Identität des Verfassers des letzten katholischen Briefs mit dem Apostel Judas höchst unsicher ist, braucht nur angedeutet zu werden. — Weicht so das Gewe- be dieser Identificationen auf allen Punkten auseinan- der, und werden wir hiemit auf den Anfang unsrer Unter- suchung zurückgeworfen, so daſs wir wieder eigentliche Brüder Jesu, ferner 2 von diesen verschiedene Vettern mit gleichen Namen mit zweien von jenen, ausserdem einige mit beiden gleichnamige Apostel hätten: so ist zwar die gleiche Benennung zweier Paare von Söhnen in einer Fa- milie nichts so Ungewöhnliches, daſs man sich daran stos- sen dürfte; wohl aber ist es bedenklich, daſs derselbe Ja- kobus, welcher im Galaterbrief als ἀδελφὸς Κυρίου bezeich- net wird, nach der A. G. ohne Zweifel als Sohn des Al- phäus zu denken ist, was er, wenn doch jenes einen Bru- der bedeutet, nicht gewesen sein kann.
So bleibt auf alle Fälle eine ziemliche Verwirrung, und sie scheint nur dadurch, wiewohl blos negativ und ohne ein geschichtliches Resultat, gelöst werden zu können, daſs man bei den N. T.lichen Schriftstellern und in der urchristlichen Sage selbst einige Unklarheit und Irrung über diesen Punkt annimmt, welche bei etwas verwickelten Ver- wandtschafts- und Namens-Verhältnissen oher eintreten
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Erster Abschnitt.
es gleich in ungenauer Redeweise, wie das hebräische חאָ,
auch einen entfernteren Verwandten bedeuten kann, möchte
doch, da es für das Verhältniſs der bezeichneten Personen
zu Jesus so oft sich wiederholt, ohne jemals mit ἀνεψιὸς
vertauscht zu sein, welches, wo ein Vetter bezeichnet wer-
den soll, dem N. T.lichen Sprachschatze keineswegs fehlt
(Kol. 4, 10.), nicht wohl anders, als in seiner eigentlichen
Bedeutung genommen werden dürfen. Daſs ferner die Iden-
tität der Namen Alphäus und Klopas, auf welcher die des
Jakobus, Vetters von Jesus und des Apostels Jakobus mi-
nor beruht, ebenso die Übersetzung von Ἰούδας Ἰακώβου
durch Bruder des Jakobus, und nicht minder die ange-
nommene Identität des Verfassers des letzten katholischen
Briefs mit dem Apostel Judas höchst unsicher ist, braucht
nur angedeutet zu werden. — Weicht so das Gewe-
be dieser Identificationen auf allen Punkten auseinan-
der, und werden wir hiemit auf den Anfang unsrer Unter-
suchung zurückgeworfen, so daſs wir wieder eigentliche
Brüder Jesu, ferner 2 von diesen verschiedene Vettern mit
gleichen Namen mit zweien von jenen, ausserdem einige
mit beiden gleichnamige Apostel hätten: so ist zwar die
gleiche Benennung zweier Paare von Söhnen in einer Fa-
milie nichts so Ungewöhnliches, daſs man sich daran stos-
sen dürfte; wohl aber ist es bedenklich, daſs derselbe Ja-
kobus, welcher im Galaterbrief als ἀδελφὸς Κυρίου bezeich-
net wird, nach der A. G. ohne Zweifel als Sohn des Al-
phäus zu denken ist, was er, wenn doch jenes einen Bru-
der bedeutet, nicht gewesen sein kann.
So bleibt auf alle Fälle eine ziemliche Verwirrung,
und sie scheint nur dadurch, wiewohl blos negativ und
ohne ein geschichtliches Resultat, gelöst werden zu können,
daſs man bei den N. T.lichen Schriftstellern und in der
urchristlichen Sage selbst einige Unklarheit und Irrung über
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/214>, abgerufen am 13.06.2024.
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