Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.IX. Das Alter des Menschengeschlechts. versuche von einander sind in der That kolossal; sie ergeben ver-hältnißmäßig weit grellere Differenzen als jene auf das Zeitalter des Menes bezüglichen Altersbestimmungen der Aegyptologen. Und zwar gilt das von den Versuchen zur Bestimmung des Alters der gesammten irdischen Organismenwelt ganz ebenso wie von den die Anfänge der Menschheitsgeschichte betreffenden. Wenn Häckel und Tyndall für die Zeit seit dem Beginn organischen Lebens auf der Erde ungezählte Milliarden, Huxley und Wallace weit über 100 Millionen, W. Thomson wenigstens ungefähr 100 Millionen, Helm- holtz 68--70 Millionen, Young und Tait aber nur 10--15 Mil- lionen von Jahren erfordern; oder wenn nach Arago 313 600, nach Gustav Bischofs niedrigster Schätzung 1300 000, nach desselben höchster Schätzung aber 9 Millionen Jahre seit Entstehung der Steinkohlenflötze verstrichen sein sollen: so stellt uns das Alles ein nicht minder wirres und tolles Babel von Meinungen vor Augen wie wenn aus den Auswaschungen des Sonnen-Thals bei Abbeville für die einst da lebenden Steinmenschen ein Alter bald bis zu meh- reren Zehntausenden von Jahren, bald bis zu 100 000 Jahren (so selbst Lyell) oder darüber herausgerechnet wurde; oder wenn man aus den Nil-Anschwemmungen bald ein 12 000-, bald ein 30 000-, bald ein 74 000jähriges Alter des ägyptischen Culturlebens zu folgern suchte, oder wenn man das Alter des Mississippi-Deltas und seiner Bewohner je nach den verschiednen in Anwendung kommenden Me- thoden auf 4400 (Humphreys), oder auf 33 000 (v. Kloeden) oder auf 67 000 (Lyell) oder auf 100 000--126 000 Jahre (so einige von K. Vogt citirte Gewährsmänner) bestimmte. Die Menschen- gebeine einer Knochenhöhle in Kent sollten nach Vivian 260 000 Jahre alt sein; ein in Florida ausgegrabener Menschenkiefer nach Agassiz 135 000 Jahre, gewisse umweit der Dardanellen aus quar- tärem Drift zu Tage geförderte rohe Kunstreste nach Frank Calvert ungefähr 100 000 Jahre, ein am Mississippi-Ufer bei New-Orleans inmitten versunkener Cypressen-Wälder entdeckter Jndianer-Schädel nach George Dowler 57 000 Jahre, die 1854 bei Heliopolis im IX. Das Alter des Menſchengeſchlechts. verſuche von einander ſind in der That koloſſal; ſie ergeben ver-hältnißmäßig weit grellere Differenzen als jene auf das Zeitalter des Menes bezüglichen Altersbeſtimmungen der Aegyptologen. Und zwar gilt das von den Verſuchen zur Beſtimmung des Alters der geſammten irdiſchen Organismenwelt ganz ebenſo wie von den die Anfänge der Menſchheitsgeſchichte betreffenden. Wenn Häckel und Tyndall für die Zeit ſeit dem Beginn organiſchen Lebens auf der Erde ungezählte Milliarden, Huxley und Wallace weit über 100 Millionen, W. Thomſon wenigſtens ungefähr 100 Millionen, Helm- holtz 68—70 Millionen, Young und Tait aber nur 10—15 Mil- lionen von Jahren erfordern; oder wenn nach Arago 313 600, nach Guſtav Biſchofs niedrigſter Schätzung 1300 000, nach deſſelben höchſter Schätzung aber 9 Millionen Jahre ſeit Entſtehung der Steinkohlenflötze verſtrichen ſein ſollen: ſo ſtellt uns das Alles ein nicht minder wirres und tolles Babel von Meinungen vor Augen wie wenn aus den Auswaſchungen des Sonnen-Thals bei Abbeville für die einſt da lebenden Steinmenſchen ein Alter bald bis zu meh- reren Zehntauſenden von Jahren, bald bis zu 100 000 Jahren (ſo ſelbſt Lyell) oder darüber herausgerechnet wurde; oder wenn man aus den Nil-Anſchwemmungen bald ein 