Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

sein Lohn pünktlich und zwar in genügendem Maaße, so wie nicht
sein Unterhalt richtig gegeben wird; den Unterhalt bekommt das
Gesinde entweder in der Kost am gemeinschaftlichen Tische oder in
Lebensmitteln, deren Zubereitung jedem selbst überlassen ist (De-
putate); die erstere Art hat den Vorzug wegen der Gemeinschaft,
des geringeren Aufwandes an Personen und Zeit zum Kochen,
während die andere Methode die Nachtheile in dieser Hinsicht durch
Kürze der Rechnung und Verringerung der Aufsichtsgeschäfte nicht
ersetzt; das zu starke Beschränken beider verscheucht gutes Gesinde
aus dem Hause, bringt schlechtes herbei mit allen den vielen wirth-
schaftlichen Nachtheilen und Verlusten, und verursacht häufigen
Gesindewechsel, der immer verhütet werden muß. Jedoch in Län-
dern mit guter Polizeigesetzgebung sind die Rechte und Pflichten
des Gesindes gesetzlich regulirt, und auf großen Landgütern eigene
Gesinde- und Speiseordnungen eingeführt, nach denen sich nament-
lich die Pachter zu richten haben.

1) Nach übereinstimmenden Erfahrungen sind schon die Frohnddienste 25-30%
schlechter, als die freien. Es setzt v. Flotow (Anl. z. Verfertigung von Ertrags-
anschlägen. I. §. 84.) das Verhältniß zwischen der Frohndspannarbeit und der freien
= 3:2, und zwischen der Frohndhandarbeit und der freien = 4:3.
2) Nach say (Traite d'econom. polit. §. 215.) kostet auf den Antillen der
Unterhalt eines Sklaven jährlich 500 frs., der eines freien Arbeiters, bei einem
Taglohn von 5-7 frs., wenigstens im Durchschnitte 1800 frs. Allein dies ist in
Europa nicht anwendbar, und auch für die Antillen nicht beweisend, weil die Skla-
ven dort alle Concurrenz freier Arbeiter verdrängt haben say Cours. II. p. 47.
Uebers. von v. Th. II. 35. Cours III. 213. Uebers. III. 167. Cours IV. p. d.
Uebers. IV. S. 351. storch Cours. Uebers. von Rau. II. 256. 276. 462. 506.
III. 436. v. Jacob Polizeigesetzgebung. I. 167.
§. 68.
Beschluß.
.

Was endlich 4) die Taglöhner anbelangt, so richtet sich
ihre Behandlung nach den §. 67. angegebenen Regeln. Auch bei
ihnen unterscheidet man freie und Zwangs-Taglöhner (Fröhner),
welche Leztere entweder aus grundherrlichen oder auch noch aus
leibeigenschaftlichen Verhältnissen herrühren. Die Löhnung, auch
wenn sie bei den Fröhnern vorkommt, besteht entweder aus Geld-
lohn oder aus Geldlohn und Naturalverpflegung. Da, wo beide
Arten anwendbar sind, kann die Frage über die Vortheile der
Einen vor der Andern nur nach besonderen Verhältnissen entschie-
den werden. Im Allgemeinen kann man aber wohl annehmen, daß
mit der Naturalverpflegung, da sie den Geldlohn verringert und
wenn sie gut eingerichtet werden kann, Vortheile verbunden sind,
weil man den Unterhalt der Arbeiter ohne sie auch in Geld bezahlen

ſein Lohn pünktlich und zwar in genügendem Maaße, ſo wie nicht
ſein Unterhalt richtig gegeben wird; den Unterhalt bekommt das
Geſinde entweder in der Koſt am gemeinſchaftlichen Tiſche oder in
Lebensmitteln, deren Zubereitung jedem ſelbſt überlaſſen iſt (De-
putate); die erſtere Art hat den Vorzug wegen der Gemeinſchaft,
des geringeren Aufwandes an Perſonen und Zeit zum Kochen,
während die andere Methode die Nachtheile in dieſer Hinſicht durch
Kürze der Rechnung und Verringerung der Aufſichtsgeſchäfte nicht
erſetzt; das zu ſtarke Beſchränken beider verſcheucht gutes Geſinde
aus dem Hauſe, bringt ſchlechtes herbei mit allen den vielen wirth-
ſchaftlichen Nachtheilen und Verluſten, und verurſacht häufigen
Geſindewechſel, der immer verhütet werden muß. Jedoch in Län-
dern mit guter Polizeigeſetzgebung ſind die Rechte und Pflichten
des Geſindes geſetzlich regulirt, und auf großen Landgütern eigene
Geſinde- und Speiſeordnungen eingeführt, nach denen ſich nament-
lich die Pachter zu richten haben.

