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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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Der Assenat
Mit der zeit konten die Rosen wohl blühen. Ja sie
stunden auch endlich in voller blühte/ und gaben der
Nitokris anlaß sie zu pflükken.

Nach zwei jahren beging der König wieder sein
Jahrsfest. Und dieses ward viel herlicher gefeiert/ als
alle die vorigen iemahls. Die fürnehmsten Fürsten des
Reichs kahmen nach Memfis/ dem Könige glük zu
wündschen. Ja selbst der Adel aus den fürnehmsten län-
dern legte diese schuldigkeit ab. In der stadt kribbelte
und wibbelte alles von menschen. Die Königliche
Burg war erfüllet mit Fürsten. Auch kahm das für-
nehmste Frauenzimmer des gantzen Egiptens der Kö-
nigin aufzuwarten. Alles hüpfte vor freuden. Wo
man hinsahe/ war lauter lust. Ja es schien/ als wan
sich alle lust und alle freude aus der gantzen welt itzund
in Memfis zusammengefunden. In allen gassen
klungen die trummeln. Fast in allen Heusern sungen
die sänger. Schier aus allen fenstern halleten die trom-
peten. Beinah aus allen tühren schalleten die Krump-
hörner. Ja die lieblichschallenden Klingelspiele erfülle-
ten die gantze stadt. Die Jungfrauen tantzeten bei
dreien. Bei drei mahl dreien führeten sie den reihen.
Die Jünglinge sprungen. Die schalmeien klungen.
Das jauchzen/ das frohlokken/ das glükrufen hatte kein
ende. So lange Memfis gestanden/ war ein so fröh-
licher Mei nicht erschienen. So eine fröhliche Rosen-
zeit hatte man nie gesehen.

Die Aernte war eben vor der tühre. Der König be-
kahm lust die Felder zu besehen. Alle Fürsten setzten sich
zu pferde/ ihn zu begleiten. Der Adel folgte hauffenwei-
se. Die Königin selbst erschien/ bei dieser feldlust/ auf
einem gantz güldenem wagen. Die Königliche Fürstin
Nitokris hatte sie allein bei ihr sitzen. Das andere
Frauenzimmer folgete. Eine Fürstin war immer köst-
licher/ als die andere: eine Jungfrau immer geschmük-

ter/

Der Aſſenat
Mit der zeit konten die Roſen wohl bluͤhen. Ja ſie
ſtunden auch endlich in voller bluͤhte/ und gaben der
Nitokris anlaß ſie zu pfluͤkken.

Nach zwei jahren beging der Koͤnig wieder ſein
Jahrsfeſt. Und dieſes ward viel herlicher gefeiert/ als
alle die vorigen iemahls. Die fuͤrnehmſten Fuͤrſten des
Reichs kahmen nach Memfis/ dem Koͤnige gluͤk zu
wuͤndſchen. Ja ſelbſt der Adel aus den fuͤrnehmſten laͤn-
dern legte dieſe ſchuldigkeit ab. In der ſtadt kribbelte
und wibbelte alles von menſchen. Die Koͤnigliche
Burg war erfuͤllet mit Fuͤrſten. Auch kahm das fuͤr-
nehmſte Frauenzimmer des gantzen Egiptens der Koͤ-
nigin aufzuwarten. Alles huͤpfte vor freuden. Wo
man hinſahe/ war lauter luſt. Ja es ſchien/ als wan
ſich alle luſt und alle freude aus der gantzen welt itzund
in Memfis zuſammengefunden. In allen gaſſen
klungen die trummeln. Faſt in allen Heuſern ſungen
die ſaͤnger. Schier aus allen fenſtern halleten die trom-
peten. Beinah aus allen tuͤhren ſchalleten die Krump-
hoͤrner. Ja die lieblichſchallenden Klingelſpiele erfuͤlle-
ten die gantze ſtadt. Die Jungfrauen tantzeten bei
dreien. Bei drei mahl dreien fuͤhreten ſie den reihen.
Die Juͤnglinge ſprungen. Die ſchalmeien klungen.
Das jauchzen/ das frohlokken/ das gluͤkrufen hatte kein
ende. So lange Memfis geſtanden/ war ein ſo froͤh-
licher Mei nicht erſchienen. So eine froͤhliche Roſen-
zeit hatte man nie geſehen.

Die Aernte war eben vor der tuͤhre. Der Koͤnig be-
kahm luſt die Felder zu beſehen. Alle Fuͤrſten ſetzten ſich
zu pferde/ ihn zu begleiten. Der Adel folgte hauffenwei-
ſe. Die Koͤnigin ſelbſt erſchien/ bei dieſer feldluſt/ auf
einem gantz guͤldenem wagen. Die Koͤnigliche Fuͤrſtin
Nitokris hatte ſie allein bei ihr ſitzen. Das andere
Frauenzimmer folgete. Eine Fuͤrſtin war immer koͤſt-
licher/ als die andere: eine Jungfrau immer geſchmuͤk-

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[158/0182] Der Aſſenat Mit der zeit konten die Roſen wohl bluͤhen. Ja ſie ſtunden auch endlich in voller bluͤhte/ und gaben der Nitokris anlaß ſie zu pfluͤkken. Nach zwei jahren beging der Koͤnig wieder ſein Jahrsfeſt. Und dieſes ward viel herlicher gefeiert/ als alle die vorigen iemahls. Die fuͤrnehmſten Fuͤrſten des Reichs kahmen nach Memfis/ dem Koͤnige gluͤk zu wuͤndſchen. Ja ſelbſt der Adel aus den fuͤrnehmſten laͤn- dern legte dieſe ſchuldigkeit ab. In der ſtadt kribbelte und wibbelte alles von menſchen. Die Koͤnigliche Burg war erfuͤllet mit Fuͤrſten. Auch kahm das fuͤr- nehmſte Frauenzimmer des gantzen Egiptens der Koͤ- nigin aufzuwarten. Alles huͤpfte vor freuden. Wo man hinſahe/ war lauter luſt. Ja es ſchien/ als wan ſich alle luſt und alle freude aus der gantzen welt itzund in Memfis zuſammengefunden. In allen gaſſen klungen die trummeln. Faſt in allen Heuſern ſungen die ſaͤnger. Schier aus allen fenſtern halleten die trom- peten. Beinah aus allen tuͤhren ſchalleten die Krump- hoͤrner. Ja die lieblichſchallenden Klingelſpiele erfuͤlle- ten die gantze ſtadt. Die Jungfrauen tantzeten bei dreien. Bei drei mahl dreien fuͤhreten ſie den reihen. Die Juͤnglinge ſprungen. Die ſchalmeien klungen. Das jauchzen/ das frohlokken/ das gluͤkrufen hatte kein ende. So lange Memfis geſtanden/ war ein ſo froͤh- licher Mei nicht erſchienen. So eine froͤhliche Roſen- zeit hatte man nie geſehen. Die Aernte war eben vor der tuͤhre. Der Koͤnig be- kahm luſt die Felder zu beſehen. Alle Fuͤrſten ſetzten ſich zu pferde/ ihn zu begleiten. Der Adel folgte hauffenwei- ſe. Die Koͤnigin ſelbſt erſchien/ bei dieſer feldluſt/ auf einem gantz guͤldenem wagen. Die Koͤnigliche Fuͤrſtin Nitokris hatte ſie allein bei ihr ſitzen. Das andere Frauenzimmer folgete. Eine Fuͤrſtin war immer koͤſt- licher/ als die andere: eine Jungfrau immer geſchmuͤk- ter/

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/182>, abgerufen am 31.10.2024.