Stoffe in der Folge sogleich erfassen konnte. Allein diese Eingeweihten und Entschlossenen waren verhältni߬ mäßig doch immer nur eine kleine Schaar aus den Tausenden von Offizieren, die durch Zertrümmerung des preußischen Heeres dienstlos in die Welt versprengt waren. Die wenigen Truppen, welche Preußen nach dem Frieden von Tilsit in seinen Umständen noch be¬ halten konnte, bedurften nicht des zehnten Theils der ehemaligen Offiziere, und waren für den Augenblick sogar überfüllt. Die große Menge mußte sich andre Auswege suchen, und es fehlte nicht an merkwürdigen Beispielen, was alles aus einem preußischen Offizier werden könne! Die meisten jedoch wollten oder mußten bei dem gewohnten Handwerke bleiben, und wenn auch die Schande, noch während des Krieges ohne Abschied als Meineidige in die Reihen des Feindes übergetreten zu sein, im Ganzen nur auf denjenigen ruhte, die das von dem Fürsten von Ysenburg für den Dienst Napo¬ leon's aus preußischen Kriegsgefangenen errichtete Re¬ giment bilden halfen, so war doch jetzt, nach geschlosse¬ nem Frieden, der Drang allgemein, wo nicht unter feindlichen, doch unter fremden Fahnen ein Unterkommen zu suchen. Geburt und Verhältnisse, seltener freie Wahl, führten eine beträchtliche Anzahl in den Dienst des neu¬ gegründeten Königreichs Westphalen; andre fanden An¬ stellung im Großherzogthum Berg, im Königreich Sachsen, im Herzogthum Warschau; die süddeutschen
3*
Stoffe in der Folge ſogleich erfaſſen konnte. Allein dieſe Eingeweihten und Entſchloſſenen waren verhaͤltni߬ maͤßig doch immer nur eine kleine Schaar aus den Tauſenden von Offizieren, die durch Zertruͤmmerung des preußiſchen Heeres dienſtlos in die Welt verſprengt waren. Die wenigen Truppen, welche Preußen nach dem Frieden von Tilſit in ſeinen Umſtaͤnden noch be¬ halten konnte, bedurften nicht des zehnten Theils der ehemaligen Offiziere, und waren fuͤr den Augenblick ſogar uͤberfuͤllt. Die große Menge mußte ſich andre Auswege ſuchen, und es fehlte nicht an merkwuͤrdigen Beiſpielen, was alles aus einem preußiſchen Offizier werden koͤnne! Die meiſten jedoch wollten oder mußten bei dem gewohnten Handwerke bleiben, und wenn auch die Schande, noch waͤhrend des Krieges ohne Abſchied als Meineidige in die Reihen des Feindes uͤbergetreten zu ſein, im Ganzen nur auf denjenigen ruhte, die das von dem Fuͤrſten von Yſenburg fuͤr den Dienſt Napo¬ leon's aus preußiſchen Kriegsgefangenen errichtete Re¬ giment bilden halfen, ſo war doch jetzt, nach geſchloſſe¬ nem Frieden, der Drang allgemein, wo nicht unter feindlichen, doch unter fremden Fahnen ein Unterkommen zu ſuchen. Geburt und Verhaͤltniſſe, ſeltener freie Wahl, fuͤhrten eine betraͤchtliche Anzahl in den Dienſt des neu¬ gegruͤndeten Koͤnigreichs Weſtphalen; andre fanden An¬ ſtellung im Großherzogthum Berg, im Koͤnigreich Sachſen, im Herzogthum Warſchau; die ſuͤddeutſchen
3*
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0047"n="35"/>
Stoffe in der Folge ſogleich erfaſſen konnte. Allein<lb/>
dieſe Eingeweihten und Entſchloſſenen waren verhaͤltni߬<lb/>
maͤßig doch immer nur eine kleine Schaar aus den<lb/>