12 000-, bald ein 30 000-, bald ein 74 000jähriges Alter des ägyptiſchen Culturlebens zu folgern ſuchte, oder wenn man das Alter des Miſſiſſippi-Deltas und ſeiner Bewohner je nach den verſchiednen in Anwendung kommenden Me- thoden auf 4400 (Humphreys), oder auf 33 000 (v. Kloeden) oder auf 67 000 (Lyell) oder auf 100 000—126 000 Jahre (ſo einige von K. Vogt citirte Gewährsmänner) beſtimmte. Die Menſchen- gebeine einer Knochenhöhle in Kent ſollten nach Vivian 260 000 Jahre alt ſein; ein in Florida ausgegrabener Menſchenkiefer nach Agaſſiz 135 000 Jahre, gewiſſe umweit der Dardanellen aus quar- tärem Drift zu Tage geförderte rohe Kunſtreſte nach Frank Calvert ungefähr 100 000 Jahre, ein am Miſſiſſippi-Ufer bei New-Orleans inmitten verſunkener Cypreſſen-Wälder entdeckter Jndianer-Schädel nach George Dowler 57 000 Jahre, die 1854 bei Heliopolis im <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0318" n="308"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">IX.</hi> Das Alter des Menſchengeſchlechts.</fw><lb/> verſuche von einander ſind in der That koloſſal; ſie ergeben ver-<lb/> hältnißmäßig weit grellere Differenzen als jene auf das Zeitalter<lb/> des Menes bezüglichen Altersbeſtimmungen der Aegyptologen. 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IX. Das Alter des Menſchengeſchlechts.
verſuche von einander ſind in der That koloſſal; ſie ergeben ver-
hältnißmäßig weit grellere Differenzen als jene auf das Zeitalter
des Menes bezüglichen Altersbeſtimmungen der Aegyptologen. Und
zwar gilt das von den Verſuchen zur Beſtimmung des Alters der
geſammten irdiſchen Organismenwelt ganz ebenſo wie von den die
Anfänge der Menſchheitsgeſchichte betreffenden. Wenn Häckel und
Tyndall für die Zeit ſeit dem Beginn organiſchen Lebens auf der
Erde ungezählte Milliarden, Huxley und Wallace weit über 100
Millionen, W. Thomſon wenigſtens ungefähr 100 Millionen, Helm-
holtz 68—70 Millionen, Young und Tait aber nur 10—15 Mil-
lionen von Jahren erfordern; oder wenn nach Arago 313 600, nach
Guſtav Biſchofs niedrigſter Schätzung 1300 000, nach deſſelben
höchſter Schätzung aber 9 Millionen Jahre ſeit Entſtehung der
Steinkohlenflötze verſtrichen ſein ſollen: ſo ſtellt uns das Alles ein
nicht minder wirres und tolles Babel von Meinungen vor Augen
wie wenn aus den Auswaſchungen des Sonnen-Thals bei Abbeville
für die einſt da lebenden Steinmenſchen ein Alter bald bis zu meh-
reren Zehntauſenden von Jahren, bald bis zu 100 000 Jahren (ſo
ſelbſt Lyell) oder darüber herausgerechnet wurde; oder wenn man
aus den Nil-Anſchwemmungen bald ein 12 000-, bald ein 30 000-,
bald ein 74 000jähriges Alter des ägyptiſchen Culturlebens zu folgern
ſuchte, oder wenn man das Alter des Miſſiſſippi-Deltas und ſeiner
Bewohner je nach den verſchiednen in Anwendung kommenden Me-
thoden auf 4400 (Humphreys), oder auf 33 000 (v. Kloeden) oder
auf 67 000 (Lyell) oder auf 100 000—126 000 Jahre (ſo einige
von K. Vogt citirte Gewährsmänner) beſtimmte. Die Menſchen-
gebeine einer Knochenhöhle in Kent ſollten nach Vivian 260 000
Jahre alt ſein; ein in Florida ausgegrabener Menſchenkiefer nach
Agaſſiz 135 000 Jahre, gewiſſe umweit der Dardanellen aus quar-
tärem Drift zu Tage geförderte rohe Kunſtreſte nach Frank Calvert
ungefähr 100 000 Jahre, ein am Miſſiſſippi-Ufer bei New-Orleans
inmitten verſunkener Cypreſſen-Wälder entdeckter Jndianer-Schädel
nach George Dowler 57 000 Jahre, die 1854 bei Heliopolis im
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