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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

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schen Volcks und Verweisung auf das eintzige Verdienst Christi beym Absterben.ist hingegen bey ihnen nichts ungewöhnliches, sondern auch von unsern Theologis vielfältig angemerckt worden, daß sie, wenn es zum Sterben kömmt, die ihrigen eintzig und allein auf das Verdienst unsers Heylandes JEsu Christi, als welches der Grund und Eckstein unsers Christlichen Glaubens ist, zu verweisen, und daß sie darauf sterben sollen, zu vermahnen pflegen. Wiewohl sie auch zuweilen in ihren Schrifften selbst die Leute auf das Verdienst Christi zu verweisen pflegen, worvon ein schöner locus aus einen Catholischen Regismundo Grim beym Dedekenno in Consiliis Titul. I. Sect. 3. n. 12. f. 71. angeführet ist.

Es mag ein Catholischer Christ von diesen Neben-Artickeln wohl eine andre Meinung im Hertzen hegen.

X. Zum wenigsten ist es einen Catholischen Christen nie verwehret, daß wenn er nur obige Grund-Artickel, die die Catholischen mit uns gemein haben, aufrichtig glaubet, er wegen der andern Neben-Artickel in seinen Hertzen eine Meinung führen könne, wie er wolle. Und weil ein Leye mit seiner eigenen Seeligkeit genung zu thun hat, und sich um andere zu bekümmern nicht nöthig findet; als darf er sich eben kein Gewissen drüber machen, wenn er mit diesen seinen Meinungen in der Stille bleiben muß, und sich grosser Gefahr zu besorgen hat, wenn er in einen unzeitigen Eyffer, andre zu bekehren, dazu er doch nicht beruffen ist, die andern in ihren Glauben irre machen wolte.

In dem Artickel von Abendmahl sind die Catholischen mit denen Lutherische in Grunde einig, und betrifft der Streit nur einen Reben-Artickel.

XI. Die Auslegung der Worte Christi bey Einsetzung des Heil. Abendmahls belangende, so glauben die Catholischen mit uns, daß der Gebrauch des heiligen Nachtmahls zu Vergebung unserer Sünden und zur Stärckung in wahren Glauben nöthig sey, und daß wir in demselben den wahren Leib und das wahre Blut JEsu Christi mündlich geniessen, welches abermahls der Grund des Christlichen Glaubens in diesen Artickul ist. Die Art und Weise, wie solches geschehe und zugehe, ist nach aller Christen Geständnüß ein Geheimnüß, das die Vernunfft zu begreiffen nicht fähig ist. Und wenn dannenhero die Catholischen lehren, es sey das Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi wesentlich verwandelt, die unserigen aber in Gegentheile mit bessern Grunde behaupten, daß das Brot und Wein nicht verwandelt sey, sondern daß wir, in, mit und unter dem Brot und Wein den wahren Leib und Blut mündlich geniessen, ist es offenbahr, daß sodann der Streit, so zwischen beyden Religionen ist, zu denen Neben-Artickuln gerechnet werden müsse, wegen welcher eine Parthey die andre, sonderlich die einfältige, zu verdammen keine Ursach hat.

Welches auch aus der, bey den

XII. Dieser Satz wird dadurch noch deutlicher behauptet, daß beyderseits Lehrer darinnen einig sind, es mache der Glaube von der Art u. Weise, wie es im Abendmahl zugehe, für sich keinen Menschen seelig, sondern

schen Volcks und Verweisung auf das eintzige Verdienst Christi beym Absterben.ist hingegen bey ihnen nichts ungewöhnliches, sondern auch von unsern Theologis vielfältig angemerckt worden, daß sie, wenn es zum Sterben kömmt, die ihrigen eintzig und allein auf das Verdienst unsers Heylandes JEsu Christi, als welches der Grund und Eckstein unsers Christlichen Glaubens ist, zu verweisen, und daß sie darauf sterben sollen, zu vermahnen pflegen. Wiewohl sie auch zuweilen in ihren Schrifften selbst die Leute auf das Verdienst Christi zu verweisen pflegen, worvon ein schöner locus aus einen Catholischen Regismundo Grim beym Dedekenno in Consiliis Titul. I. Sect. 3. n. 12. f. 71. angeführet ist.

Es mag ein Catholischer Christ von diesen Neben-Artickeln wohl eine andre Meinung im Hertzen hegen.

X. Zum wenigsten ist es einen Catholischen Christen nie verwehret, daß wenn er nur obige Grund-Artickel, die die Catholischen mit uns gemein haben, aufrichtig glaubet, er wegen der andern Neben-Artickel in seinen Hertzen eine Meinung führen könne, wie er wolle. Und weil ein Leye mit seiner eigenen Seeligkeit genung zu thun hat, und sich um andere zu bekümmern nicht nöthig findet; als darf er sich eben kein Gewissen drüber machen, wenn er mit diesen seinen Meinungen in der Stille bleiben muß, und sich grosser Gefahr zu besorgen hat, wenn er in einen unzeitigen Eyffer, andre zu bekehren, dazu er doch nicht beruffen ist, die andern in ihren Glauben irre machen wolte.

