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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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Der Assenat
der Fürst seine gnade in ungnade/ und lesset ihm das
angezeigte oder versprochene glük keinesweges wider-
fahren. Auch dreuet ein Fürst seinem untertahnen
oftmahls eine strafe: wan aber der untertahner sich bes-
sert/ so reuet es den Fürsten/ und lest die strafe nicht er-
gehen.

Eben also tuht Gott/ wan Er uns/ durch die Stern-
schrift/ auch sonsten etwan ein glük verspricht/ oder ein
unglük dreuet. Dreuet Er ein unglük; so wil Er nicht/
daß der Mensch die Sterne/ oder das unglük/ das Er
durch die sterne dreuet/ sondern Gott selbst fürchten/ und
mit bußfärtigem leben und gebäht Ihm in die dreu-
und straf-ruhte fallen sol. Ja Er wil/ daß der Mensch
über solches zeichen nicht verzagen/ noch ihm gewis ein-
bilden/ daß es also ergehen müsse; sondern daß er das
instehende unglük mit tapferem muhte/ und mit vor-
sichtigem handel und wandel ableinen und vermeiden
sol. Und eben darüm offenbahret Gott demselben/ den
Er liebet/ solches unglük; und zeigt es auch allen zuvor/
durch die sternschrift/ an: doch giebt Er nicht allen den
verstand sie zu verstehen. Verspricht Er ihm aber ein
glük; so wil Er nicht/ daß der Mensch meinen sol/ er
habe es schon in den händen/ und sich mehr darauf ver-
laßen/ als auf Gott: sondern Er wil/ daß der Mensch
solches/ durch inbrünstiges gebäht/ tugendhaften wan-
del/ und seine eigene geschikligkeit zugleich/ zu beför-
dern trachte/ und sich dessen würdig mache.

Mit diesem rühmlichen zeitvertreibe brachte Josef
seine müßigen stunden zu. Und darbei vergaß er alles
seines leides. Aber Sefira lag inzwischen in den allet-
grösten schmertzen. Die liebe/ der zorn/ die rache/ der
eifer/ die reue/ die furcht/ und alle dergleichen Seelen-
oder vielmehr Höllen-gespenster ängstigten sie dermaßen/
daß sie immer schwächer und schwächer ward. Josef
hatte im anfange/ in einem finstern loche/ dessen einiges

fen-

Der Aſſenat
der Fuͤrſt ſeine gnade in ungnade/ und leſſet ihm das
angezeigte oder verſprochene gluͤk keinesweges wider-
fahren. Auch dreuet ein Fuͤrſt ſeinem untertahnen
oftmahls eine ſtrafe: wan aber der untertahner ſich beſ-
ſert/ ſo reuet es den Fuͤrſten/ und leſt die ſtrafe nicht er-
gehen.

Eben alſo tuht Gott/ wan Er uns/ durch die Stern-
ſchrift/ auch ſonſten etwan ein gluͤk verſpricht/ oder ein
ungluͤk dreuet. Dreuet Er ein ungluͤk; ſo wil Er nicht/
daß der Menſch die Sterne/ oder das ungluͤk/ das Er
durch die ſterne dreuet/ ſondern Gott ſelbſt fuͤrchten/ und
mit bußfaͤrtigem leben und gebaͤht Ihm in die dreu-
und ſtraf-ruhte fallen ſol. Ja Er wil/ daß der Menſch
uͤber ſolches zeichen nicht verzagen/ noch ihm gewis ein-
bilden/ daß es alſo ergehen muͤſſe; ſondern daß er das
inſtehende ungluͤk mit tapferem muhte/ und mit vor-
ſichtigem handel und wandel ableinen und vermeiden
ſol. Und eben daruͤm offenbahret Gott demſelben/ den
Er liebet/ ſolches ungluͤk; und zeigt es auch allen zuvor/
durch die ſternſchrift/ an: doch giebt Er nicht allen den
verſtand ſie zu verſtehen. Verſpricht Er ihm aber ein
gluͤk; ſo wil Er nicht/ daß der Menſch meinen ſol/ er
habe es ſchon in den haͤnden/ und ſich mehr darauf ver-
laßen/ als auf Gott: ſondern Er wil/ daß der Menſch
ſolches/ durch inbruͤnſtiges gebaͤht/ tugendhaften wan-
del/ und ſeine eigene geſchikligkeit zugleich/ zu befoͤr-
dern trachte/ und ſich deſſen wuͤrdig mache.

