Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.IX. Das Alter des Menschengeschlechts. soll zwar überall sonst im Natur- und Geistesleben, aber nur nichtda wo das Menschengeschlecht zuerst ins Dasein trat, Giltigkeit haben! Wahrscheinlich bedurfte der Uebergang vom Jntelligenzgrade unsrer Urahnen, der schmalnasigen anthropoiden Affen, zum Geistesniveau der ältesten Menschen oder Anthropopitheken einer so excessiv lang- wierigen Entwicklung! Verstöße der Art gegen alles was logisch zulässig und naturwissenschaftlich wahrscheinlich ist, lassen sich doch wahrlich kaum anders classificiren, denn als Verirrungen in die bekannte geistige Krankheitsform der Archäomanie oder Alterswüthig- keit, welche in der cultur- und religionsgeschichtlichen Ueberlieferung schon so manches Volks von uraltersher Verwirrung angerichtet hat. Schon Schubert hat zur Charakteristik dieses traurigen Phänomens, durch das noch so viele Gebildete und Halbgebildete unsrer Zeit in unbegreiflicher Weise sich berücken lassen, das treffende Wort ge- sprochen: "Es scheint ein fast unwiderstehliches Gelüste, gleich jenem Drange, der den Kometen fast von der Sonne hinwegtreibt, den armen, der Eitelkeit dienstbaren Menschenwitz vom Licht der Wahr- heit hinwegzuführen, wenn er ohne Aufhören Jahrtausende um Jahrtausende, gleich Steinen einer Cheopischen Pyramide, aufzu- thürmen sucht."1) Wer ihm immer noch folgt, diesem neuerdings doch auch von so vielen Trägern ächter Wissenschaftlichkeit in seiner Verkehrtheit und Verderblichkeit erkannten Drange, der schädigt für- wahr nicht blos sein religiöses Erkenntnißorgan, sondern in gleichem Maaße auch seine wissenschaftliche Urtheilsfähigkeit und sein Ver- mögen zu unbefangener und correcter Auffassung geschichtlicher Wahr- heiten. 1) G. H. v. Schubert, Selbstbiographie, III, S. 496.
IX. Das Alter des Menſchengeſchlechts. ſoll zwar überall ſonſt im Natur- und Geiſtesleben, aber nur nichtda wo das Menſchengeſchlecht zuerſt ins Daſein trat, Giltigkeit haben! Wahrſcheinlich bedurfte der Uebergang vom Jntelligenzgrade unſrer Urahnen, der ſchmalnaſigen anthropoïden Affen, zum Geiſtesniveau der älteſten Menſchen oder Anthropopitheken einer ſo exceſſiv lang- wierigen Entwicklung! Verſtöße der Art gegen alles was logiſch zuläſſig und naturwiſſenſchaftlich wahrſcheinlich iſt, laſſen ſich doch wahrlich kaum anders claſſificiren, denn als Verirrungen in die bekannte geiſtige Krankheitsform der Archäomanie oder Alterswüthig- keit, welche in der cultur- und religionsgeſchichtlichen Ueberlieferung ſchon ſo manches Volks von uraltersher Verwirrung angerichtet hat. Schon Schubert hat zur Charakteriſtik dieſes traurigen Phänomens, durch das noch ſo viele Gebildete und Halbgebildete unſrer Zeit in unbegreiflicher Weiſe ſich berücken laſſen, das treffende Wort ge- ſprochen: „Es ſcheint ein faſt unwiderſtehliches Gelüſte, gleich jenem Drange, der den Kometen faſt von der Sonne hinwegtreibt, den armen, der Eitelkeit dienſtbaren Menſchenwitz vom Licht der Wahr- heit hinwegzuführen, wenn er ohne Aufhören Jahrtauſende um Jahrtauſende, gleich Steinen einer Cheopiſchen Pyramide, aufzu- thürmen ſucht.‟1) Wer ihm immer noch folgt, dieſem neuerdings doch auch von ſo vielen Trägern ächter Wiſſenſchaftlichkeit in ſeiner Verkehrtheit und Verderblichkeit erkannten Drange, der ſchädigt für- wahr nicht blos ſein religiöſes Erkenntnißorgan, ſondern in gleichem Maaße auch ſeine wiſſenſchaftliche Urtheilsfähigkeit und ſein Ver- mögen zu unbefangener und correcter Auffaſſung geſchichtlicher Wahr- heiten. 1) G. H. v. Schubert, Selbſtbiographie, III, S. 496.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0335" n="325"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">IX.</hi> Das Alter des Menſchengeſchlechts.