der ähnlich sind. Jn der Natur aber kan kein Cörper angetroffen werden, da ein Theil dem andern ähnlich wäre. Wir mö- gen die Theile annehmen so kleine als wir immer wollen, so ist doch jederzeit ein jeder unter ihnen von allen übrigen unterschieden (§. 587 Met.) Und deswegen lässet sich gar nicht auf die Theile der Materie in der Na- tur deuten, was man in der Geometrie von den unendlich kleinen Theilen zuerweisen pfleget. Cartesius hat freylich den natür- lichen Cörper mit dem geometrischen für einerley gehalten und daher zu dem Wesen des Cörpers weiter nichts er- fordert, als daß er in die Länge, Breite und Dicke ausgedehnet sey (h): allein er hat sich eben hierinnen so wohl als Junge(i), wel- cher auch dergleichen Meinung gehabt, so scharfsinnig als sonst beyde waren, überei- let. Denn wir haben schon anderswo (§. 685. Met.) gezeiget, daß die Materie nicht aus einander ähnlichen Theilen, die nur dem Raume nach von einander unterschieden sind, bestehen könne, und der Satz des nicht zu unterscheidenden, der zwey ihrem Wesen nach ähnliche Dinge in der Natur nicht leidet (§. 589 Met.), bestetiget dieses zur Gnüge. Uber dieses ist wohl zuerwegen,
daß,
(h)Princip. Phil. part. 2. §. 4 & seqq.
(i)in Logica Hamburg. lib. 1. c. 4. §. 5. p. 29
Cap. I. Von dem Weſen
der aͤhnlich ſind. Jn der Natur aber kan kein Coͤrper angetroffen werden, da ein Theil dem andern aͤhnlich waͤre. Wir moͤ- gen die Theile annehmen ſo kleine als wir immer wollen, ſo iſt doch jederzeit ein jeder unter ihnen von allen uͤbrigen unterſchieden (§. 587 Met.) Und deswegen laͤſſet ſich gar nicht auf die Theile der Materie in der Na- tur deuten, was man in der Geometrie von den unendlich kleinen Theilen zuerweiſen pfleget. Carteſius hat freylich den natuͤr- lichen Coͤrper mit dem geometriſchen fuͤr einerley gehalten und daher zu dem Weſen des Coͤrpers weiter nichts er- fordert, als daß er in die Laͤnge, Breite und Dicke ausgedehnet ſey (h): allein er hat ſich eben hierinnen ſo wohl als Junge(i), wel- cher auch dergleichen Meinung gehabt, ſo ſcharfſinnig als ſonſt beyde waren, uͤberei- let. Denn wir haben ſchon anderswo (§. 685. Met.) gezeiget, daß die Materie nicht aus einander aͤhnlichen Theilen, die nur dem Raume nach von einander unterſchieden ſind, beſtehen koͤnne, und der Satz des nicht zu unterſcheidenden, der zwey ihrem Weſen nach aͤhnliche Dinge in der Natur nicht leidet (§. 589 Met.), beſtetiget dieſes zur Gnuͤge. Uber dieſes iſt wohl zuerwegen,
daß,
(h)Princip. Phil. part. 2. §. 4 & ſeqq.
(i)in Logica Hamburg. lib. 1. c. 4. §. 5. p. 29
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Cap. I. Von dem Weſen
der aͤhnlich ſind. Jn der Natur aber kan
kein Coͤrper angetroffen werden, da ein
Theil dem andern aͤhnlich waͤre. Wir moͤ-
gen die Theile annehmen ſo kleine als wir
immer wollen, ſo iſt doch jederzeit ein jeder
unter ihnen von allen uͤbrigen unterſchieden
(§. 587 Met.) Und deswegen laͤſſet ſich gar
nicht auf die Theile der Materie in der Na-
tur deuten, was man in der Geometrie von
den unendlich kleinen Theilen zuerweiſen
pfleget. Carteſius hat freylich den natuͤr-
lichen Coͤrper mit dem geometriſchen
fuͤr einerley gehalten und daher zu dem
Weſen des Coͤrpers weiter nichts er-
fordert, als daß er in die Laͤnge, Breite und
Dicke ausgedehnet ſey (h): allein er hat ſich
eben hierinnen ſo wohl als Junge (i), wel-
cher auch dergleichen Meinung gehabt, ſo
ſcharfſinnig als ſonſt beyde waren, uͤberei-
let. Denn wir haben ſchon anderswo (§.
685. Met.) gezeiget, daß die Materie nicht
aus einander aͤhnlichen Theilen, die nur dem
Raume nach von einander unterſchieden
ſind, beſtehen koͤnne, und der Satz des nicht
zu unterſcheidenden, der zwey ihrem Weſen
nach aͤhnliche Dinge in der Natur nicht
leidet (§. 589 Met.), beſtetiget dieſes zur
Gnuͤge. Uber dieſes iſt wohl zuerwegen,
daß,
(h) Princip. Phil. part. 2. §. 4 & ſeqq.
(i) in Logica Hamburg. lib. 1. c. 4. §. 5. p. 29
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/48>, abgerufen am 19.05.2024.
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