sein donneränliches Brüllen, seine furchtbare Stärke und die Mäsigung und der edle Stolz, den er dem ohngeachtet in Vergleich mit den fol- genden blutdürstigen mörderischen Raubthie- ren bezeigt, haben ihm den Beynahmen des Kö- nigs der Thiere verschafft. Er nährt sich blos von seiner eignen Beute und zwar von grössern Säugethieren; fällt hingegen nur in der Noth- wehr oder aus äusserstem Hunger Menschen an, schont kleiner krafftloser Geschöpfe mit vieler Leut- seeligkeit; entsetzt und scheut sich aber vor den Bären*). Er verträgt auch unser Clima recht gut; läst sich ausnehmend zahm machen und selbst zum Zug und zur Jagd andrer Thiere ab- richten. Das Weibgen wirft 3 bis 4 Junge von denen aber meist nur eins erwachsen und die andern am Zahnen sterben sollen**).
2. Tigris. Das Tigerthier. F. cauda elon- gata, capite, corpore et cruribus nigro-vir- gatis. *
The Tiger, von G. Stubbs, in schwar- zer Kunst.
Der Tiger ist blos in Asien einheimisch. Ein prächtiges, überaus regelmässig schön gestreif- tes, aber fürchterliches Thier. Es wütet gegen seinen Gatten, und frißt im Hunger seine Junge; es fällt ohne Unterschied Menschen und Löwen und andre Säugethiere an, muß aber für dem Elephanten erliegen. Es hat keine Spur von dem Edelmuth des Löwen, doch ist die Sage irrig, daß es durchaus nicht zu bändigen sey. Wir haben selbst einen grossen lebendigen Tiger
*)strype'sSurv. of Lond. & Westminster. Lond. 1720. fol. Tom. I. p. 118. sq.
**)shaw'sTravels p. 171. ed. 2.
sein donneränliches Brüllen, seine furchtbare Stärke und die Mäsigung und der edle Stolz, den er dem ohngeachtet in Vergleich mit den fol- genden blutdürstigen mörderischen Raubthie- ren bezeigt, haben ihm den Beynahmen des Kö- nigs der Thiere verschafft. Er nährt sich blos von seiner eignen Beute und zwar von grössern Säugethieren; fällt hingegen nur in der Noth- wehr oder aus äusserstem Hunger Menschen an, schont kleiner krafftloser Geschöpfe mit vieler Leut- seeligkeit; entsetzt und scheut sich aber vor den Bären*). Er verträgt auch unser Clima recht gut; läst sich ausnehmend zahm machen und selbst zum Zug und zur Jagd andrer Thiere ab- richten. Das Weibgen wirft 3 bis 4 Junge von denen aber meist nur eins erwachsen und die andern am Zahnen sterben sollen**).
2. Tigris. Das Tigerthier. F. cauda elon- gata, capite, corpore et cruribus nigro-vir- gatis. *
The Tiger, von G. Stubbs, in schwar- zer Kunst.
Der Tiger ist blos in Asien einheimisch. Ein prächtiges, überaus regelmässig schön gestreif- tes, aber fürchterliches Thier. Es wütet gegen seinen Gatten, und frißt im Hunger seine Junge; es fällt ohne Unterschied Menschen und Löwen und andre Säugethiere an, muß aber für dem Elephanten erliegen. Es hat keine Spur von dem Edelmuth des Löwen, doch ist die Sage irrig, daß es durchaus nicht zu bändigen sey. Wir haben selbst einen grossen lebendigen Tiger
*)strype'sSurv. of Lond. & Westminster. Lond. 1720. fol. Tom. I. p. 118. sq.
