nes nah anliegendes Städlein, einen Patien- ten zu besehen verreisen, und damit machen sie sich unsichtbahr, oder wann er seinen Beutel gespickt hat, nimbt er heimlich hinter der Thü- re Abschied, und verliehret sich ehe es jemand gewahr wird. Etliche sind so verwegen, greif- fen, weil sie etwas erschnapt haben, die Cu- ren an, und nehmen mit leichtfertiger Vor- sicht die Krancken von Tode und verdorbene Menschen an, setzen ihre Reden auf Schrau- ben, die sie denn nach glück-oder unglücklicher Erfolgung nach ihren selbst eigenen Gefallen drehen, gelingt es unter 50 mahlen nur ein- mahl, so bitten sie des wegen bald ein Attesta- tum aus, schlägt aber die Cur fehl, so entschul- digen sie sich auf tausenderley Arthen, und schieben die Schuld entweder auf den Pati- enten oder auf das Gewitter, ja sie scheuen sich nicht GOtt zum Deckel ihrer Boßheit anzu- führen und auff ihn die Schuld zu werffen. Etliche lügen so grosse Grumpen daher, und bereden die einfältige Leuthe solcher Sachen die nie erhört worden, und offters der Natur schnur stracks entgegen stehn. Jndem sie al- so redeten, kamen sie an einen Wald, da hör- ten sie eine weh-klagende und umb Hülffe ruf- fende Stimme, Eckarth rieff, Kutscher, was bedeutet das? der Kutscher antwortete: Mir
ist
P 3
nes nah anliegendes Staͤdlein, einen Patien- ten zu beſehen verreiſen, und damit machen ſie ſich unſichtbahr, oder wann er ſeinen Beutel geſpickt hat, nimbt er heimlich hinter der Thuͤ- re Abſchied, und verliehret ſich ehe es jemand gewahr wird. Etliche ſind ſo verwegen, greif- fen, weil ſie etwas erſchnapt haben, die Cu- ren an, und nehmen mit leichtfertiger Vor- ſicht die Krancken von Tode und verdorbene Menſchen an, ſetzen ihre Reden auf Schrau- ben, die ſie denn nach gluͤck-oder ungluͤcklicher Erfolgung nach ihren ſelbſt eigenen Gefallen drehen, gelingt es unter 50 mahlen nur ein- mahl, ſo bitten ſie des wegen bald ein Atteſta- tum aus, ſchlaͤgt aber die Cur fehl, ſo entſchul- digen ſie ſich auf tauſenderley Arthen, und ſchieben die Schuld entweder auf den Pati- enten oder auf das Gewitter, ja ſie ſcheuen ſich nicht GOtt zum Deckel ihrer Boßheit anzu- fuͤhren und auff ihn die Schuld zu werffen. Etliche luͤgen ſo groſſe Grumpen daher, und bereden die einfaͤltige Leuthe ſolcher Sachen die nie erhoͤrt worden, und offters der Natur ſchnur ſtracks entgegen ſtehn. Jndem ſie al- ſo redeten, kamen ſie an einen Wald, da hoͤr- ten ſie eine weh-klagende und umb Huͤlffe ruf- fende Stimme, Eckarth rieff, Kutſcher, was bedeutet das? der Kutſcher antwortete: Mir
iſt
P 3
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0245"n="229"/>
nes nah anliegendes Staͤdlein, einen Patien-<lb/>
ten zu beſehen verreiſen, und damit machen ſie<lb/>ſich unſichtbahr, oder wann er ſeinen Beutel<lb/>
geſpickt hat, nimbt er heimlich hinter der Thuͤ-<lb/>
re Abſchied, und verliehret ſich ehe es jemand<lb/>
gewahr wird. Etliche ſind ſo verwegen, greif-<lb/>
fen, weil ſie etwas erſchnapt haben, die <hirendition="#aq">Cu-</hi><lb/>
ren an, und nehmen mit leichtfertiger Vor-<lb/>ſicht die Krancken von Tode und verdorbene<lb/>
Menſchen an, ſetzen ihre Reden auf Schrau-<lb/>
ben, die ſie denn nach gluͤck-oder ungluͤcklicher<lb/>
Erfolgung nach ihren ſelbſt eigenen Gefallen<lb/>
drehen, gelingt es unter 50 mahlen nur ein-<lb/>
mahl, ſo bitten ſie des wegen bald ein <hirendition="#aq">Atteſta-<lb/>
tum</hi> aus, ſchlaͤgt aber die <hirendition="#aq">Cur</hi> fehl, ſo entſchul-<lb/>
digen ſie ſich auf tauſenderley Arthen, und<lb/>ſchieben die Schuld entweder auf den Pati-<lb/>
enten oder auf das Gewitter, ja ſie ſcheuen ſich<lb/>
nicht GOtt zum Deckel ihrer Boßheit anzu-<lb/>
fuͤhren und auff ihn die Schuld zu werffen.<lb/>
Etliche luͤgen ſo groſſe Grumpen daher, und<lb/>
bereden die einfaͤltige Leuthe ſolcher Sachen<lb/>
die nie erhoͤrt worden, und offters der Natur<lb/>ſchnur ſtracks entgegen ſtehn. Jndem ſie al-<lb/>ſo redeten, kamen ſie an einen Wald, da hoͤr-<lb/>
ten ſie eine weh-klagende und umb Huͤlffe ruf-<lb/>
fende Stimme, Eckarth rieff, Kutſcher, was<lb/>
bedeutet das? der Kutſcher antwortete: Mir<lb/><fwplace="bottom"type="sig">P 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">iſt</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[229/0245]
nes nah anliegendes Staͤdlein, einen Patien-
ten zu beſehen verreiſen, und damit machen ſie
ſich unſichtbahr, oder wann er ſeinen Beutel
geſpickt hat, nimbt er heimlich hinter der Thuͤ-
re Abſchied, und verliehret ſich ehe es jemand
gewahr wird. Etliche ſind ſo verwegen, greif-
fen, weil ſie etwas erſchnapt haben, die Cu-
ren an, und nehmen mit leichtfertiger Vor-
ſicht die Krancken von Tode und verdorbene
Menſchen an, ſetzen ihre Reden auf Schrau-
ben, die ſie denn nach gluͤck-oder ungluͤcklicher
Erfolgung nach ihren ſelbſt eigenen Gefallen
drehen, gelingt es unter 50 mahlen nur ein-
mahl, ſo bitten ſie des wegen bald ein Atteſta-
tum aus, ſchlaͤgt aber die Cur fehl, ſo entſchul-
digen ſie ſich auf tauſenderley Arthen, und
ſchieben die Schuld entweder auf den Pati-
enten oder auf das Gewitter, ja ſie ſcheuen ſich
nicht GOtt zum Deckel ihrer Boßheit anzu-
fuͤhren und auff ihn die Schuld zu werffen.
Etliche luͤgen ſo groſſe Grumpen daher, und
bereden die einfaͤltige Leuthe ſolcher Sachen
die nie erhoͤrt worden, und offters der Natur
ſchnur ſtracks entgegen ſtehn. Jndem ſie al-
ſo redeten, kamen ſie an einen Wald, da hoͤr-
ten ſie eine weh-klagende und umb Huͤlffe ruf-
fende Stimme, Eckarth rieff, Kutſcher, was
bedeutet das? der Kutſcher antwortete: Mir
iſt
P 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Eckharts Medicinischen Maul-Affens" von Johann Christoph Ettner von Eiteritz wurde 1694 veröffentlicht. Die verwendete Ausgabe von 1719 stellt eine überarbeitete Ausgabe der ersten Ausgabe dar. Da die Ausgabe von 1694 im Projektzeitraum nicht zur Verfügung stand, musste die Ausgabe von 1719 verwendet werden.
Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/245>, abgerufen am 31.10.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.