Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.der vier Haupt-Leidenschafften. 30. Der Geldgeitz ist neidisch und un- 31. Auch hieraus ist zu sehen/ wenn die wol- 32. Wir haben oben angemerckt/ daß der 33. Siehe hier hastu überhaupt einen kur- zu L 5
der vier Haupt-Leidenſchafften. 30. Der Geldgeitz iſt neidiſch und un- 31. Auch hieraus iſt zu ſehen/ wenn die wol- 32. Wir haben oben angemerckt/ daß der 33. Siehe hier haſtu uͤberhaupt einen kur- zu L 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0181" n="169"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">der vier Haupt-Leidenſchafften.</hi> </fw><lb/> <p>30. Der <hi rendition="#fr">Geldgeitz</hi> iſt <hi rendition="#fr">neidiſch</hi> und <hi rendition="#fr">un-<lb/> barmhertzig/</hi> die <hi rendition="#fr">Wolluſt</hi> bemuͤhet ſich andern<lb/> faule <hi rendition="#fr">Wolluſt-Dienſte</hi> zu erweiſen/ der <hi rendition="#fr">Ehr-<lb/> geitz</hi> dienet andern in <hi rendition="#fr">Zorn</hi> und <hi rendition="#fr">Rachgier.</hi> Die<lb/><hi rendition="#fr">vernuͤnfftige Liebe freuet</hi> ſich uͤber anderer<lb/> Gluͤcke und iſt <hi rendition="#fr">dienſtfertig.</hi></p><lb/> <p>31. Auch hieraus iſt zu ſehen/ wenn die wol-<lb/> luͤſtige <hi rendition="#fr">Faulheit</hi> und Ehrgeitzige <hi rendition="#fr">Arbeitſamkeit/</hi><lb/> oder die Ehrgeitzige <hi rendition="#fr">Rachgierde</hi> und wolluͤſtige<lb/><hi rendition="#fr">Weichhertzigkeit</hi> gemiſcht werden/ daß ſie ei-<lb/> nen <hi rendition="#fr">Schein veꝛnuͤnfftiger Liebe</hi> bekom̃en koͤñen.</p><lb/> <p>32. Wir haben oben angemerckt/ daß der<lb/> Wille den Verſtand/ nicht aber der Verſtand<lb/> den Willen regieret; Alſo wollen wir auch die<lb/><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">alterationes</hi></hi> <hi rendition="#fr">des menſchlichen Verſtandes</hi> nach<lb/> denen vier Haupt-Leidenſchafften betrachten.<lb/> Der <hi rendition="#fr">Geldgeitz</hi> giebt ein <hi rendition="#fr">gut Gedaͤchtnuͤs</hi> ohne<lb/> guten <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">ingenio</hi></hi> und <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">judicio</hi></hi>; der Ehrgeitz ein gut <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Ju-<lb/> dicium</hi></hi> ohne guten <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Ingenio</hi></hi> und Gedaͤchtnuͤs/ die<lb/><hi rendition="#fr">Wolluſt</hi> ein <hi rendition="#fr">gut</hi> <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">ingenium</hi></hi> ohne guten <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">judicio</hi></hi> und<lb/> Gedaͤchtnis. <hi rendition="#fr">Veꝛnuͤnfftige Liebe</hi> beſizt alles drey-<lb/> es in gehoͤriger maſſe/ und die <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">mixtur</hi></hi> <hi rendition="#fr">des Ehr-<lb/> geitzes und Wolluſt</hi> giebt wiedeꝛ ein ſchoͤnes An-<lb/> fehen. Denn wo <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">ingenium</hi></hi> und <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">judicium</hi></hi> ſind/ kan<lb/> man endlichdas Gedaͤchtnuͤs zur Noth entbehren.</p><lb/> <p>33. Siehe hier haſtu uͤberhaupt einen kur-<lb/> tzen Begrieff der vornehmſten Lehren von denen<lb/> Gemuͤhts-Neigungen/ und weñ du ſelbige gruͤnd-<lb/> lich verſteheſt/ haſtu <hi rendition="#fr">den Schluͤffel</hi> zu der <hi rendition="#fr">Er-<lb/> kaͤntnuͤs dein ſelbſt und anderer Menſchen.</hi><lb/> Wir wollen uns befleißigen ſolches in folgenden<lb/> <fw place="bottom" type="sig">L 5</fw><fw place="bottom" type="catch">zu</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [169/0181]
der vier Haupt-Leidenſchafften.
30. Der Geldgeitz iſt neidiſch und un-
barmhertzig/ die Wolluſt bemuͤhet ſich andern
faule Wolluſt-Dienſte zu erweiſen/ der Ehr-
geitz dienet andern in Zorn und Rachgier. Die
vernuͤnfftige Liebe freuet ſich uͤber anderer
Gluͤcke und iſt dienſtfertig.
31. Auch hieraus iſt zu ſehen/ wenn die wol-
luͤſtige Faulheit und Ehrgeitzige Arbeitſamkeit/
oder die Ehrgeitzige Rachgierde und wolluͤſtige
Weichhertzigkeit gemiſcht werden/ daß ſie ei-
nen Schein veꝛnuͤnfftiger Liebe bekom̃en koͤñen.
32. Wir haben oben angemerckt/ daß der
Wille den Verſtand/ nicht aber der Verſtand
den Willen regieret; Alſo wollen wir auch die
alterationes des menſchlichen Verſtandes nach
denen vier Haupt-Leidenſchafften betrachten.
Der Geldgeitz giebt ein gut Gedaͤchtnuͤs ohne
guten ingenio und judicio; der Ehrgeitz ein gut Ju-
dicium ohne guten Ingenio und Gedaͤchtnuͤs/ die
Wolluſt ein gut ingenium ohne guten judicio und
Gedaͤchtnis. Veꝛnuͤnfftige Liebe beſizt alles drey-
es in gehoͤriger maſſe/ und die mixtur des Ehr-
geitzes und Wolluſt giebt wiedeꝛ ein ſchoͤnes An-
fehen. Denn wo ingenium und judicium ſind/ kan
man endlichdas Gedaͤchtnuͤs zur Noth entbehren.
33. Siehe hier haſtu uͤberhaupt einen kur-
tzen Begrieff der vornehmſten Lehren von denen
Gemuͤhts-Neigungen/ und weñ du ſelbige gruͤnd-
lich verſteheſt/ haſtu den Schluͤffel zu der Er-
kaͤntnuͤs dein ſelbſt und anderer Menſchen.
Wir wollen uns befleißigen ſolches in folgenden
zu
L 5
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/181>, abgerufen am 18.06.2024. |