Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Tochter zu sehr, und diese Liebe brachte ihn auf allerlei Besorgniß, der Teufel könnte doch auf irgend eine Art sein Spiel treiben, und dann würde man es dem todten Gaste zuschreiben. Je näher der erste Advent rückte, je unheimlicher ward ihm dabei, und zwar wider seinen Willen. Er wünschte, sein zukünftiger Schwiegersohn möchte einstweilen noch ausbleiben. Es jagte ihm einen Schrecken ein, als sich das Wetter völlig aufklärte und der volle warme Sonnenschein über die Welt floß, als wolle der Spätherbst noch einen schönen Nachsommer zum Geschenk bringen. Er ging nun eben so fleißig zum Barometer und klopfte, das Quecksilber wieder fallen zu machen. Zu seiner Verwunderung bemerkte er, daß die Mama, daß Friederike die ehemalige gute Laune mit dem guten Wetter wieder bekommen hatten, der Commandant ebenfalls, und daß zuletzt alle Hausgenossen den ehemaligen Ton wieder fanden. Nur er konnte ihn nicht sogleich wieder finden. Gutes Wetter. Frau Bantes hatte wohl bemerkt, daß Riekchen mancherlei in ihrem Herzen gegen den reichen Banquier einzuwenden hatte; daß der Stadtcommandant in diesem Herzen, mehr als es sein sollte, Commandant geworden war. Nicht um den Commandanten, so lieb Tochter zu sehr, und diese Liebe brachte ihn auf allerlei Besorgniß, der Teufel könnte doch auf irgend eine Art sein Spiel treiben, und dann würde man es dem todten Gaste zuschreiben. Je näher der erste Advent rückte, je unheimlicher ward ihm dabei, und zwar wider seinen Willen. Er wünschte, sein zukünftiger Schwiegersohn möchte einstweilen noch ausbleiben. Es jagte ihm einen Schrecken ein, als sich das Wetter völlig aufklärte und der volle warme Sonnenschein über die Welt floß, als wolle der Spätherbst noch einen schönen Nachsommer zum Geschenk bringen. Er ging nun eben so fleißig zum Barometer und klopfte, das Quecksilber wieder fallen zu machen. Zu seiner Verwunderung bemerkte er, daß die Mama, daß Friederike die ehemalige gute Laune mit dem guten Wetter wieder bekommen hatten, der Commandant ebenfalls, und daß zuletzt alle Hausgenossen den ehemaligen Ton wieder fanden. Nur er konnte ihn nicht sogleich wieder finden. Gutes Wetter. Frau Bantes hatte wohl bemerkt, daß Riekchen mancherlei in ihrem Herzen gegen den reichen Banquier einzuwenden hatte; daß der Stadtcommandant in diesem Herzen, mehr als es sein sollte, Commandant geworden war. Nicht um den Commandanten, so lieb <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="8"> <p><pb facs="#f0052"/> Tochter zu sehr, und diese Liebe brachte ihn auf allerlei Besorgniß, der Teufel könnte doch auf irgend eine Art sein Spiel treiben, und dann würde man es dem todten Gaste zuschreiben. Je näher der erste Advent rückte, je unheimlicher ward ihm dabei, und zwar wider seinen Willen. Er wünschte, sein zukünftiger Schwiegersohn möchte einstweilen noch ausbleiben. Es jagte ihm einen Schrecken ein, als sich das Wetter völlig aufklärte und der volle warme Sonnenschein über die Welt floß, als wolle der Spätherbst noch einen schönen Nachsommer zum Geschenk bringen. Er ging nun eben so fleißig zum Barometer und klopfte, das Quecksilber wieder fallen zu machen.</p><lb/> <p>Zu seiner Verwunderung bemerkte er, daß die Mama, daß Friederike die ehemalige gute Laune mit dem guten Wetter wieder bekommen hatten, der Commandant ebenfalls, und daß zuletzt alle Hausgenossen den ehemaligen Ton wieder fanden. Nur er konnte ihn nicht sogleich wieder finden.</p><lb/> </div> <div type="chapter" n="9"> <head>Gutes Wetter.</head> <p>Frau Bantes hatte wohl bemerkt, daß Riekchen mancherlei in ihrem Herzen gegen den reichen Banquier einzuwenden hatte; daß der Stadtcommandant in diesem Herzen, mehr als es sein sollte, Commandant geworden war. Nicht um den Commandanten, so lieb<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0052]
Tochter zu sehr, und diese Liebe brachte ihn auf allerlei Besorgniß, der Teufel könnte doch auf irgend eine Art sein Spiel treiben, und dann würde man es dem todten Gaste zuschreiben. Je näher der erste Advent rückte, je unheimlicher ward ihm dabei, und zwar wider seinen Willen. Er wünschte, sein zukünftiger Schwiegersohn möchte einstweilen noch ausbleiben. Es jagte ihm einen Schrecken ein, als sich das Wetter völlig aufklärte und der volle warme Sonnenschein über die Welt floß, als wolle der Spätherbst noch einen schönen Nachsommer zum Geschenk bringen. Er ging nun eben so fleißig zum Barometer und klopfte, das Quecksilber wieder fallen zu machen.
Zu seiner Verwunderung bemerkte er, daß die Mama, daß Friederike die ehemalige gute Laune mit dem guten Wetter wieder bekommen hatten, der Commandant ebenfalls, und daß zuletzt alle Hausgenossen den ehemaligen Ton wieder fanden. Nur er konnte ihn nicht sogleich wieder finden.
Gutes Wetter. Frau Bantes hatte wohl bemerkt, daß Riekchen mancherlei in ihrem Herzen gegen den reichen Banquier einzuwenden hatte; daß der Stadtcommandant in diesem Herzen, mehr als es sein sollte, Commandant geworden war. Nicht um den Commandanten, so lieb
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Zitationshilfe: | Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_gast_1910/52>, abgerufen am 13.06.2024. |