Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.Forster's Reise um die Welt 1774.März.gleich bey andern Gelegenheiten und sonst überhaupt so leicht nicht zu ermüden war. Die Leute von der Insel waren zurück geblieben, weil sie gesehen hatten, daß wir einen so mühseligen Weg nahmen; bloß ein Mann und ein kleiner Junge blieben bey uns. Da unsre Officiers und ihre Parthey den näch- sten Weg nach dem Schiff verfehlt hatten, so trennte ich mich von ihnen, und nahm mit Doctor Sparrman, einem Matrosen, und den beyden Indianern, den nächsten Weg, den uns die letztern gezeigt hatten. Der alte Mann sahe, daß ich sehr schwach war. Er bot mir also die Hand und gieng neben mir auf den losen Steinen an der Außenseite des Fussteiges, und so brachte er mich, mit großer Geschicklichkeit, eine lange Strecke, weit gemächlicher, fort. Der kleine Junge lief voraus, um die Steine aus dem Wege zu räumen, die im Fus- steig lagen. Nach vielem wiederholten Ausruhen erreichten wir endlich die Höhe eines Berges, von dem wir die West-See, und auf derselben unser Schiff vor Anker liegen sahen. Der Berg war mit der Mimosa überwachsen, die hier 9 bis 10 Fus hoch wuchs. Einige Stämme waren dicht über der Wurzel so dick, als ein Mannsschenkel. Unterweges stießen wir noch auf eine Quelle. Das Wasser aber hatte einen faulen Geschmack, und roch, wie Schwefelleber. Indessen trunken wir doch davon. Die Sonne war nun schon im Untergehen, so daß wir fast zwey Stunden lang, im Dunkeln den Berg hinunter giengen, wobey mir der Beystand meines Indianers doppelt zu statten kam. Ich wartete auf Herrn Pickersgill und dessen Commando; denn ich war ihnen fast 3 Mei- len zuvor gekommen. -- Wenigstens 25 Meilen hatten wir auf den beschwer- lichsten Wegen gemacht, ohne ein Bäumchen anzutreffen, das uns gegen die brennende Sonne hätte schützen können. Meinem freundschaftlichen Führer gab ich zur Vergeltung, alles Tahitische Zeug und allen Vorrath von Nägeln, so ich bey mir hatte, und kam endlich mit dem ganzen Commando glücklich wieder an Bord." Man siehet aus dieser Nachricht, daß selbst die sorgfältigsten Nachfor- Forſter’s Reiſe um die Welt 1774.Maͤrz.gleich bey andern Gelegenheiten und ſonſt uͤberhaupt ſo leicht nicht zu ermuͤden war. Die Leute von der Inſel waren zuruͤck geblieben, weil ſie geſehen hatten, daß wir einen ſo muͤhſeligen Weg nahmen; bloß ein Mann und ein kleiner Junge blieben bey uns. Da unſre Officiers und ihre Parthey den naͤch- ſten Weg nach dem Schiff verfehlt hatten, ſo trennte ich mich von ihnen, und nahm mit Doctor Sparrman, einem Matroſen, und den beyden Indianern, den naͤchſten Weg, den uns die letztern gezeigt hatten. Der alte Mann ſahe, daß ich ſehr ſchwach war. Er bot mir alſo die Hand und gieng neben mir auf den loſen Steinen an der Außenſeite des Fusſteiges, und ſo brachte er mich, mit großer Geſchicklichkeit, eine lange Strecke, weit gemaͤchlicher, fort. Der kleine Junge lief voraus, um die Steine aus dem Wege zu raͤumen, die im Fus- ſteig lagen. Nach vielem wiederholten Ausruhen erreichten wir endlich die Hoͤhe eines Berges, von dem wir die Weſt-See, und auf derſelben unſer Schiff vor Anker liegen ſahen. Der Berg war mit der Mimoſa uͤberwachſen, die