**)shaw'sTravels p. 171. ed. 2.
<TEI><textxml:id="blume_hbnatur_000023"><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><prendition="#l1em"><pbfacs="#f0115"xml:id="pb103_0001"n="103"/>
sein donneränliches Brüllen, seine furchtbare<lb/>
Stärke und die Mäsigung und der edle Stolz,<lb/>
den er dem ohngeachtet in Vergleich mit den fol-<lb/>
genden blutdürstigen mörderischen Raubthie-<lb/>
ren bezeigt, haben ihm den Beynahmen des Kö-<lb/>
nigs der Thiere verschafft. Er nährt sich blos<lb/>
von seiner eignen Beute und zwar von grössern<lb/>
Säugethieren; fällt hingegen nur in der Noth-<lb/>
wehr oder aus äusserstem Hunger Menschen an,<lb/>
schont kleiner krafftloser Geschöpfe mit vieler Leut-<lb/>
seeligkeit; entsetzt und scheut sich aber vor den<lb/>
Bären<noteanchored="true"place="foot"n="*)"><p><hirendition="#aq"><hirendition="#k"><hirendition="#g">strype's</hi></hi><hirendition="#i">Surv. of Lond</hi>. &<hirendition="#i">Westminster</hi>. Lond</hi>. 1720.<lb/><hirendition="#aq">fol. Tom</hi>. I. <hirendition="#aq">p</hi>. 118. <hirendition="#aq">sq</hi>.</p></note>. Er verträgt auch unser Clima recht<lb/>
gut; läst sich ausnehmend zahm machen und<lb/>
selbst zum Zug und zur Jagd andrer Thiere ab-<lb/>
richten. Das Weibgen wirft 3 bis 4 Junge<lb/>
von denen aber meist nur eins erwachsen und<lb/>
die andern am Zahnen sterben sollen<noteanchored="true"place="foot"n="**)"><p><hirendition="#aq"><hirendition="#g"><hirendition="#k">shaw</hi>'s</hi><hirendition="#i">Travels</hi> p</hi>. 171. <hirendition="#aq">ed</hi>. 2.</p></note>.</p><prendition="#indent-2">2. <hirendition="#aq"><hirendition="#i">Tigris</hi></hi>. Das Tigerthier. <hirendition="#aq">F. cauda elon-<lb/>
gata, capite, corpore et cruribus nigro-vir-<lb/>
gatis.</hi> *</p><prendition="#l2em"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">The Tiger</hi></hi>, von G. Stubbs, in schwar-<lb/>
zer Kunst.</p><prendition="#l1em">Der Tiger ist blos in Asien einheimisch. Ein<lb/>
prächtiges, überaus regelmässig schön gestreif-<lb/>
tes, aber fürchterliches Thier. Es wütet gegen<lb/>
seinen Gatten, und frißt im Hunger seine Junge;<lb/>
es fällt ohne Unterschied Menschen und Löwen<lb/>
und andre Säugethiere an, muß aber für dem<lb/>
Elephanten erliegen. Es hat keine Spur von<lb/>
dem Edelmuth des Löwen, doch ist die Sage<lb/>
irrig, daß es durchaus nicht zu bändigen sey.<lb/>
Wir haben selbst einen grossen lebendigen Tiger<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[103/0115]
sein donneränliches Brüllen, seine furchtbare
Stärke und die Mäsigung und der edle Stolz,
den er dem ohngeachtet in Vergleich mit den fol-
genden blutdürstigen mörderischen Raubthie-
ren bezeigt, haben ihm den Beynahmen des Kö-
nigs der Thiere verschafft. Er nährt sich blos
von seiner eignen Beute und zwar von grössern
Säugethieren; fällt hingegen nur in der Noth-
wehr oder aus äusserstem Hunger Menschen an,
schont kleiner krafftloser Geschöpfe mit vieler Leut-
seeligkeit; entsetzt und scheut sich aber vor den
Bären *). Er verträgt auch unser Clima recht
gut; läst sich ausnehmend zahm machen und
selbst zum Zug und zur Jagd andrer Thiere ab-
richten. Das Weibgen wirft 3 bis 4 Junge
von denen aber meist nur eins erwachsen und
die andern am Zahnen sterben sollen **).
2. Tigris. Das Tigerthier. F. cauda elon-
gata, capite, corpore et cruribus nigro-vir-
gatis. *
The Tiger, von G. Stubbs, in schwar-
zer Kunst.
Der Tiger ist blos in Asien einheimisch. Ein
prächtiges, überaus regelmässig schön gestreif-
tes, aber fürchterliches Thier. Es wütet gegen
seinen Gatten, und frißt im Hunger seine Junge;
es fällt ohne Unterschied Menschen und Löwen
und andre Säugethiere an, muß aber für dem
Elephanten erliegen. Es hat keine Spur von
dem Edelmuth des Löwen, doch ist die Sage
irrig, daß es durchaus nicht zu bändigen sey.
Wir haben selbst einen grossen lebendigen Tiger
*) strype's Surv. of Lond. & Westminster. Lond. 1720.
fol. Tom. I. p. 118. sq.
**) shaw's Travels p. 171. ed. 2.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 2. Aufl. Göttingen, 1782, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1782/115>, abgerufen am 31.10.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.