</fw><lb/> ſoll zwar überall ſonſt im Natur- und Geiſtesleben, aber nur nicht<lb/> da wo das Menſchengeſchlecht zuerſt ins Daſein trat, Giltigkeit haben!<lb/> Wahrſcheinlich bedurfte der Uebergang vom Jntelligenzgrade unſrer<lb/> Urahnen, der ſchmalnaſigen anthropoïden Affen, zum Geiſtesniveau<lb/> der älteſten Menſchen oder Anthropopitheken einer ſo exceſſiv lang-<lb/> wierigen Entwicklung! Verſtöße der Art gegen alles was logiſch<lb/> zuläſſig und naturwiſſenſchaftlich wahrſcheinlich iſt, laſſen ſich doch<lb/> wahrlich kaum anders claſſificiren, denn als Verirrungen in die<lb/> bekannte geiſtige Krankheitsform der Archäomanie oder Alterswüthig-<lb/> keit, welche in der cultur- und religionsgeſchichtlichen Ueberlieferung<lb/> ſchon ſo manches Volks von uraltersher Verwirrung angerichtet hat.<lb/> Schon Schubert hat zur Charakteriſtik dieſes traurigen Phänomens,<lb/> durch das noch ſo viele Gebildete und Halbgebildete unſrer Zeit in<lb/> unbegreiflicher Weiſe ſich berücken laſſen, das treffende Wort ge-<lb/> ſprochen: „Es ſcheint ein faſt unwiderſtehliches Gelüſte, gleich jenem<lb/> Drange, der den Kometen faſt von der Sonne hinwegtreibt, den<lb/> armen, der Eitelkeit dienſtbaren Menſchenwitz vom Licht der Wahr-<lb/> heit hinwegzuführen, wenn er ohne Aufhören Jahrtauſende um<lb/> Jahrtauſende, gleich Steinen einer Cheopiſchen Pyramide, aufzu-<lb/> thürmen ſucht.‟<note place="foot" n="1)">G. H. v. <hi rendition="#g">Schubert,</hi> Selbſtbiographie, <hi rendition="#aq">III,</hi> S. 496.</note> Wer ihm immer noch folgt, dieſem neuerdings<lb/> doch auch von ſo vielen Trägern ächter Wiſſenſchaftlichkeit in ſeiner<lb/> Verkehrtheit und Verderblichkeit erkannten Drange, der ſchädigt für-<lb/> wahr nicht blos ſein religiöſes Erkenntnißorgan, ſondern in gleichem<lb/> Maaße auch ſeine wiſſenſchaftliche Urtheilsfähigkeit und ſein Ver-<lb/> mögen zu unbefangener und correcter Auffaſſung geſchichtlicher Wahr-<lb/> heiten.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </body> </text> </TEI> [325/0335]
IX. Das Alter des Menſchengeſchlechts.
ſoll zwar überall ſonſt im Natur- und Geiſtesleben, aber nur nicht
da wo das Menſchengeſchlecht zuerſt ins Daſein trat, Giltigkeit haben!
Wahrſcheinlich bedurfte der Uebergang vom Jntelligenzgrade unſrer
Urahnen, der ſchmalnaſigen anthropoïden Affen, zum Geiſtesniveau
der älteſten Menſchen oder Anthropopitheken einer ſo exceſſiv lang-
wierigen Entwicklung! Verſtöße der Art gegen alles was logiſch
zuläſſig und naturwiſſenſchaftlich wahrſcheinlich iſt, laſſen ſich doch
wahrlich kaum anders claſſificiren, denn als Verirrungen in die
bekannte geiſtige Krankheitsform der Archäomanie oder Alterswüthig-
keit, welche in der cultur- und religionsgeſchichtlichen Ueberlieferung
ſchon ſo manches Volks von uraltersher Verwirrung angerichtet hat.
Schon Schubert hat zur Charakteriſtik dieſes traurigen Phänomens,
durch das noch ſo viele Gebildete und Halbgebildete unſrer Zeit in
unbegreiflicher Weiſe ſich berücken laſſen, das treffende Wort ge-
ſprochen: „Es ſcheint ein faſt unwiderſtehliches Gelüſte, gleich jenem
Drange, der den Kometen faſt von der Sonne hinwegtreibt, den
armen, der Eitelkeit dienſtbaren Menſchenwitz vom Licht der Wahr-
heit hinwegzuführen, wenn er ohne Aufhören Jahrtauſende um
Jahrtauſende, gleich Steinen einer Cheopiſchen Pyramide, aufzu-
thürmen ſucht.‟ 1) Wer ihm immer noch folgt, dieſem neuerdings
doch auch von ſo vielen Trägern ächter Wiſſenſchaftlichkeit in ſeiner
Verkehrtheit und Verderblichkeit erkannten Drange, der ſchädigt für-
wahr nicht blos ſein religiöſes Erkenntnißorgan, ſondern in gleichem
Maaße auch ſeine wiſſenſchaftliche Urtheilsfähigkeit und ſein Ver-
mögen zu unbefangener und correcter Auffaſſung geſchichtlicher Wahr-
heiten.
1) G. H. v. Schubert, Selbſtbiographie, III, S. 496.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |