da sollte auch die Modulation so durch den Ausdruk bestimmt werden, daß jeder einzele melodische Ge- danken in dem Tone vorkäme, der sich am besten für ihn schiket. Zärtliche und schmerzhafte Melo- dien, sollten sich nur in Molltönen aufhalten; die muntern dur Töne aber, die in der Modulation, des Zusammenhanges halber nothwendig müssen be- rührt werden, sollten gleich wieder verlassen werden.
Es ist einer der schweeresten Theile der Kunst, in der Modulation untadelhaft zu seyn. Deswegen ist zu bedauren, daß die, welche über die Theorie der Kunst schreiben, sich über diesen wichtigen Arti- kel so wenig ausdähnen, und genug gethan zu haben glauben, wenn sie zeigen, wie man mit guter Art von dem Haupttone durch den ganzen Zirkel der 24 Töne herumwandeln, und am Ende wieder in den ersten Ton einlenken solle. Die Duette von Graun können hierüber zu Mustern dienen
Monochord. (Musik)
Ein Jnstrument von einer einzigen Sayte mit einem beweglichen Stäg und mit Eintheilungen, wodurch man sehen kann, wie der Ton der Sayte nach Ver- hältnis ihrer ab- oder zunehmenden Länge höher oder tiefer wird. Die Alten nannten diese Sayte den Canon. Man macht die Monochorde bisweilen von drey oder vier Sayten, damit man nach genau ab- gemessener Länge jeder Sayte den Grundton mit seiner vollen Harmonie auf dem Jnstrument haben könne. Bessern Klanges halber wird dasselbe hol, mit einem Resonanzboden, und mit Tasten zum An- schlagen der Sayten gemacht.
Wiewol in der Musik das Gehör in Absicht auf den Wolklang der einzige Richter ist, auch vermuth- lich alle alten und nenen Tonleitern und Tempera- turen, in so fern die Jnstrumente würklich danach gestimmt sind, blos durch das Gehör gefunden wor- den; so muß sich dadurch Niemand verführen lassen zu glauben, daß die mathematische Bestimmung der Jntervalle, die das Monochord an die Hand giebt, etwas unnüzes sey. Sie leitet nicht nur auf die Entdekung der wahren Ursachen aller Harmonie, (*) sondern dienet auch noch zu verschiedenen nüzlichen Beobachtungen, wie wir bald zeigen werden; be- sonders wenn man ein Monochord hat, auf wel- chem die Sayten durch Gewichter können gespannt werden.
[Spaltenumbruch]
Mon
Man stelle sich vor A B C D sey der Kasten zu ei- nem Monochord, a b, c d, e f, g h seyen vier
[Abbildung]
gleich lange und gleich stark gespannte Sayten; b b', d d', f f', h h', seyen die Tasten, vermittelst deren die Sayten durch Federn, oder Hämerchen können in Klang gesezt werden; i k und l m seyen Schieber, an den Enden k und m mit Stägen versehen, so daß von dem Anschlagen der Tasten d d' und ff', von der zweyten und dritten Sayte nur die Längen k d und m f klingen; endlich sey auch bey n genau auf der hal- ben Länge der vierten Sayte, ein Stäg gesezt, so daß nur die halbe Sayte n h klinge.
Um nun den Gebrauch eines solchen Monochords zu begreifen, ist vor allen Dingen zu merken, daß die Töne solcher gleich diken und gleich gespannten Sayten, um so viel höher werden, als die Sayten in der Länge abnehmen. Man seze, die Sayten a b, c d, e f und g h seyen alle im Unisonus gestimmt und geben den Ton an, der gemeiniglich mit dem Buchstaben C bezeichnet wird. Würde man nun auf einer Sayte g h den Stäg gerade auf der Hälfte der Sayte in n sezen, so würde die halbe Sayte n h den Ton c, die Octave von C angeben; und wenn der Schieber l m so weit eingeschoben würde, daß m f gerade 2/3 der ganzen Länge der Sayte e f oder
a b
(*) S. Consonanz.
C c c c c 3
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Mon
da ſollte auch die Modulation ſo durch den Ausdruk beſtimmt werden, daß jeder einzele melodiſche Ge- danken in dem Tone vorkaͤme, der ſich am beſten fuͤr ihn ſchiket. Zaͤrtliche und ſchmerzhafte Melo- dien, ſollten ſich nur in Molltoͤnen aufhalten; die muntern dur Toͤne aber, die in der Modulation, des Zuſammenhanges halber nothwendig muͤſſen be- ruͤhrt werden, ſollten gleich wieder verlaſſen werden.
Es iſt einer der ſchweereſten Theile der Kunſt, in der Modulation untadelhaft zu ſeyn. Deswegen iſt zu bedauren, daß die, welche uͤber die Theorie der Kunſt ſchreiben, ſich uͤber dieſen wichtigen Arti- kel ſo wenig ausdaͤhnen, und genug gethan zu haben glauben, wenn ſie zeigen, wie man mit guter Art von dem Haupttone durch den ganzen Zirkel der 24 Toͤne herumwandeln, und am Ende wieder in den erſten Ton einlenken ſolle. Die Duette von Graun koͤnnen hieruͤber zu Muſtern dienen
Monochord. (Muſik)
Ein Jnſtrument von einer einzigen Sayte mit einem beweglichen Staͤg und mit Eintheilungen, wodurch man ſehen kann, wie der Ton der Sayte nach Ver- haͤltnis ihrer ab- oder zunehmenden Laͤnge hoͤher oder tiefer wird. Die Alten nannten dieſe Sayte den Canon. Man macht die Monochorde bisweilen von drey oder vier Sayten, damit man nach genau ab- gemeſſener Laͤnge jeder Sayte den Grundton mit ſeiner vollen Harmonie auf dem Jnſtrument haben koͤnne. Beſſern Klanges halber wird daſſelbe hol, mit einem Reſonanzboden, und mit Taſten zum An- ſchlagen der Sayten gemacht.
Wiewol in der Muſik das Gehoͤr in Abſicht auf den Wolklang der einzige Richter iſt, auch vermuth- lich alle alten und nenen Tonleitern und Tempera- turen, in ſo fern die Jnſtrumente wuͤrklich danach geſtimmt ſind, blos durch das Gehoͤr gefunden wor- den; ſo muß ſich dadurch Niemand verfuͤhren laſſen zu glauben, daß die mathematiſche Beſtimmung der Jntervalle, die das Monochord an die Hand giebt, etwas unnuͤzes ſey. Sie leitet nicht nur auf die Entdekung der wahren Urſachen aller Harmonie, (*) ſondern dienet auch noch zu verſchiedenen nuͤzlichen Beobachtungen, wie wir bald zeigen werden; be- ſonders wenn man ein Monochord hat, auf wel- chem die Sayten durch Gewichter koͤnnen geſpannt werden.
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Man ſtelle ſich vor A B C D ſey der Kaſten zu ei- nem Monochord, a b, c d, e f, g h ſeyen vier
[Abbildung]
gleich lange und gleich ſtark geſpannte Sayten; b b′, d d′, f f′, h h′, ſeyen die Taſten, vermittelſt deren die Sayten durch Federn, oder Haͤmerchen koͤnnen in Klang geſezt werden; i k und l m ſeyen Schieber, an den Enden k und m mit Staͤgen verſehen, ſo daß von dem Anſchlagen der Taſten d d′ und ff′, von der zweyten und dritten Sayte nur die Laͤngen k d und m f klingen; endlich ſey auch bey n genau auf der hal- ben Laͤnge der vierten Sayte, ein Staͤg geſezt, ſo daß nur die halbe Sayte n h klinge.
Um nun den Gebrauch eines ſolchen Monochords zu begreifen, iſt vor allen Dingen zu merken, daß die Toͤne ſolcher gleich diken und gleich geſpannten Sayten, um ſo viel hoͤher werden, als die Sayten in der Laͤnge abnehmen. Man ſeze, die Sayten a b, c d, e f und g h ſeyen alle im Uniſonus geſtimmt und geben den Ton an, der gemeiniglich mit dem Buchſtaben C bezeichnet wird. Wuͤrde man nun auf einer Sayte g h den Staͤg gerade auf der Haͤlfte der Sayte in n ſezen, ſo wuͤrde die halbe Sayte n h den Ton c, die Octave von C angeben; und wenn der Schieber l m ſo weit eingeſchoben wuͤrde, daß m f gerade ⅔ der ganzen Laͤnge der Sayte e f oder
a b
(*) S. Conſonanz.
C c c c c 3
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da ſollte auch die Modulation ſo durch den Ausdruk
beſtimmt werden, daß jeder einzele melodiſche Ge-
danken in dem Tone vorkaͤme, der ſich am beſten
fuͤr ihn ſchiket. Zaͤrtliche und ſchmerzhafte Melo-
dien, ſollten ſich nur in Molltoͤnen aufhalten; die
muntern dur Toͤne aber, die in der Modulation,
des Zuſammenhanges halber nothwendig muͤſſen be-
ruͤhrt werden, ſollten gleich wieder verlaſſen werden.
Es iſt einer der ſchweereſten Theile der Kunſt, in
der Modulation untadelhaft zu ſeyn. Deswegen
iſt zu bedauren, daß die, welche uͤber die Theorie
der Kunſt ſchreiben, ſich uͤber dieſen wichtigen Arti-
kel ſo wenig ausdaͤhnen, und genug gethan zu haben
glauben, wenn ſie zeigen, wie man mit guter Art
von dem Haupttone durch den ganzen Zirkel der
24 Toͤne herumwandeln, und am Ende wieder in
den erſten Ton einlenken ſolle. Die Duette von
Graun koͤnnen hieruͤber zu Muſtern dienen
Monochord.
(Muſik)
Ein Jnſtrument von einer einzigen Sayte mit einem
beweglichen Staͤg und mit Eintheilungen, wodurch
man ſehen kann, wie der Ton der Sayte nach Ver-
haͤltnis ihrer ab- oder zunehmenden Laͤnge hoͤher oder
tiefer wird. Die Alten nannten dieſe Sayte den
Canon. Man macht die Monochorde bisweilen von
drey oder vier Sayten, damit man nach genau ab-
gemeſſener Laͤnge jeder Sayte den Grundton mit
ſeiner vollen Harmonie auf dem Jnſtrument haben
koͤnne. Beſſern Klanges halber wird daſſelbe hol,
mit einem Reſonanzboden, und mit Taſten zum An-
ſchlagen der Sayten gemacht.
Wiewol in der Muſik das Gehoͤr in Abſicht auf
den Wolklang der einzige Richter iſt, auch vermuth-
lich alle alten und nenen Tonleitern und Tempera-
turen, in ſo fern die Jnſtrumente wuͤrklich danach
geſtimmt ſind, blos durch das Gehoͤr gefunden wor-
den; ſo muß ſich dadurch Niemand verfuͤhren laſſen
zu glauben, daß die mathematiſche Beſtimmung der
Jntervalle, die das Monochord an die Hand giebt,
etwas unnuͤzes ſey. Sie leitet nicht nur auf die
Entdekung der wahren Urſachen aller Harmonie, (*)
ſondern dienet auch noch zu verſchiedenen nuͤzlichen
Beobachtungen, wie wir bald zeigen werden; be-
ſonders wenn man ein Monochord hat, auf wel-
chem die Sayten durch Gewichter koͤnnen geſpannt
werden.
Man ſtelle ſich vor A B C D ſey der Kaſten zu ei-
nem Monochord, a b, c d, e f, g h ſeyen vier
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gleich lange und gleich ſtark geſpannte Sayten; b b′,
d d′, f f′, h h′, ſeyen die Taſten, vermittelſt deren
die Sayten durch Federn, oder Haͤmerchen koͤnnen
in Klang geſezt werden; i k und l m ſeyen Schieber,
an den Enden k und m mit Staͤgen verſehen, ſo daß
von dem Anſchlagen der Taſten d d′ und ff′, von der
zweyten und dritten Sayte nur die Laͤngen k d und
m f klingen; endlich ſey auch bey n genau auf der hal-
ben Laͤnge der vierten Sayte, ein Staͤg geſezt, ſo
daß nur die halbe Sayte n h klinge.
Um nun den Gebrauch eines ſolchen Monochords
zu begreifen, iſt vor allen Dingen zu merken, daß
die Toͤne ſolcher gleich diken und gleich geſpannten
Sayten, um ſo viel hoͤher werden, als die Sayten
in der Laͤnge abnehmen. Man ſeze, die Sayten
a b, c d, e f und g h ſeyen alle im Uniſonus geſtimmt
und geben den Ton an, der gemeiniglich mit dem
Buchſtaben C bezeichnet wird. Wuͤrde man nun
auf einer Sayte g h den Staͤg gerade auf der Haͤlfte
der Sayte in n ſezen, ſo wuͤrde die halbe Sayte n h
den Ton c, die Octave von C angeben; und wenn
der Schieber l m ſo weit eingeſchoben wuͤrde, daß
m f gerade ⅔ der ganzen Laͤnge der Sayte e f oder
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(*) S.
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Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774, S. 775[757]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie02_1774/192>, abgerufen am 31.10.2024.
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