1) Nach übereinſtimmenden Erfahrungen ſind ſchon die Frohnddienſte 25–30%
ſchlechter, als die freien. Es ſetzt v. Flotow (Anl. z. Verfertigung von Ertrags-
anſchlägen. I. §. 84.) das Verhältniß zwiſchen der Frohndſpannarbeit und der freien
= 3:2, und zwiſchen der Frohndhandarbeit und der freien = 4:3.
2) Nach say (Traité d'économ. polit. §. 215.) koſtet auf den Antillen der
Unterhalt eines Sklaven jährlich 500 frs., der eines freien Arbeiters, bei einem
Taglohn von 5–7 frs., wenigſtens im Durchſchnitte 1800 frs. Allein dies iſt in
Europa nicht anwendbar, und auch für die Antillen nicht beweiſend, weil die Skla-
ven dort alle Concurrenz freier Arbeiter verdrängt haben say Cours. II. p. 47.
Ueberſ. von v. Th. II. 35. Cours III. 213. Ueberſ. III. 167. Cours IV. p. d.
Ueberſ. IV. S. 351. storch Cours. Ueberſ. von Rau. II. 256. 276. 462. 506.
III. 436. v. Jacob Polizeigeſetzgebung. I. 167.
§. 68.
Beſchluß.
.

Was endlich 4) die Taglöhner anbelangt, ſo richtet ſich
ihre Behandlung nach den §. 67. angegebenen Regeln. Auch bei
ihnen unterſcheidet man freie und Zwangs-Taglöhner (Fröhner),
welche Leztere entweder aus grundherrlichen oder auch noch aus
leibeigenſchaftlichen Verhältniſſen herrühren. Die Löhnung, auch
wenn ſie bei den Fröhnern vorkommt, beſteht entweder aus Geld-
lohn oder aus Geldlohn und Naturalverpflegung. Da, wo beide
Arten anwendbar ſind, kann die Frage über die Vortheile der
Einen vor der Andern nur nach beſonderen Verhältniſſen entſchie-
den werden. Im Allgemeinen kann man aber wohl annehmen, daß
mit der Naturalverpflegung, da ſie den Geldlohn verringert und
wenn ſie gut eingerichtet werden kann, Vortheile verbunden ſind,
weil man den Unterhalt der Arbeiter ohne ſie auch in Geld bezahlen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0113" n="91"/>
&#x017F;ein Lohn pünktlich und zwar in genügendem Maaße, &#x017F;o wie nicht<lb/>
&#x017F;ein Unterhalt richtig gegeben wird; den Unterhalt bekommt das<lb/>
Ge&#x017F;inde entweder in der Ko&#x017F;t am gemein&#x017F;chaftlichen Ti&#x017F;che oder in<lb/>
Lebensmitteln, deren Zubereitung jedem &#x017F;elb&#x017F;t überla&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t (De-<lb/>
putate); die er&#x017F;tere Art hat den Vorzug wegen der Gemein&#x017F;chaft,<lb/>
des geringeren Aufwandes an Per&#x017F;onen und Zeit zum Kochen,<lb/>
während die andere Methode die Nachtheile in die&#x017F;er Hin&#x017F;icht durch<lb/>
Kürze der Rechnung und Verringerung der Auf&#x017F;ichtsge&#x017F;chäfte nicht<lb/>
er&#x017F;etzt; das zu &#x017F;tarke Be&#x017F;chränken beider ver&#x017F;cheucht gutes Ge&#x017F;inde<lb/>
aus dem Hau&#x017F;e, bringt &#x017F;chlechtes herbei mit allen den vielen wirth-<lb/>
&#x017F;chaftlichen Nachtheilen und Verlu&#x017F;ten, und verur&#x017F;acht häufigen<lb/>
Ge&#x017F;indewech&#x017F;el, der immer verhütet werden muß. Jedoch in Län-<lb/>
dern mit guter Polizeige&#x017F;etzgebung &#x017F;ind die Rechte und Pflichten<lb/>