hier 9 bis 10 Fus hoch wuchs. Einige Staͤmme waren dicht uͤber der Wurzel ſo dick, als ein Mannsſchenkel. Unterweges ſtießen wir noch auf eine Quelle. Das Waſſer aber hatte einen faulen Geſchmack, und roch, wie Schwefelleber. Indeſſen trunken wir doch davon. Die Sonne war nun ſchon im Untergehen, ſo daß wir faſt zwey Stunden lang, im Dunkeln den Berg hinunter giengen, wobey mir der Beyſtand meines Indianers doppelt zu ſtatten kam. Ich wartete auf Herrn Pickersgill und deſſen Commando; denn ich war ihnen faſt 3 Mei- len zuvor gekommen. — Wenigſtens 25 Meilen hatten wir auf den beſchwer- lichſten Wegen gemacht, ohne ein Baͤumchen anzutreffen, das uns gegen die brennende Sonne haͤtte ſchuͤtzen koͤnnen. Meinem freundſchaftlichen Fuͤhrer gab ich zur Vergeltung, alles Tahitiſche Zeug und allen Vorrath von Naͤgeln, ſo ich bey mir hatte, und kam endlich mit dem ganzen Commando gluͤcklich wieder an Bord.“ Man ſiehet aus dieſer Nachricht, daß ſelbſt die ſorgfaͤltigſten Nachfor- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0503" n="444"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><persName>Forſter’s</persName> Reiſe um die Welt</hi></fw><lb/><note place="left">1774.<lb/> Maͤrz.</note>gleich bey andern Gelegenheiten und ſonſt uͤberhaupt ſo leicht nicht zu ermuͤden<lb/> war. Die Leute von der Inſel waren zuruͤck geblieben, weil ſie geſehen<lb/> hatten, daß wir einen ſo muͤhſeligen Weg nahmen; bloß ein Mann und ein<lb/> kleiner Junge blieben bey uns. Da unſre Officiers und ihre Parthey den naͤch-<lb/> ſten Weg nach dem Schiff verfehlt hatten, ſo trennte ich mich von ihnen, und<lb/> nahm mit Doctor <hi rendition="#fr"><persName>Sparrman</persName></hi>, einem Matroſen, und den beyden Indianern,<lb/> den naͤchſten Weg, den uns die letztern gezeigt hatten. Der alte Mann ſahe,<lb/> daß ich ſehr ſchwach war. Er bot mir alſo die Hand und gieng neben mir auf<lb/> den loſen Steinen an der Außenſeite des Fusſteiges, und ſo brachte er mich, mit<lb/> großer Geſchicklichkeit, eine lange Strecke, weit gemaͤchlicher, fort. Der<lb/> kleine Junge lief voraus, um die Steine aus dem Wege zu raͤumen, die im Fus-<lb/> ſteig lagen. Nach vielem wiederholten Ausruhen erreichten wir endlich die Hoͤhe<lb/> eines Berges, von dem wir die <placeName>Weſt-See</placeName>, und auf derſelben unſer Schiff vor<lb/> Anker liegen ſahen. Der Berg war mit der <hi rendition="#fr">Mimoſa</hi> uͤberwachſen, die hier 9<lb/> bis 10 Fus hoch wuchs. Einige Staͤmme waren dicht uͤber der Wurzel ſo<lb/> dick, als ein Mannsſchenkel. Unterweges ſtießen wir noch auf eine Quelle.<lb/> Das Waſſer aber hatte einen faulen Geſchmack, und roch, wie Schwefelleber.<lb/> Indeſſen trunken wir doch davon. Die Sonne war nun ſchon im Untergehen,<lb/> ſo daß wir faſt zwey Stunden lang, im Dunkeln den Berg hinunter giengen,<lb/> wobey mir der Beyſtand meines Indianers doppelt zu ſtatten kam. Ich wartete<lb/> auf Herrn <hi rendition="#fr"><persName>Pickersgill</persName></hi> und deſſen Commando; denn ich war ihnen faſt 3 Mei-<lb/> len zuvor gekommen. — Wenigſtens 25 Meilen hatten wir auf den beſchwer-<lb/> lichſten Wegen gemacht, ohne ein Baͤumchen anzutreffen, das uns gegen die<lb/> brennende Sonne haͤtte ſchuͤtzen koͤnnen. Meinem freundſchaftlichen Fuͤhrer<lb/> gab ich zur Vergeltung, alles Tahitiſche Zeug und allen Vorrath von<lb/> Naͤgeln, ſo ich bey mir hatte, und kam endlich mit dem ganzen Commando<lb/> gluͤcklich wieder an Bord.