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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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Der Assenat
dieses volbrächte/ wie Sechon/ ihres Liebsten Bei-
schläferin/ ihr gedächtnüs vom erdbodem vertilgen
würde.

Aus diesen reden begunte Sefira einigen trost zu
schöpfen. Nuhn sehe ich/ sagte sie/ daß Josef die Se-
fira
aus seinem hertzen nicht gantz verwiesen. Nun
märke ich/ daß ich noch in euren gedanken schwebe.
Nun spühre ich/ daß ihr meiner nicht so gar vergessen.
Nun habe ich guhte hofnung/ daß ich endlich meinen
willen werde erfüllet sehen. Josef aber meinte es viel
anders. Sein gantzer vorsatz war sie von einem so bösen
vornehmen gantz ab zu lenken. Er trachtete nach nichts
anders/ als ihre kranke vernunft zu heilen. Und darüm
seuftzete er denselben gantzen tag und die folgende gantze
nacht zu seinem Gotte. Er baht/ mit weinenden augen/
daß doch endlich einmahl diese Egiptische Fraue von
ihrer blinden sucht möchte erlöset werden.

Nicht lange darnach beging man eines der höchsten
Egiptischen Feste. Man feierte das gedächtnüs der Ab-
göttin Isis: welche/ nach ihren gewähnten götlichen
vielen verrichtungen und eigenschaften/ so vielerlei zu-
nahmen führete. Die Priester lieffen/ in lang-weissen
leinen rökken/ auf den gassen herüm. Sie beweineten
den ermordeten Osiris. Sie heuleten/ sie klagten/ sie
schrien sehr jämmerlich. Sie schlugen vor die brust.
Sie hieben und peitschten sich wund. Etliche trugen
des hundeköpfichten Anubis götzenbild auf dem heupte;
und in der rechten hand einen Fiechtenzweig; in der
linken aber einen Seewermuhtstrauch. Andere schlu-
gen die Pauken/ bliesen in die Krumphörner/ spieleten
mit dem heiligen helklingendem Schällenbügel/ und
auf andern bei ihnen gewöhnlichen Spielzeugen. Nach
volendeten feiergeprängen vermumten und verkleideten
sich die Priester/ auf mancherlei weise/ wie die Fast-
nachtsspieler. Etliche gingen gekleidet als die Jäger:

an-

Der Aſſenat
dieſes volbraͤchte/ wie Sechon/ ihres Liebſten Bei-
ſchlaͤferin/ ihr gedaͤchtnuͤs vom erdbodem vertilgen
wuͤrde.

Aus dieſen reden begunte Sefira einigen troſt zu
ſchoͤpfen. Nuhn ſehe ich/ ſagte ſie/ daß Joſef die Se-
fira
aus ſeinem hertzen nicht gantz verwieſen. Nun
maͤrke ich/ daß ich noch in euren gedanken ſchwebe.
Nun ſpuͤhre ich/ daß ihr meiner nicht ſo gar vergeſſen.
Nun habe ich guhte hofnung/ daß ich endlich meinen
willen werde erfuͤllet ſehen. Joſef aber meinte es viel
anders. Sein gantzer vorſatz war ſie von einem ſo boͤſen
vornehmen gantz ab zu lenken. Er trachtete nach nichts
anders/ als ihre kranke vernunft zu heilen. Und daruͤm
ſeuftzete er denſelben gantzen tag und die folgende gantze
nacht zu ſeinem Gotte. Er baht/ mit weinenden augen/
daß doch endlich einmahl dieſe Egiptiſche Fraue von
ihrer blinden ſucht moͤchte erloͤſet werden.

Nicht lange darnach beging man eines der hoͤchſten
Egiptiſchen Feſte. Man feierte das gedaͤchtnuͤs der Ab-
goͤttin Iſis: welche/ nach ihren gewaͤhnten goͤtlichen
vielen verrichtungen und eigenſchaften/ ſo vielerlei zu-
nahmen fuͤhrete. Die Prieſter lieffen/ in lang-weiſſen
leinen roͤkken/ auf den gaſſen heruͤm. Sie beweineten
den ermordeten Oſiris. Sie heuleten/ ſie klagten/ ſie
ſchrien ſehr jaͤmmerlich. Sie ſchlugen vor die bruſt.
Sie hieben und peitſchten ſich wund. Etliche trugen
des hundekoͤpfichten Anubis goͤtzenbild auf dem heupte;
und in der rechten hand einen Fiechtenzweig; in der
linken aber einen Seewermuhtſtrauch. Andere ſchlu-
gen die Pauken/ blieſen in die Krumphoͤrner/ ſpieleten
mit dem heiligen helklingendem Schaͤllenbuͤgel/ und
auf andern bei ihnen gewoͤhnlichen Spielzeugen. Nach
volendeten feiergepraͤngen vermumten und verkleideten
ſich die Prieſter/ auf mancherlei weiſe/ wie die Faſt-
nachtsſpieler. Etliche gingen gekleidet als die Jaͤger:

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[130/0154] Der Aſſenat dieſes volbraͤchte/ wie Sechon/ ihres Liebſten Bei- ſchlaͤferin/ ihr gedaͤchtnuͤs vom erdbodem vertilgen wuͤrde. Aus dieſen reden begunte Sefira einigen troſt zu ſchoͤpfen. Nuhn ſehe ich/ ſagte ſie/ daß Joſef die Se- fira aus ſeinem hertzen nicht gantz verwieſen. Nun maͤrke ich/ daß ich noch in euren gedanken ſchwebe. Nun ſpuͤhre ich/ daß ihr meiner nicht ſo gar vergeſſen. Nun habe ich guhte hofnung/ daß ich endlich meinen willen werde erfuͤllet ſehen. Joſef aber meinte es viel anders. Sein gantzer vorſatz war ſie von einem ſo boͤſen vornehmen gantz ab zu lenken. Er trachtete nach nichts anders/ als ihre kranke vernunft zu heilen. Und daruͤm ſeuftzete er denſelben gantzen tag und die folgende gantze nacht zu ſeinem Gotte. Er baht/ mit weinenden augen/ daß doch endlich einmahl dieſe Egiptiſche Fraue von ihrer blinden ſucht moͤchte erloͤſet werden. Nicht lange darnach beging man eines der hoͤchſten Egiptiſchen Feſte. Man feierte das gedaͤchtnuͤs der Ab- goͤttin Iſis: welche/ nach ihren gewaͤhnten goͤtlichen vielen verrichtungen und eigenſchaften/ ſo vielerlei zu- nahmen fuͤhrete. Die Prieſter lieffen/ in lang-weiſſen leinen roͤkken/ auf den gaſſen heruͤm. Sie beweineten den ermordeten Oſiris. Sie heuleten/ ſie klagten/ ſie ſchrien ſehr jaͤmmerlich. Sie ſchlugen vor die bruſt. Sie hieben und peitſchten ſich wund. Etliche trugen des hundekoͤpfichten Anubis goͤtzenbild auf dem heupte; und in der rechten hand einen Fiechtenzweig; in der linken aber einen Seewermuhtſtrauch. Andere ſchlu- gen die Pauken/ blieſen in die Krumphoͤrner/ ſpieleten mit dem heiligen helklingendem Schaͤllenbuͤgel/ und auf andern bei ihnen gewoͤhnlichen Spielzeugen. Nach volendeten feiergepraͤngen vermumten und verkleideten ſich die Prieſter/ auf mancherlei weiſe/ wie die Faſt- nachtsſpieler. Etliche gingen gekleidet als die Jaͤger: an-

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/154>, abgerufen am 01.11.2024.