Tauſenden von Offizieren, die durch Zertruͤmmerung des<lb/>
preußiſchen Heeres dienſtlos in die Welt verſprengt<lb/>
waren. Die wenigen Truppen, welche Preußen nach<lb/>
dem Frieden von Tilſit in ſeinen Umſtaͤnden noch be¬<lb/>
halten konnte, bedurften nicht des zehnten Theils der<lb/>
ehemaligen Offiziere, und waren fuͤr den Augenblick<lb/>ſogar uͤberfuͤllt. Die große Menge mußte ſich andre<lb/>
Auswege ſuchen, und es fehlte nicht an merkwuͤrdigen<lb/>
Beiſpielen, was alles aus einem preußiſchen Offizier<lb/>
werden koͤnne! Die meiſten jedoch wollten oder mußten<lb/>
bei dem gewohnten Handwerke bleiben, und wenn auch<lb/>
die Schande, noch waͤhrend des Krieges ohne Abſchied<lb/>
als Meineidige in die Reihen des Feindes uͤbergetreten<lb/>
zu ſein, im Ganzen nur auf denjenigen ruhte, die das<lb/>
von dem Fuͤrſten von Yſenburg fuͤr den Dienſt Napo¬<lb/>
leon's aus preußiſchen Kriegsgefangenen errichtete Re¬<lb/>
giment bilden halfen, ſo war doch jetzt, nach geſchloſſe¬<lb/>
nem Frieden, der Drang allgemein, wo nicht unter<lb/>
feindlichen, doch unter fremden Fahnen ein Unterkommen<lb/>
zu ſuchen. Geburt und Verhaͤltniſſe, ſeltener freie Wahl,<lb/>
fuͤhrten eine betraͤchtliche Anzahl in den Dienſt des neu¬<lb/>
gegruͤndeten Koͤnigreichs Weſtphalen; andre fanden An¬<lb/>ſtellung im Großherzogthum Berg, im Koͤnigreich<lb/>
Sachſen, im Herzogthum Warſchau; die ſuͤddeutſchen<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#b">3</hi>*<lb/></fw></p></div></div></body></text></TEI>
[35/0047]
Stoffe in der Folge ſogleich erfaſſen konnte. Allein
dieſe Eingeweihten und Entſchloſſenen waren verhaͤltni߬
maͤßig doch immer nur eine kleine Schaar aus den
Tauſenden von Offizieren, die durch Zertruͤmmerung des
preußiſchen Heeres dienſtlos in die Welt verſprengt
waren. Die wenigen Truppen, welche Preußen nach
dem Frieden von Tilſit in ſeinen Umſtaͤnden noch be¬
halten konnte, bedurften nicht des zehnten Theils der
ehemaligen Offiziere, und waren fuͤr den Augenblick
ſogar uͤberfuͤllt. Die große Menge mußte ſich andre
Auswege ſuchen, und es fehlte nicht an merkwuͤrdigen
Beiſpielen, was alles aus einem preußiſchen Offizier
werden koͤnne! Die meiſten jedoch wollten oder mußten
bei dem gewohnten Handwerke bleiben, und wenn auch
die Schande, noch waͤhrend des Krieges ohne Abſchied
als Meineidige in die Reihen des Feindes uͤbergetreten
zu ſein, im Ganzen nur auf denjenigen ruhte, die das
von dem Fuͤrſten von Yſenburg fuͤr den Dienſt Napo¬
leon's aus preußiſchen Kriegsgefangenen errichtete Re¬
giment bilden halfen, ſo war doch jetzt, nach geſchloſſe¬
nem Frieden, der Drang allgemein, wo nicht unter
feindlichen, doch unter fremden Fahnen ein Unterkommen
zu ſuchen. Geburt und Verhaͤltniſſe, ſeltener freie Wahl,
fuͤhrten eine betraͤchtliche Anzahl in den Dienſt des neu¬
gegruͤndeten Koͤnigreichs Weſtphalen; andre fanden An¬
ſtellung im Großherzogthum Berg, im Koͤnigreich
Sachſen, im Herzogthum Warſchau; die ſuͤddeutſchen
3*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/47>, abgerufen am 10.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.