In dem Artickel von Abendmahl sind die Catholischen mit denen Lutherische in Grunde einig, und betrifft der Streit nur einen Reben-Artickel.

XI. Die Auslegung der Worte Christi bey Einsetzung des Heil. Abendmahls belangende, so glauben die Catholischen mit uns, daß der Gebrauch des heiligen Nachtmahls zu Vergebung unserer Sünden und zur Stärckung in wahren Glauben nöthig sey, und daß wir in demselben den wahren Leib und das wahre Blut JEsu Christi mündlich geniessen, welches abermahls der Grund des Christlichen Glaubens in diesen Artickul ist. Die Art und Weise, wie solches geschehe und zugehe, ist nach aller Christen Geständnüß ein Geheimnüß, das die Vernunfft zu begreiffen nicht fähig ist. Und wenn dannenhero die Catholischen lehren, es sey das Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi wesentlich verwandelt, die unserigen aber in Gegentheile mit bessern Grunde behaupten, daß das Brot und Wein nicht verwandelt sey, sondern daß wir, in, mit und unter dem Brot und Wein den wahren Leib und Blut mündlich geniessen, ist es offenbahr, daß sodann der Streit, so zwischen beyden Religionen ist, zu denen Neben-Artickuln gerechnet werden müsse, wegen welcher eine Parthey die andre, sonderlich die einfältige, zu verdammen keine Ursach hat.

Welches auch aus der, bey den

XII. Dieser Satz wird dadurch noch deutlicher behauptet, daß beyderseits Lehrer darinnen einig sind, es mache der Glaube von der Art u. Weise, wie es im Abendmahl zugehe, für sich keinẽ Menschen seelig, sondern

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[8/0016] ist hingegen bey ihnen nichts ungewöhnliches, sondern auch von unsern Theologis vielfältig angemerckt worden, daß sie, wenn es zum Sterben kömmt, die ihrigen eintzig und allein auf das Verdienst unsers Heylandes JEsu Christi, als welches der Grund und Eckstein unsers Christlichen Glaubens ist, zu verweisen, und daß sie darauf sterben sollen, zu vermahnen pflegen. Wiewohl sie auch zuweilen in ihren Schrifften selbst die Leute auf das Verdienst Christi zu verweisen pflegen, worvon ein schöner locus aus einen Catholischen Regismundo Grim beym Dedekenno in Consiliis Titul. I. Sect. 3. n. 12. f. 71. angeführet ist. schen Volcks und Verweisung auf das eintzige Verdienst Christi beym Absterben. X. Zum wenigsten ist es einen Catholischen Christen nie verwehret, daß wenn er nur obige Grund-Artickel, die die Catholischen mit uns gemein haben, aufrichtig glaubet, er wegen der andern Neben-Artickel in seinen Hertzen eine Meinung führen könne, wie er wolle. Und weil ein Leye mit seiner eigenen Seeligkeit genung zu thun hat, und sich um andere zu bekümmern nicht nöthig findet; als darf er sich eben kein Gewissen drüber machen, wenn er mit diesen seinen Meinungen in der Stille bleiben muß, und sich grosser Gefahr zu besorgen hat, wenn er in einen unzeitigen Eyffer, andre zu bekehren, dazu er doch nicht beruffen ist, die andern in ihren Glauben irre machen wolte. XI. Die Auslegung der Worte Christi bey Einsetzung des Heil. Abendmahls belangende, so glauben die Catholischen mit uns, daß der Gebrauch des heiligen Nachtmahls zu Vergebung unserer Sünden und zur Stärckung in wahren Glauben nöthig sey, und daß wir in demselben den wahren Leib und das wahre Blut JEsu Christi mündlich geniessen, welches abermahls der Grund des Christlichen Glaubens in diesen Artickul ist. Die Art und Weise, wie solches geschehe und zugehe, ist nach aller Christen Geständnüß ein Geheimnüß, das die Vernunfft zu begreiffen nicht fähig ist. Und wenn dannenhero die Catholischen lehren, es sey das Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi wesentlich verwandelt, die unserigen aber in Gegentheile mit bessern Grunde behaupten, daß das Brot und Wein nicht verwandelt sey, sondern daß wir, in, mit und unter dem Brot und Wein den wahren Leib und Blut mündlich geniessen, ist es offenbahr, daß sodann der Streit, so zwischen beyden Religionen ist, zu denen Neben-Artickuln gerechnet werden müsse, wegen welcher eine Parthey die andre, sonderlich die einfältige, zu verdammen keine Ursach hat. XII. Dieser Satz wird dadurch noch deutlicher behauptet, daß beyderseits Lehrer darinnen einig sind, es mache der Glaube von der Art u. Weise, wie es im Abendmahl zugehe, für sich keinẽ Menschen seelig, sondern

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/16>, abgerufen am 10.11.2024.