Mit dieſem ruͤhmlichen zeitvertreibe brachte Joſef
ſeine muͤßigen ſtunden zu. Und darbei vergaß er alles
ſeines leides. Aber Sefira lag inzwiſchen in den allet-
groͤſten ſchmertzen. Die liebe/ der zorn/ die rache/ der
eifer/ die reue/ die furcht/ und alle dergleichen Seelen-
oder vielmehr Hoͤllen-geſpenſter aͤngſtigten ſie dermaßen/
daß ſie immer ſchwaͤcher und ſchwaͤcher ward. Joſef
hatte im anfange/ in einem finſtern loche/ deſſen einiges

fen-
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[152/0176] Der Aſſenat der Fuͤrſt ſeine gnade in ungnade/ und leſſet ihm das angezeigte oder verſprochene gluͤk keinesweges wider- fahren. Auch dreuet ein Fuͤrſt ſeinem untertahnen oftmahls eine ſtrafe: wan aber der untertahner ſich beſ- ſert/ ſo reuet es den Fuͤrſten/ und leſt die ſtrafe nicht er- gehen. Eben alſo tuht Gott/ wan Er uns/ durch die Stern- ſchrift/ auch ſonſten etwan ein gluͤk verſpricht/ oder ein ungluͤk dreuet. Dreuet Er ein ungluͤk; ſo wil Er nicht/ daß der Menſch die Sterne/ oder das ungluͤk/ das Er durch die ſterne dreuet/ ſondern Gott ſelbſt fuͤrchten/ und mit bußfaͤrtigem leben und gebaͤht Ihm in die dreu- und ſtraf-ruhte fallen ſol. Ja Er wil/ daß der Menſch uͤber ſolches zeichen nicht verzagen/ noch ihm gewis ein- bilden/ daß es alſo ergehen muͤſſe; ſondern daß er das inſtehende ungluͤk mit tapferem muhte/ und mit vor- ſichtigem handel und wandel ableinen und vermeiden ſol. Und eben daruͤm offenbahret Gott demſelben/ den Er liebet/ ſolches ungluͤk; und zeigt es auch allen zuvor/ durch die ſternſchrift/ an: doch giebt Er nicht allen den verſtand ſie zu verſtehen. Verſpricht Er ihm aber ein gluͤk; ſo wil Er nicht/ daß der Menſch meinen ſol/ er habe es ſchon in den haͤnden/ und ſich mehr darauf ver- laßen/ als auf Gott: ſondern Er wil/ daß der Menſch ſolches/ durch inbruͤnſtiges gebaͤht/ tugendhaften wan- del/ und ſeine eigene geſchikligkeit zugleich/ zu befoͤr- dern trachte/ und ſich deſſen wuͤrdig mache. Mit dieſem ruͤhmlichen zeitvertreibe brachte Joſef ſeine muͤßigen ſtunden zu. Und darbei vergaß er alles ſeines leides. Aber Sefira lag inzwiſchen in den allet- groͤſten ſchmertzen. Die liebe/ der zorn/ die rache/ der eifer/ die reue/ die furcht/ und alle dergleichen Seelen- oder vielmehr Hoͤllen-geſpenſter aͤngſtigten ſie dermaßen/ daß ſie immer ſchwaͤcher und ſchwaͤcher ward. Joſef hatte im anfange/ in einem finſtern loche/ deſſen einiges fen-

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/176>, abgerufen am 31.10.2024.