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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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vierdes Buch.
Darüm brach er eilend auf/ und zog nach Heliopel.
Gern hette er den Josef aus dem Gefängnüsse erlöset.
Gern hette er ihn wieder gehabt. Gern hette er ihn wie-
der in sein amt gesetzt. Aber er durfte nicht. Er be-
fahrete/ es möchte ihm/ und seiner verstorbenen Ge-
mahlin zur schande gereichen. Darüm schwieg er
itzund gantz stil. Er erwähnte des Josefs mit keinem
worte. Gleichwohl vergaß er seiner nicht. Seine tugen-
den spieleten stähts in seinen sinnen. Doch lies er sich
dessen nichts märken. Er gedachte: mit der zeit wird
es sich alles wohl schikken.

Straks hierauf versündigten sich wider den König
zween seiner Kämmerer/ der Mundschenke/ und der
Oberste der Bäkker. Jener hatte sich im einschenken
des weinbechers versehen: und dieser sehr viel des Kö-
niglichen getreidichs veruntrauet. Der König ward
über sie sehr zornig/ sonderlich über den Obersten der
Bäkker. Gleichwohl musten sie beide fort. Es half
kein vorbitten. Beide warf man ins gefängnüs/ da
Josef gefangen lag. Doch weil sie so vornehme Beam-
ten waren/ lies man sie ehrlich bewürten. Josef ward
bestellet ihnen aufzuwarten. Fleissig versahe er diese
bestallung. Mit allen diensten ging er ihnen zur hand.
Sie hatten nunmehr etliche tage gesessen/ als sie Jo-
sef
auf einen morgen sehr traurig fand. Zur stunde
fragte er: was ihnen fehlete? Der Mundschenke gab
zur antwort: uns hat heunte etwas getreumet/ und
wir haben niemand/ der es uns ausleget. Das ausle-
gen/ fuhr Josef fort/ gehöret Gott zu: doch laßet höh-
ren/ was es ist. Der Mundschenke fing an: Ich
sahe vor mir einen Weinstok stehen. Der
hatte drei Reben. Er grühnete tapfer. Erblü-
hete/ und trug früchte. Endlich warden seine
trauben reif. Und ich hatte des Königs Be-
cher in der hand. Darein drükte ich den

saft

vierdes Buch.
Daruͤm brach er eilend auf/ und zog nach Heliopel.
Gern hette er den Joſef aus dem Gefaͤngnuͤſſe erloͤſet.
Gern hette er ihn wieder gehabt. Gern hette er ihn wie-
der in ſein amt geſetzt. Aber er durfte nicht. Er be-
fahrete/ es moͤchte ihm/ und ſeiner verſtorbenen Ge-
mahlin zur ſchande gereichen. Daruͤm ſchwieg er
itzund gantz ſtil. Er erwaͤhnte des Joſefs mit keinem
worte. Gleichwohl vergaß er ſeiner nicht. Seine tugen-
den ſpieleten ſtaͤhts in ſeinen ſinnen. Doch lies er ſich
deſſen nichts maͤrken. Er gedachte: mit der zeit wird
es ſich alles wohl ſchikken.

Straks hierauf verſuͤndigten ſich wider den Koͤnig
zween ſeiner Kaͤmmerer/ der Mundſchenke/ und der
Oberſte der Baͤkker. Jener hatte ſich im einſchenken
des weinbechers verſehen: und dieſer ſehr viel des Koͤ-
niglichen getreidichs veruntrauet. Der Koͤnig ward
uͤber ſie ſehr zornig/ ſonderlich uͤber den Oberſten der
Baͤkker. Gleichwohl muſten ſie beide fort. Es half
kein vorbitten. Beide warf man ins gefaͤngnuͤs/ da
Joſef gefangen lag. Doch weil ſie ſo vornehme Beam-
ten waren/ lies man ſie ehrlich bewuͤrten. Joſef ward
beſtellet ihnen aufzuwarten. Fleiſſig verſahe er dieſe
beſtallung. Mit allen dienſten ging er ihnen zur hand.
Sie hatten nunmehr etliche tage geſeſſen/ als ſie Jo-
ſef
auf einen morgen ſehr traurig fand. Zur ſtunde
fragte er: was ihnen fehlete? Der Mundſchenke gab
zur antwort: uns hat heunte etwas getreumet/ und
wir haben niemand/ der es uns ausleget. Das ausle-
gen/ fuhr Joſef fort/ gehoͤret Gott zu: doch laßet hoͤh-
ren/ was es iſt. Der Mundſchenke fing an: Ich
ſahe vor mir einen Weinſtok ſtehen. Der
hatte drei Reben. Er gruͤhnete tapfer. Erbluͤ-
hete/ und trug fruͤchte. Endlich warden ſeine
trauben reif. Und ich hatte des Koͤnigs Be-
cher in der hand. Darein druͤkte ich den

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[155/0179] vierdes Buch. Daruͤm brach er eilend auf/ und zog nach Heliopel. Gern hette er den Joſef aus dem Gefaͤngnuͤſſe erloͤſet. Gern hette er ihn wieder gehabt. Gern hette er ihn wie- der in ſein amt geſetzt. Aber er durfte nicht. Er be- fahrete/ es moͤchte ihm/ und ſeiner verſtorbenen Ge- mahlin zur ſchande gereichen. Daruͤm ſchwieg er itzund gantz ſtil. Er erwaͤhnte des Joſefs mit keinem worte. Gleichwohl vergaß er ſeiner nicht. Seine tugen- den ſpieleten ſtaͤhts in ſeinen ſinnen. Doch lies er ſich deſſen nichts maͤrken. Er gedachte: mit der zeit wird es ſich alles wohl ſchikken. Straks hierauf verſuͤndigten ſich wider den Koͤnig zween ſeiner Kaͤmmerer/ der Mundſchenke/ und der Oberſte der Baͤkker. Jener hatte ſich im einſchenken des weinbechers verſehen: und dieſer ſehr viel des Koͤ- niglichen getreidichs veruntrauet. Der Koͤnig ward uͤber ſie ſehr zornig/ ſonderlich uͤber den Oberſten der Baͤkker. Gleichwohl muſten ſie beide fort. Es half kein vorbitten. Beide warf man ins gefaͤngnuͤs/ da Joſef gefangen lag. Doch weil ſie ſo vornehme Beam- ten waren/ lies man ſie ehrlich bewuͤrten. Joſef ward beſtellet ihnen aufzuwarten. Fleiſſig verſahe er dieſe beſtallung. Mit allen dienſten ging er ihnen zur hand. Sie hatten nunmehr etliche tage geſeſſen/ als ſie Jo- ſef auf einen morgen ſehr traurig fand. Zur ſtunde fragte er: was ihnen fehlete? Der Mundſchenke gab zur antwort: uns hat heunte etwas getreumet/ und wir haben niemand/ der es uns ausleget. Das ausle- gen/ fuhr Joſef fort/ gehoͤret Gott zu: doch laßet hoͤh- ren/ was es iſt. Der Mundſchenke fing an: Ich ſahe vor mir einen Weinſtok ſtehen. Der hatte drei Reben. Er gruͤhnete tapfer. Erbluͤ- hete/ und trug fruͤchte. Endlich warden ſeine trauben reif. Und ich hatte des Koͤnigs Be- cher in der hand. Darein druͤkte ich den ſaft

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/179>, abgerufen am 01.11.2024.