Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.Forster's Reise um die Welt 1774.März.Artikel, der noch von einigem Belang war, machten die süßen Kartoffeln, aber nach gleicher und richtiger Vertheilung des ganzen Vorrathes, welchen wir eingekauft, konnte der gemeine Mann nur ein paar kleine Mahlzeiten davon machen. Pisangs, Yams und Zucker-Röhre gab es so wenig, daß es kaum des Handels werth war. Die Zahl der Hühner, welche wir erhielten, und die noch dazu von sehr kleiner Art waren, belief sich nicht auf funfzig Stück; selbst des hier gefüllten Wassers war wenig, geschweige daß es einen schlechten Geschmack hatte. Indessen, so unbeträchtlich auch diese Erfrischungen waren, so bekamen wir sie doch zur rechten Zeit, und sie halfen uns wenigstens so viel, daß wir von den stärke- ren Scorbut-Angriffen und Gallenkrankheiten so lange verschont blieben, bis wir einen bessern Erfrischungsplatz erreichen konnten. Bey dem erbärmlichen Zustande der Einwohner, ist es noch zu verwundern, daß sie uns so viel von ihren Lebensmitteln, deren Anbau ihnen so sauer und mühsam geworden seyn muß, zukommen ließen. Der unfruchtbare harte Boden, die Seltenheit und Abnahme des zahmen Viehes, der Mangel an Reusen und andern Fischer-Ge- räthe, müssen ihren Lebens-Unterhalt sehr eingeschränkt, mühsam und ungewiß machen. Gleichwohl ließen sie sich von der Begierde nach unbekannten Klei- nigkeiten und Merkwürdigkeiten hinreißen, uns einen Theil davon abzulassen, ohne zu bedenken, wie groß und dringend ihr eignes Bedürfniß sey. So- wohl hierin, als in unzähligen andern Umständen, kommen sie mit den Ein- wohnern von Neu-Seeland, Tahiti und den freundschaftlichen Inseln, die glei- chen Ursprungs mit ihnen zu seyn scheinen, sehr nahe überein. Ihre Gesichts- züge sind der Bildung jener Völker so ähnlich, daß man den gemeinschaftlichen Character der Nation sogleich daran erkennen kann. Ihre gelbbraune Farbe ist wie die Haut der Neu-Seeländer; ihr Punctiren der Haut; ihre Kleidung von Maulbeer-Rinde; ihre besondre Neigung zur rothen Farbe und Kleidung; die Form und Arbeit ihrer Keulen; die Art wie sie ihre Speisen zubereiten -- alles das giebt ihnen mit obbenannten Völkern eine große Aehnlichkeit. Hieher ist noch die Uebereinstimmung ihrer Sprachen zu rechnen. Der Dialekt auf Oster-Ey- land, kommt in vielen Stücken mit dem Neu-Seeländischen, vornemlich in der harten Aussprache und dem Gebrauch der Guttural-Buchstaben, überein. In andrer Absicht hat er auch viel ähnliches mit dem Tahitischen Dialect. Auch die
Forſter’s Reiſe um die Welt 1774.Maͤrz.Artikel, der noch von einigem Belang war, machten die ſuͤßen Kartoffeln, aber nach gleicher und richtiger Vertheilung des ganzen Vorrathes, welchen wir eingekauft, konnte der gemeine Mann nur ein paar kleine Mahlzeiten davon machen. Piſangs, Yams und Zucker-Roͤhre gab es ſo wenig, daß es kaum des Handels werth war. Die Zahl der Huͤhner, welche wir erhielten, und die noch dazu von ſehr kleiner Art waren, belief ſich nicht auf funfzig Stuͤck; ſelbſt des hier gefuͤllten Waſſers war wenig, geſchweige daß es einen ſchlechten Geſchmack hatte. Indeſſen, ſo unbetraͤchtlich auch dieſe Erfriſchungen waren, ſo bekamen wir ſie doch zur rechten Zeit, und ſie halfen uns wenigſtens ſo viel, daß wir von den ſtaͤrke- ren Scorbut-Angriffen und Gallenkrankheiten ſo lange verſchont blieben, bis wir einen beſſern Erfriſchungsplatz erreichen konnten. Bey dem erbaͤrmlichen Zuſtande der Einwohner, iſt es noch zu verwundern, daß ſie uns ſo viel von ihren Lebensmitteln, deren Anbau ihnen ſo ſauer und muͤhſam geworden ſeyn muß, zukommen ließen. Der unfruchtbare harte Boden, die Seltenheit und Abnahme des zahmen Viehes, der Mangel an Reuſen und andern Fiſcher-Ge- raͤthe, muͤſſen ihren Lebens-Unterhalt ſehr eingeſchraͤnkt, muͤhſam und ungewiß