des Ge&#x017F;indes ge&#x017F;etzlich regulirt, und auf großen Landgütern eigene<lb/>
Ge&#x017F;inde- und Spei&#x017F;eordnungen eingeführt, nach denen &#x017F;ich nament-<lb/>
lich die Pachter zu richten haben.</p><lb/>
              <note place="end" n="1)">Nach überein&#x017F;timmenden Erfahrungen &#x017F;ind &#x017F;chon die Frohnddien&#x017F;te 25&#x2013;30%<lb/>
&#x017F;chlechter, als die freien. Es &#x017F;etzt v. <hi rendition="#g">Flotow</hi> (Anl. z. Verfertigung von Ertrags-<lb/>
an&#x017F;chlägen. I. §. 84.) das Verhältniß zwi&#x017F;chen der Frohnd&#x017F;pannarbeit und der freien<lb/>
= 3:2, und zwi&#x017F;chen der Frohndhandarbeit und der freien = 4:3.</note><lb/>
              <note place="end" n="2)">Nach <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">say</hi> (Traité d'économ. polit.</hi> §. 215.) ko&#x017F;tet auf den Antillen der<lb/>
Unterhalt eines Sklaven jährlich 500 <hi rendition="#aq">frs.</hi>, der eines freien Arbeiters, bei einem<lb/>
Taglohn von 5&#x2013;7 <hi rendition="#aq">frs.</hi>, wenig&#x017F;tens im Durch&#x017F;chnitte 1800 <hi rendition="#aq">frs.</hi> Allein dies i&#x017F;t in<lb/>
Europa nicht anwendbar, und auch für die Antillen nicht bewei&#x017F;end, weil die Skla-<lb/>
ven dort alle Concurrenz freier Arbeiter verdrängt haben <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">say</hi> Cours.</hi> II. p. 47.<lb/>
Ueber&#x017F;. von v. Th. II. 35. <hi rendition="#aq">Cours</hi> III. 213. Ueber&#x017F;. III. 167. <hi rendition="#aq">Cours IV. p. d.</hi><lb/>
Ueber&#x017F;. IV. S. 351. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">storch</hi> Cours.</hi> Ueber&#x017F;. von <hi rendition="#g">Rau</hi>. II. 256. 276. 462. 506.<lb/>
III. 436. v. <hi rendition="#g">Jacob</hi> Polizeige&#x017F;etzgebung. I. 167.</note>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head><hi rendition="#c">§. 68.<lb/><hi rendition="#g">Be&#x017F;chluß</hi>.</hi>.</head><lb/>
              <p>Was endlich 4) <hi rendition="#g">die Taglöhner</hi> anbelangt, &#x017F;o richtet &#x017F;ich<lb/>
ihre Behandlung nach den §. 67. angegebenen Regeln. Auch bei<lb/>
ihnen unter&#x017F;cheidet man freie und Zwangs-Taglöhner (Fröhner),<lb/>
welche Leztere entweder aus grundherrlichen oder auch noch aus<lb/>
leibeigen&#x017F;chaftlichen Verhältni&#x017F;&#x017F;en herrühren. Die Löhnung, auch<lb/>
wenn &#x017F;ie bei den Fröhnern vorkommt, be&#x017F;teht entweder aus Geld-<lb/>
lohn oder aus Geldlohn und Naturalverpflegung. Da, wo beide<lb/>
Arten anwendbar &#x017F;ind, kann die Frage über die Vortheile der<lb/>
Einen vor der Andern nur nach be&#x017F;onderen Verhältni&#x017F;&#x017F;en ent&#x017F;chie-<lb/>
den werden. Im Allgemeinen kann man aber wohl annehmen, daß<lb/>
mit der Naturalverpflegung, da &#x017F;ie den Geldlohn verringert und<lb/>
wenn &#x017F;ie gut eingerichtet werden kann, Vortheile verbunden &#x017F;ind,<lb/>
