Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.Zweite Abtheilung. nehmen. Hängt euch, je früher, je besser, das istmein Rath. Ich schäme mich vor allen Menschen, daß ich mich mit Euch abgegeben habe. Fortunat. Da Ihr so grob und gemein seyd, so wißt, daß ich Euch auch nicht brauche; vergeß' ich denn ganz das Wesen, das mich auf dieser Welt am meisten liebt? Hier stehn wir gerade vor ihrem Hause. Sie wird sich meiner annehmen, sie wird für mich thun, was ich für sie gethan habe. (pocht an.) Drinnen. Wer ist da? Fortunat. Dein Fortunat, Deine Seele; mach auf, mein Herz, mein Engel. Betty. öffnet das Fenster. So spät und so uner- wartet, mein Geliebtester? Komm herein! Bringst Du mir den Perlenschmuck, den Du mir ver- sprachst? Gieb mir einen Kuß, Du trauter Her- zensjunge. Fortunat. Ach, Betty, liebst Du mich denn wirklich? Willst Du es mir beweisen? Betty. Fordre mein Leben, mein Blut, Du meine Seele. Fortunat. Ich bin ganz verarmt, leih mir, gieb mir zurück die dreißig Pfund, die ich Dir vorgestern gab, oder nur zehn, nur fünf, um mei- ner dringendsten Noth für's erste abzuhelfen. Betty. Anne! Anne! komm' doch mal her! Anne. (am Fenster) Was giebt's denn? Betty. Sieh doch einmal da draus den rup- pigen, schäbigen Schuft an, der wie ein hungriger Wehrwolf da vor mir steht, und mich um zehn, oder Zweite Abtheilung. nehmen. Haͤngt euch, je fruͤher, je beſſer, das iſtmein Rath. Ich ſchaͤme mich vor allen Menſchen, daß ich mich mit Euch abgegeben habe. Fortunat. Da Ihr ſo grob und gemein ſeyd, ſo wißt, daß ich Euch auch nicht brauche; vergeß' ich denn ganz das Weſen, das mich auf dieſer Welt am meiſten liebt? Hier ſtehn wir gerade vor ihrem Hauſe. Sie wird ſich meiner annehmen, ſie wird fuͤr mich thun, was ich fuͤr ſie gethan habe. (pocht an.) Drinnen. Wer iſt da? Fortunat. Dein Fortunat, Deine Seele; mach auf, mein Herz, mein Engel. Betty. oͤffnet das Fenſter. So ſpaͤt und ſo uner- wartet, mein Geliebteſter? Komm herein! Bringſt Du mir den Perlenſchmuck, den Du mir ver- ſprachſt? Gieb mir einen Kuß, Du trauter Her- zensjunge. Fortunat. Ach, Betty, liebſt Du mich denn wirklich? Willſt Du es mir beweiſen? Betty. Fordre mein Leben, mein Blut, Du meine Seele. Fortunat. Ich bin ganz verarmt, leih mir, gieb mir zuruͤck die dreißig Pfund, die ich Dir vorgeſtern gab, oder nur zehn, nur fuͤnf, um mei- ner dringendſten Noth fuͤr's erſte abzuhelfen. Betty. Anne! Anne! komm' doch mal her! Anne. (am Fenſter) Was giebt's denn? Betty. Sieh doch einmal da draus den rup- pigen, ſchaͤbigen Schuft an, der wie ein hungriger Wehrwolf da vor mir ſteht, und mich um zehn, oder <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <sp who="#Walther"> <p><pb facs="#f0086" n="76"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweite Abtheilung</hi>.</fw><lb/> nehmen. Haͤngt euch, je fruͤher, je beſſer, das iſt<lb/> mein Rath. Ich ſchaͤme mich vor allen Menſchen,<lb/> daß ich mich mit Euch abgegeben habe.</p> </sp><lb/> <sp who="#FORT"> <speaker><hi rendition="#g">Fortunat</hi>.</speaker> <p>Da Ihr ſo grob und gemein ſeyd,<lb/> ſo wißt, daß ich Euch auch nicht brauche; vergeß'<lb/> ich denn ganz das Weſen, das mich auf dieſer<lb/> Welt am meiſten liebt? Hier ſtehn wir gerade vor<lb/> ihrem Hauſe. Sie wird ſich meiner annehmen,<lb/> ſie wird fuͤr mich thun, was ich fuͤr ſie gethan<lb/> habe.