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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796.

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gen, noch nicht ganz glücklich zu seyn, ist es,
was mir meine Lage verbittert: die Armselig-
keit, nicht irgend einen Schluß recht lebhaft zu
fassen, und ungestört nach ihm zu handeln.

Sie haben nie ein Wesen, wie diese Rosa-
line, gekannt, und Sie kennen daher auch die
schönste Blüthe des Vergnügens nicht. Sie soll-
ten sie sehn, wie sie mir entgegen läuft, und
denn wieder stille steht, und plötzlich thut, als
habe sie nur irgend einen Gegenstand gesucht;
die List, die sie bey aller frommen Unschuld
hat, und die jedem Mädchen mit auf die Welt
gegeben wird, und die, wenn ich so sagen darf,
die Unschuldigen noch unschuldiger macht. Die
Mutter schlief neulich in ihrem Lehnstuhle, und
ich küßte sie, indem sie neben mir saß; von
ohngefähr schallte der Kuß etwas stärker, und
die Mutter wachte auf; in demselben Augen-
blicke aber hatte sie ihren kleinen Hund schon
ein wenig gezwickt, so daß er schreien mußte,
und die Mutter keinen Argwohn schöpfte.

Ich erhitze sie oft lebhaft durch boshaft ge-
schlungene Umarmungen und wollüstige Küsse,
die sie erwiedert, ohne zu wissen, was sie thut.
Sie preßt sich denn ängstlich an meine Brust,

gen, noch nicht ganz gluͤcklich zu ſeyn, iſt es,
was mir meine Lage verbittert: die Armſelig-
keit, nicht irgend einen Schluß recht lebhaft zu
faſſen, und ungeſtoͤrt nach ihm zu handeln.

Sie haben nie ein Weſen, wie dieſe Roſa-
line, gekannt, und Sie kennen daher auch die
ſchoͤnſte Bluͤthe des Vergnuͤgens nicht. Sie ſoll-
ten ſie ſehn, wie ſie mir entgegen laͤuft, und
denn wieder ſtille ſteht, und ploͤtzlich thut, als
habe ſie nur irgend einen Gegenſtand geſucht;
die Liſt, die ſie bey aller frommen Unſchuld
hat, und die jedem Maͤdchen mit auf die Welt
gegeben wird, und die, wenn ich ſo ſagen darf,
die Unſchuldigen noch unſchuldiger macht. Die
Mutter ſchlief neulich in ihrem Lehnſtuhle, und
ich kuͤßte ſie, indem ſie neben mir ſaß; von
ohngefaͤhr ſchallte der Kuß etwas ſtaͤrker, und
die Mutter wachte auf; in demſelben Augen-
blicke aber hatte ſie ihren kleinen Hund ſchon
ein wenig gezwickt, ſo daß er ſchreien mußte,
und die Mutter keinen Argwohn ſchoͤpfte.

Ich erhitze ſie oft lebhaft durch boshaft ge-
ſchlungene Umarmungen und wolluͤſtige Kuͤſſe,
die ſie erwiedert, ohne zu wiſſen, was ſie thut.
Sie preßt ſich denn aͤngſtlich an meine Bruſt,

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[157/0163] gen, noch nicht ganz gluͤcklich zu ſeyn, iſt es, was mir meine Lage verbittert: die Armſelig- keit, nicht irgend einen Schluß recht lebhaft zu faſſen, und ungeſtoͤrt nach ihm zu handeln. Sie haben nie ein Weſen, wie dieſe Roſa- line, gekannt, und Sie kennen daher auch die ſchoͤnſte Bluͤthe des Vergnuͤgens nicht. Sie ſoll- ten ſie ſehn, wie ſie mir entgegen laͤuft, und denn wieder ſtille ſteht, und ploͤtzlich thut, als habe ſie nur irgend einen Gegenſtand geſucht; die Liſt, die ſie bey aller frommen Unſchuld hat, und die jedem Maͤdchen mit auf die Welt gegeben wird, und die, wenn ich ſo ſagen darf, die Unſchuldigen noch unſchuldiger macht. Die Mutter ſchlief neulich in ihrem Lehnſtuhle, und ich kuͤßte ſie, indem ſie neben mir ſaß; von ohngefaͤhr ſchallte der Kuß etwas ſtaͤrker, und die Mutter wachte auf; in demſelben Augen- blicke aber hatte ſie ihren kleinen Hund ſchon ein wenig gezwickt, ſo daß er ſchreien mußte, und die Mutter keinen Argwohn ſchoͤpfte. Ich erhitze ſie oft lebhaft durch boshaft ge- ſchlungene Umarmungen und wolluͤſtige Kuͤſſe, die ſie erwiedert, ohne zu wiſſen, was ſie thut. Sie preßt ſich denn aͤngſtlich an meine Bruſt,

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/163>, abgerufen am 31.10.2024.