Wülfer, Daniel: Das vertheidigte Gottes-geschick/ und vernichtete Heyden-Glück. Nürnberg, 1656.Das Erste Capitel. den liesse. Da er mir nun gar bedachtsamund lang zuhörete/ antwortete er zu letzt: Herr! meine Fata waren so/ die mir nicht zulassen wolten/ daß ich ein ander Amt ver- walten solte; denen hab ich schwacher Mensch ja nicht widerstehen können. Der- halben schicke ich mich auch noch darzu/ wie ihr jetzt sehet. Als ich nun darauß seinen grossen Jrrtum und Unwissenheit erfahe/ fieng ich einen langen discurs an/ ihm zu weisen/ daß kein solches Fatum wäre/ wie er sichs einbildete/ nemlich/ das dem Menschen seinen freyen Willen nehme/ und er nimmer die Gewalt hätte/ einen Weg zu erwehlen welchen er wolte! Nimmermehr. Solte demnach die Schuld seines jetzigen abscheu- lichen Zustandes nicht auff seine/ so ver- meinte darzuzwingende Fata geben: son- dern sich selbst beymessen/ der viel eine ehr- lichere Profession hätte machen können als er machte. Da er nun vernahm/ daß ich ihm seinen Fehler/ mit vielen andern moti- ven mehr/ zum höchsten verwieß/ fieng er bitterlich an zu weinen/ daß er mir eine Verwunderung machte/ und sprach mit Seuff-
Das Erſte Capitel. den lieſſe. Da er mir nun gar bedachtſamund lang zuhoͤrete/ antwortete er zu letzt: Herr! meine Fata waren ſo/ die mir nicht zulaſſen wolten/ daß ich ein ander Amt ver- walten ſolte; denen hab ich ſchwacher Menſch ja nicht widerſtehen koͤnnen. Der- halben ſchicke ich mich auch noch darzu/ wie ihr jetzt ſehet. Als ich nun darauß ſeinen groſſen Jrꝛtum und Unwiſſenheit erfahe/ fieng ich einen langen diſcurs an/ ihm zu weiſen/ daß kein ſolches Fatum waͤre/ wie er ſichs einbildete/ nemlich/ das dem Menſchen ſeinen freyen Willen nehme/ und er nim̃er die Gewalt haͤtte/ einen Weg zu erwehlen welchen er wolte! Nimmermehr. Solte demnach die Schuld ſeines jetzigen abſcheu- lichen Zuſtandes nicht auff ſeine/ ſo ver- meinte darzuzwingende Fata geben: ſon- dern ſich ſelbſt beymeſſen/ der viel eine ehr- lichere Profesſion haͤtte machen koͤnnen als er machte. Da er nun vernahm/ daß ich ihm ſeinen Fehler/ mit vielen andern moti- ven mehr/ zum hoͤchſten verwieß/ fieng er bitterlich an zu weinen/ daß er mir eine Verwunderung machte/ und ſprach mit Seuff-
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Das Erſte Capitel.
den lieſſe. Da er mir nun gar bedachtſam
und lang zuhoͤrete/ antwortete er zu letzt:
Herr! meine Fata waren ſo/ die mir nicht
zulaſſen wolten/ daß ich ein ander Amt ver-
walten ſolte; denen hab ich ſchwacher
Menſch ja nicht widerſtehen koͤnnen. Der-
halben ſchicke ich mich auch noch darzu/ wie
ihr jetzt ſehet. Als ich nun darauß ſeinen
groſſen Jrꝛtum und Unwiſſenheit erfahe/
fieng ich einen langen diſcurs an/ ihm zu
weiſen/ daß kein ſolches Fatum waͤre/ wie er
ſichs einbildete/ nemlich/ das dem Menſchen
ſeinen freyen Willen nehme/ und er nim̃er
die Gewalt haͤtte/ einen Weg zu erwehlen
welchen er wolte! Nimmermehr. Solte
demnach die Schuld ſeines jetzigen abſcheu-
lichen Zuſtandes nicht auff ſeine/ ſo ver-
meinte darzuzwingende Fata geben: ſon-
dern ſich ſelbſt beymeſſen/ der viel eine ehr-
lichere Profesſion haͤtte machen koͤnnen als
er machte. Da er nun vernahm/ daß ich
ihm ſeinen Fehler/ mit vielen andern moti-
ven mehr/ zum hoͤchſten verwieß/ fieng er
bitterlich an zu weinen/ daß er mir eine
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Zitationshilfe: | Wülfer, Daniel: Das vertheidigte Gottes-geschick/ und vernichtete Heyden-Glück. Nürnberg, 1656, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wuelffer_gottesgeschick_1656/70>, abgerufen am 17.06.2024. |