</p> <stage>(pocht an.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#Drinnen"> <speaker><hi rendition="#g">Drinnen</hi>.</speaker> <p>Wer iſt da?</p> </sp><lb/> <sp who="#FORT"> <speaker><hi rendition="#g">Fortunat</hi>.</speaker> <p>Dein Fortunat, Deine Seele;<lb/> mach auf, mein Herz, mein Engel.</p> </sp><lb/> <sp who="#Betty"> <speaker><hi rendition="#g">Betty</hi>.</speaker> <stage>oͤffnet das Fenſter.</stage> <p>So ſpaͤt und ſo uner-<lb/> wartet, mein Geliebteſter? Komm herein! Bringſt<lb/> Du mir den Perlenſchmuck, den Du mir ver-<lb/> ſprachſt? Gieb mir einen Kuß, Du trauter Her-<lb/> zensjunge.</p> </sp><lb/> <sp who="#FORT"> <speaker><hi rendition="#g">Fortunat</hi>.</speaker> <p>Ach, Betty, liebſt Du mich denn<lb/> wirklich? Willſt Du es mir beweiſen?</p> </sp><lb/> <sp who="#Betty"> <speaker><hi rendition="#g">Betty</hi>.</speaker> <p>Fordre mein Leben, mein Blut, Du<lb/> meine Seele.</p> </sp><lb/> <sp who="#FORT"> <speaker><hi rendition="#g">Fortunat</hi>.</speaker> <p>Ich bin ganz verarmt, leih mir,<lb/> gieb mir zuruͤck die dreißig Pfund, die ich Dir<lb/> vorgeſtern gab, oder nur zehn, nur fuͤnf, um mei-<lb/> ner dringendſten Noth fuͤr's erſte abzuhelfen.</p> </sp><lb/> <sp who="#Betty"> <speaker><hi rendition="#g">Betty</hi>.</speaker> <p>Anne! Anne! komm' doch mal her!</p> </sp><lb/> <sp who="#Anne"> <speaker><hi rendition="#g">Anne</hi>.</speaker> <stage>(am Fenſter)</stage> <p>Was giebt's denn?</p> </sp><lb/> <sp who="#Betty"> <speaker><hi rendition="#g">Betty</hi>.</speaker> <p>Sieh doch einmal da draus den rup-<lb/> pigen, ſchaͤbigen Schuft an, der wie ein hungriger<lb/> Wehrwolf da vor mir ſteht, und mich um zehn, oder<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [76/0086]
Zweite Abtheilung.
nehmen. Haͤngt euch, je fruͤher, je beſſer, das iſt
mein Rath. Ich ſchaͤme mich vor allen Menſchen,
daß ich mich mit Euch abgegeben habe.
Fortunat. Da Ihr ſo grob und gemein ſeyd,
ſo wißt, daß ich Euch auch nicht brauche; vergeß'
ich denn ganz das Weſen, das mich auf dieſer
Welt am meiſten liebt? Hier ſtehn wir gerade vor
ihrem Hauſe. Sie wird ſich meiner annehmen,
ſie wird fuͤr mich thun, was ich fuͤr ſie gethan
habe. (pocht an.)
Drinnen. Wer iſt da?
Fortunat. Dein Fortunat, Deine Seele;
mach auf, mein Herz, mein Engel.
Betty. oͤffnet das Fenſter. So ſpaͤt und ſo uner-
wartet, mein Geliebteſter? Komm herein! Bringſt
Du mir den Perlenſchmuck, den Du mir ver-
ſprachſt? Gieb mir einen Kuß, Du trauter Her-
zensjunge.
Fortunat. Ach, Betty, liebſt Du mich denn
wirklich? Willſt Du es mir beweiſen?
Betty. Fordre mein Leben, mein Blut, Du
meine Seele.
Fortunat. Ich bin ganz verarmt, leih mir,
gieb mir zuruͤck die dreißig Pfund, die ich Dir
vorgeſtern gab, oder nur zehn, nur fuͤnf, um mei-
ner dringendſten Noth fuͤr's erſte abzuhelfen.
Betty. Anne! Anne! komm' doch mal her!
Anne. (am Fenſter) Was giebt's denn?
Betty. Sieh doch einmal da draus den rup-
pigen, ſchaͤbigen Schuft an, der wie ein hungriger
Wehrwolf da vor mir ſteht, und mich um zehn, oder
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/86 |
Zitationshilfe: | Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/86>, abgerufen am 17.06.2024. |