weil man den Unterhalt der Arbeiter ohne &#x017F;ie auch in Geld bezahlen<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[91/0113] ſein Lohn pünktlich und zwar in genügendem Maaße, ſo wie nicht ſein Unterhalt richtig gegeben wird; den Unterhalt bekommt das Geſinde entweder in der Koſt am gemeinſchaftlichen Tiſche oder in Lebensmitteln, deren Zubereitung jedem ſelbſt überlaſſen iſt (De- putate); die erſtere Art hat den Vorzug wegen der Gemeinſchaft, des geringeren Aufwandes an Perſonen und Zeit zum Kochen, während die andere Methode die Nachtheile in dieſer Hinſicht durch Kürze der Rechnung und Verringerung der Aufſichtsgeſchäfte nicht erſetzt; das zu ſtarke Beſchränken beider verſcheucht gutes Geſinde aus dem Hauſe, bringt ſchlechtes herbei mit allen den vielen wirth- ſchaftlichen Nachtheilen und Verluſten, und verurſacht häufigen Geſindewechſel, der immer verhütet werden muß. Jedoch in Län- dern mit guter Polizeigeſetzgebung ſind die Rechte und Pflichten des Geſindes geſetzlich regulirt, und auf großen Landgütern eigene Geſinde- und Speiſeordnungen eingeführt, nach denen ſich nament- lich die Pachter zu richten haben. ¹⁾ Nach übereinſtimmenden Erfahrungen ſind ſchon die Frohnddienſte 25–30% ſchlechter, als die freien. Es ſetzt v. Flotow (Anl. z. Verfertigung von Ertrags- anſchlägen. I. §. 84.) das Verhältniß zwiſchen der Frohndſpannarbeit und der freien = 3:2, und zwiſchen der Frohndhandarbeit und der freien = 4:3. ²⁾ Nach say (Traité d'économ. polit. §. 215.) koſtet auf den Antillen der Unterhalt eines Sklaven jährlich 500 frs., der eines freien Arbeiters, bei einem Taglohn von 5–7 frs., wenigſtens im Durchſchnitte 1800 frs. Allein dies iſt in Europa nicht anwendbar, und auch für die Antillen nicht beweiſend, weil die Skla- ven dort alle Concurrenz freier Arbeiter verdrängt haben say Cours. II. p. 47. Ueberſ. von v. Th. II. 35. Cours III. 213. Ueberſ. III. 167. Cours IV. p. d. Ueberſ. IV. S. 351. storch Cours. Ueberſ. von Rau. II. 256. 276. 462. 506. III. 436. v. Jacob Polizeigeſetzgebung. I. 167. §. 68. Beſchluß.. Was endlich 4) die Taglöhner anbelangt, ſo richtet ſich ihre Behandlung nach den §. 67. angegebenen Regeln. Auch bei ihnen unterſcheidet man freie und Zwangs-Taglöhner (Fröhner), welche Leztere entweder aus grundherrlichen oder auch noch aus leibeigenſchaftlichen Verhältniſſen herrühren. Die Löhnung, auch wenn ſie bei den Fröhnern vorkommt, beſteht entweder aus Geld- lohn oder aus Geldlohn und Naturalverpflegung. Da, wo beide Arten anwendbar ſind, kann die Frage über die Vortheile der Einen vor der Andern nur nach beſonderen Verhältniſſen entſchie- den werden. Im Allgemeinen kann man aber wohl annehmen, daß mit der Naturalverpflegung, da ſie den Geldlohn verringert und wenn ſie gut eingerichtet werden kann, Vortheile verbunden ſind, weil man den Unterhalt der Arbeiter ohne ſie auch in Geld bezahlen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/113
Zitationshilfe: Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/113>, abgerufen am 31.10.2024.