machen. Gleichwohl ließen ſie ſich von der Begierde nach unbekannten Klei- nigkeiten und Merkwuͤrdigkeiten hinreißen, uns einen Theil davon abzulaſſen, ohne zu bedenken, wie groß und dringend ihr eignes Beduͤrfniß ſey. So- wohl hierin, als in unzaͤhligen andern Umſtaͤnden, kommen ſie mit den Ein- wohnern von Neu-Seeland, Tahiti und den freundſchaftlichen Inſeln, die glei- chen Urſprungs mit ihnen zu ſeyn ſcheinen, ſehr nahe uͤberein. Ihre Geſichts- zuͤge ſind der Bildung jener Voͤlker ſo aͤhnlich, daß man den gemeinſchaftlichen Character der Nation ſogleich daran erkennen kann. Ihre gelbbraune Farbe iſt wie die Haut der Neu-Seelaͤnder; ihr Punctiren der Haut; ihre Kleidung von Maulbeer-Rinde; ihre beſondre Neigung zur rothen Farbe und Kleidung; die Form und Arbeit ihrer Keulen; die Art wie ſie ihre Speiſen zubereiten — alles das giebt ihnen mit obbenannten Voͤlkern eine große Aehnlichkeit. Hieher iſt noch die Uebereinſtimmung ihrer Sprachen zu rechnen. Der Dialekt auf Oſter-Ey- land, kommt in vielen Stuͤcken mit dem Neu-Seelaͤndiſchen, vornemlich in der harten Ausſprache und dem Gebrauch der Guttural-Buchſtaben, uͤberein. In andrer Abſicht hat er auch viel aͤhnliches mit dem Tahitiſchen Dialect. Auch die
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Forſter’s Reiſe um die Welt
Artikel, der noch von einigem Belang war, machten die ſuͤßen Kartoffeln,
aber nach gleicher und richtiger Vertheilung des ganzen Vorrathes, welchen
wir eingekauft, konnte der gemeine Mann nur ein paar kleine Mahlzeiten davon
machen. Piſangs, Yams und Zucker-Roͤhre gab es ſo wenig, daß es kaum
des Handels werth war. Die Zahl der Huͤhner, welche wir erhielten, und die noch
dazu von ſehr kleiner Art waren, belief ſich nicht auf funfzig Stuͤck; ſelbſt des hier
gefuͤllten Waſſers war wenig, geſchweige daß es einen ſchlechten Geſchmack hatte.
Indeſſen, ſo unbetraͤchtlich auch dieſe Erfriſchungen waren, ſo bekamen wir ſie doch
zur rechten Zeit, und ſie halfen uns wenigſtens ſo viel, daß wir von den ſtaͤrke-
ren Scorbut-Angriffen und Gallenkrankheiten ſo lange verſchont blieben, bis
wir einen beſſern Erfriſchungsplatz erreichen konnten. Bey dem erbaͤrmlichen
Zuſtande der Einwohner, iſt es noch zu verwundern, daß ſie uns ſo viel von
ihren Lebensmitteln, deren Anbau ihnen ſo ſauer und muͤhſam geworden ſeyn
muß, zukommen ließen. Der unfruchtbare harte Boden, die Seltenheit und
Abnahme des zahmen Viehes, der Mangel an Reuſen und andern Fiſcher-Ge-
raͤthe, muͤſſen ihren Lebens-Unterhalt ſehr eingeſchraͤnkt, muͤhſam und ungewiß
machen. Gleichwohl ließen ſie ſich von der Begierde nach unbekannten Klei-
nigkeiten und Merkwuͤrdigkeiten hinreißen, uns einen Theil davon abzulaſſen,
ohne zu bedenken, wie groß und dringend ihr eignes Beduͤrfniß ſey. So-
wohl hierin, als in unzaͤhligen andern Umſtaͤnden, kommen ſie mit den Ein-
wohnern von Neu-Seeland, Tahiti und den freundſchaftlichen Inſeln, die glei-
chen Urſprungs mit ihnen zu ſeyn ſcheinen, ſehr nahe uͤberein. Ihre Geſichts-
zuͤge ſind der Bildung jener Voͤlker ſo aͤhnlich, daß man den gemeinſchaftlichen
Character der Nation ſogleich daran erkennen kann. Ihre gelbbraune Farbe iſt
wie die Haut der Neu-Seelaͤnder; ihr Punctiren der Haut; ihre Kleidung von
Maulbeer-Rinde; ihre beſondre Neigung zur rothen Farbe und Kleidung; die
Form und Arbeit ihrer Keulen; die Art wie ſie ihre Speiſen zubereiten — alles
das giebt ihnen mit obbenannten Voͤlkern eine große Aehnlichkeit. Hieher iſt noch
die Uebereinſtimmung ihrer Sprachen zu rechnen. Der Dialekt auf Oſter-Ey-
land, kommt in vielen Stuͤcken mit dem Neu-Seelaͤndiſchen, vornemlich in der
harten Ausſprache und dem Gebrauch der Guttural-Buchſtaben, uͤberein. In
andrer Abſicht hat er auch viel aͤhnliches mit dem Tahitiſchen Dialect. Auch
die
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