Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.Unterthänigste Mahler-Kunst nur fünff Haupt-Farben seyn/Weiß/ Gelb/ Roth/ Blau und Schwartz/ aus derer Vermischung alle die andern Far- ben entstehen/ die wegen den unzehlichen Grade der Vermischung auch unzehlich sind; Also entstehen auch aus denen unterschiedenen Graden der Vermischung derer vier Haupt- Gemüths-Neigungen unzehliche Tempera- mente, die ein Mensch/ der die Welt recht kennen/ und seine Politique recht verstehen wil/ nothwendig begreiffen muß/ wenn er anders die Gemüther recht erforschen/ und die Capa- cität der Menschen erlernen wil. Denn bald findet man einen Menschen der viel Wollust besitzet/ die mit der Ehrgierde nach Gele- genheit derer Individuorum bald in einem wenigen/ bald in einem höhern Grad vermischt/ ist. Bald findet man einen Ehrgierigen/ beydeme man eine merckliche Vermischung entweder der Wollust oder der Geldgierde antrifft. Die Geldgierde und Wollust las- sen sich am unförmlichsten zusammen vermi- schen/ und wo man ja dieselben/ welches doch sehr selten geschicht/ in einem hohen Grad beysammen antrifft/ so entstehet alsdenn ein solch
Unterthaͤnigſte Mahler-Kunſt nur fuͤnff Haupt-Farben ſeyn/Weiß/ Gelb/ Roth/ Blau und Schwartz/ aus derer Vermiſchung alle die andern Far- ben entſtehen/ die wegen den unzehlichen Grade der Vermiſchung auch unzehlich ſind; Alſo entſtehen auch aus denen unterſchiedenen Graden der Vermiſchung derer vier Haupt- Gemuͤths-Neigungen unzehliche Tempera- mente, die ein Menſch/ der die Welt recht kennen/ und ſeine Politique recht veꝛſtehen wil/ nothwendig begreiffen muß/ wenn er anders die Gemuͤther recht erforſchen/ und die Capa- citaͤt der Menſchen erlernen wil. Denn bald findet man einen Menſchen der viel Wolluſt beſitzet/ die mit der Ehrgierde nach Gele- genheit derer Individuorum bald in einem wenigen/ bald in einem hoͤhern Gꝛad vermiſcht/ iſt. Bald findet man einen Ehrgierigen/ beydeme man eine merckliche Vermiſchung entweder der Wolluſt oder der Geldgierde antrifft. Die Geldgierde und Wolluſt laſ- ſen ſich am unfoͤrmlichſten zuſammen vermi- ſchen/ und wo man ja dieſelben/ welches doch ſehr ſelten geſchicht/ in einem hohen Grad beyſammen antrifft/ ſo entſtehet alsdenn ein ſolch
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Unterthaͤnigſte
Mahler-Kunſt nur fuͤnff Haupt-Farben ſeyn/
Weiß/ Gelb/ Roth/ Blau und Schwartz/
aus derer Vermiſchung alle die andern Far-
ben entſtehen/ die wegen den unzehlichen
Grade der Vermiſchung auch unzehlich ſind;
Alſo entſtehen auch aus denen unterſchiedenen
Graden der Vermiſchung derer vier Haupt-
Gemuͤths-Neigungen unzehliche Tempera-
mente, die ein Menſch/ der die Welt recht
kennen/ und ſeine Politique recht veꝛſtehen wil/
nothwendig begreiffen muß/ wenn er anders
die Gemuͤther recht erforſchen/ und die Capa-
citaͤt der Menſchen erlernen wil. Denn bald
findet man einen Menſchen der viel Wolluſt
beſitzet/ die mit der Ehrgierde nach Gele-
genheit derer Individuorum bald in einem
wenigen/ bald in einem hoͤhern Gꝛad vermiſcht/
iſt. Bald findet man einen Ehrgierigen/
beydeme man eine merckliche Vermiſchung
entweder der Wolluſt oder der Geldgierde
antrifft. Die Geldgierde und Wolluſt laſ-
ſen ſich am unfoͤrmlichſten zuſammen vermi-
ſchen/ und wo man ja dieſelben/ welches doch
ſehr ſelten geſchicht/ in einem hohen Grad
beyſammen antrifft/ ſo entſtehet alsdenn ein
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