“</p><lb/> <p>Man ſiehet aus dieſer Nachricht, daß ſelbſt die ſorgfaͤltigſten Nachfor-<lb/> ſchungen noch nicht hinreichend geweſen ſind, ein gewiſſes Licht uͤber die bewun-<lb/> dernswuͤrdigen Gegenſtaͤnde zu verbreiten, die wir auf dieſer Inſel antrafen. Was<lb/> beſonders die rieſenmaͤßigen Monumente anlangt, die hier uͤberall ſo haͤufig ſind,<lb/> und doch die Kraͤfte der gegenwaͤrtigen Einwohner gar weit zu uͤbertreffen ſcheinen,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [444/0503]
Forſter’s Reiſe um die Welt
gleich bey andern Gelegenheiten und ſonſt uͤberhaupt ſo leicht nicht zu ermuͤden
war. Die Leute von der Inſel waren zuruͤck geblieben, weil ſie geſehen
hatten, daß wir einen ſo muͤhſeligen Weg nahmen; bloß ein Mann und ein
kleiner Junge blieben bey uns. Da unſre Officiers und ihre Parthey den naͤch-
ſten Weg nach dem Schiff verfehlt hatten, ſo trennte ich mich von ihnen, und
nahm mit Doctor Sparrman, einem Matroſen, und den beyden Indianern,
den naͤchſten Weg, den uns die letztern gezeigt hatten. Der alte Mann ſahe,
daß ich ſehr ſchwach war. Er bot mir alſo die Hand und gieng neben mir auf
den loſen Steinen an der Außenſeite des Fusſteiges, und ſo brachte er mich, mit
großer Geſchicklichkeit, eine lange Strecke, weit gemaͤchlicher, fort. Der
kleine Junge lief voraus, um die Steine aus dem Wege zu raͤumen, die im Fus-
ſteig lagen. Nach vielem wiederholten Ausruhen erreichten wir endlich die Hoͤhe
eines Berges, von dem wir die Weſt-See, und auf derſelben unſer Schiff vor
Anker liegen ſahen. Der Berg war mit der Mimoſa uͤberwachſen, die hier 9
bis 10 Fus hoch wuchs. Einige Staͤmme waren dicht uͤber der Wurzel ſo
dick, als ein Mannsſchenkel. Unterweges ſtießen wir noch auf eine Quelle.
Das Waſſer aber hatte einen faulen Geſchmack, und roch, wie Schwefelleber.
Indeſſen trunken wir doch davon. Die Sonne war nun ſchon im Untergehen,
ſo daß wir faſt zwey Stunden lang, im Dunkeln den Berg hinunter giengen,
wobey mir der Beyſtand meines Indianers doppelt zu ſtatten kam. Ich wartete
auf Herrn Pickersgill und deſſen Commando; denn ich war ihnen faſt 3 Mei-
len zuvor gekommen. — Wenigſtens 25 Meilen hatten wir auf den beſchwer-
lichſten Wegen gemacht, ohne ein Baͤumchen anzutreffen, das uns gegen die
brennende Sonne haͤtte ſchuͤtzen koͤnnen. Meinem freundſchaftlichen Fuͤhrer
gab ich zur Vergeltung, alles Tahitiſche Zeug und allen Vorrath von
Naͤgeln, ſo ich bey mir hatte, und kam endlich mit dem ganzen Commando
gluͤcklich wieder an Bord.“
1774.
Maͤrz.
Man ſiehet aus dieſer Nachricht, daß ſelbſt die ſorgfaͤltigſten Nachfor-
ſchungen noch nicht hinreichend geweſen ſind, ein gewiſſes Licht uͤber die bewun-
dernswuͤrdigen Gegenſtaͤnde zu verbreiten, die wir auf dieſer Inſel antrafen. Was
beſonders die rieſenmaͤßigen Monumente anlangt, die hier uͤberall ſo haͤufig ſind,
und doch die Kraͤfte der gegenwaͤrtigen Einwohner gar weit zu uͤbertreffen ſcheinen,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |