Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

in den Jahren 1772 bis 1775.
Holländern aber besaantjes (medusa velella & holuthuria physalis) ge-1772.
Septem-
ber.

nannt werden, waren auf allen Seiten des Schifs in großer Menge zu sehen.

Am 27. untersuchten wir abermals die Ströhmung und Wärme des
Wassers, mit ohngefähr gleichem Erfolge als zuvor. Das Thermometer stand
in freyer Luft auf 721/2 gleich unter der Oberfläche des Wassers fiel es auf 70°.
und in einer Tiefe von 80 Faden sank es auf 68°. Es blieb 15 Minuten
unter Wasser, und 7 Minuten wurden zum Heraufziehen erfordert. Unter an-
dern fiel uns heute auch eine neue Art von Blubbers (Medusa) in die Hände
und eben so bekamen wir Gelegenheit, einen Vogel, der sich seit zween Tagen
hatte sehen lassen, jetzt näher zu betrachten, da sich denn zeigte, daß es der ge-
wöhnliche große Sturmvogel (procellaria puffinus) war. Wir hatten nun-
mehro den fünf und zwanzigsten Grad südlicher Breite erreicht, und da wir
fanden, daß in dieser Gegend der Wind nach und nach aus Ost zu Süden, über
Ost zu Nord, in Nordost sich herum setzte, so machten wir uns diese Gelegenheit
zu Nutze, Südwärts zu steuern. Während unsrer Fahrt innerhalb des heißen
Himmelsstrichs, den wir nunmehro verließen, waren wir dermaßen an die Wär-
me gewöhnt worden, daß wir jezt schon eine große Verändrung im Clima fanden,
ob es gleich nach Angabe des Thermometers, kaum um zehen Grade kälter
war als zuvor. Ich ward diesen Unterschied der Luft am nachdrücklichsten inne,
denn mir brachte derselbe einen heftigen Schnupfen, Zahnweh und geschwollne
Backen zuwege.

Am vierten Oetober sahen wir, bey kaltem Wetter und scharfer Luft, große
Haufen der gewöhnlichen kleinen Sturmvögel (procellaria pelagica) die von
rußbrauner Farbe sind und weiße Steiße haben. Am folgenden Tage zeigten
sich auch die ersten Albatroße (diomedea exulans) und Pintaden (procellaria
capensis.
)

Am 11ten wars gelinde und fast Meerstill, hingegen war es einige Tage
zuvor neblig und stürmisch gewesen; diese Witterung mußte die Seevögel, vor-
nemlich die Pintaden, ganz heißhungrig gemacht haben, denn letztere schluckten so
gierig nach unsren mit etwas Schweins- oder Hammelfleisch besteckten Angeln,
daß wir ihrer mehr als acht Stück in kurzer Zeit fiengen. Am Abend beobach-
teten wir eine Mondfinsternis, deren Ende Nachmittags ohngefähr um 6 Uhr

in den Jahren 1772 bis 1775.
Hollaͤndern aber beſaantjes (meduſa velella & holuthuria phyſalis) ge-1772.
Septem-
ber.

nannt werden, waren auf allen Seiten des Schifs in großer Menge zu ſehen.

Am 27. unterſuchten wir abermals die Stroͤhmung und Waͤrme des
Waſſers, mit ohngefaͤhr gleichem Erfolge als zuvor. Das Thermometer ſtand
in freyer Luft auf 72½ gleich unter der Oberflaͤche des Waſſers fiel es auf 70°.
und in einer Tiefe von 80 Faden ſank es auf 68°. Es blieb 15 Minuten
unter Waſſer, und 7 Minuten wurden zum Heraufziehen erfordert. Unter an-
dern fiel uns heute auch eine neue Art von Blubbers (Meduſa) in die Haͤnde
und eben ſo bekamen wir Gelegenheit, einen Vogel, der ſich ſeit zween Tagen
hatte ſehen laſſen, jetzt naͤher zu betrachten, da ſich denn zeigte, daß es der ge-
woͤhnliche große Sturmvogel (procellaria puffinus) war. Wir hatten nun-
mehro den fuͤnf und zwanzigſten Grad ſuͤdlicher Breite erreicht, und da wir
fanden, daß in dieſer Gegend der Wind nach und nach aus Oſt zu Suͤden, uͤber
Oſt zu Nord, in Nordoſt ſich herum ſetzte, ſo machten wir uns dieſe Gelegenheit
zu Nutze, Suͤdwaͤrts zu ſteuern. Waͤhrend unſrer Fahrt innerhalb des heißen
Himmelsſtrichs, den wir nunmehro verließen, waren wir dermaßen an die Waͤr-
me gewoͤhnt worden, daß wir jezt ſchon eine große Veraͤndrung im Clima fanden,
ob es gleich nach Angabe des Thermometers, kaum um zehen Grade kaͤlter
war als zuvor. Ich ward dieſen Unterſchied der Luft am nachdruͤcklichſten inne,
denn mir brachte derſelbe einen heftigen Schnupfen, Zahnweh und geſchwollne
Backen zuwege.

Am vierten Oetober ſahen wir, bey kaltem Wetter und ſcharfer Luft, große
Haufen der gewoͤhnlichen kleinen Sturmvoͤgel (procellaria pelagica) die von
rußbrauner Farbe ſind und weiße Steiße haben. Am folgenden Tage zeigten
ſich auch die erſten Albatroße (diomedea exulans) und Pintaden (procellaria
capenſis.
)

Am 11ten wars gelinde und faſt Meerſtill, hingegen war es einige Tage
zuvor neblig und ſtuͤrmiſch geweſen; dieſe Witterung mußte die Seevoͤgel, vor-
nemlich die Pintaden, ganz heißhungrig gemacht haben, denn letztere ſchluckten ſo
gierig nach unſren mit etwas Schweins- oder Hammelfleiſch beſteckten Angeln,
daß wir ihrer mehr als acht Stuͤck in kurzer Zeit fiengen. Am Abend beobach-
teten wir eine Mondfinſternis, deren Ende Nachmittags ohngefaͤhr um 6 Uhr

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0084" n="39"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">in den Jahren 1772 bis 1775.</hi></fw><lb/>
Holla&#x0364;ndern aber <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">be&#x017F;aantjes</hi></hi> (<hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">medu&#x017F;a velella &amp; holuthuria phy&#x017F;alis</hi></hi>) ge-<note place="right">1772.<lb/>
Septem-<lb/>
ber.</note><lb/>
nannt werden, waren auf allen Seiten des Schifs in großer Menge zu &#x017F;ehen.</p><lb/>
        <p>Am 27. unter&#x017F;uchten wir abermals die Stro&#x0364;hmung und Wa&#x0364;rme des<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;ers, mit ohngefa&#x0364;hr gleichem Erfolge als zuvor. Das Thermometer &#x017F;tand<lb/>
in freyer Luft auf 72½ gleich unter der Oberfla&#x0364;che des Wa&#x017F;&#x017F;ers fiel es auf 70°.<lb/>
und in einer Tiefe von 80 Faden &#x017F;ank es auf 68°. Es blieb 15 Minuten<lb/>
unter Wa&#x017F;&#x017F;er, und 7 Minuten wurden zum Heraufziehen erfordert. Unter an-<lb/>
dern fiel uns heute auch eine neue Art von Blubbers (<hi rendition="#aq">Medu&#x017F;a</hi>) in die Ha&#x0364;nde<lb/>
und eben &#x017F;o bekamen wir Gelegenheit, einen Vogel, der &#x017F;ich &#x017F;eit zween Tagen<lb/>
hatte &#x017F;ehen la&#x017F;&#x017F;en, jetzt na&#x0364;her zu betrachten, da &#x017F;ich denn zeigte, daß es der ge-<lb/>
wo&#x0364;hnliche große Sturmvogel (<hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">procellaria puffinus</hi></hi>) war. Wir hatten nun-<lb/>
mehro den fu&#x0364;nf und zwanzig&#x017F;ten Grad &#x017F;u&#x0364;dlicher Breite erreicht, und da wir<lb/>
fanden, daß in die&#x017F;er Gegend der Wind nach und nach aus O&#x017F;t zu Su&#x0364;den, u&#x0364;ber<lb/>
O&#x017F;t zu Nord, in Nordo&#x017F;t &#x017F;ich herum &#x017F;etzte, &#x017F;o machten wir uns die&#x017F;e Gelegenheit<lb/>
zu Nutze, Su&#x0364;dwa&#x0364;rts zu &#x017F;teuern. Wa&#x0364;hrend un&#x017F;rer Fahrt innerhalb des heißen<lb/>
Himmels&#x017F;trichs, den wir nunmehro verließen, waren wir dermaßen an die Wa&#x0364;r-<lb/>
me gewo&#x0364;hnt worden, daß wir jezt &#x017F;chon eine große Vera&#x0364;ndrung im Clima fanden,<lb/>
ob es gleich nach Angabe des Thermometers, kaum um zehen Grade ka&#x0364;lter<lb/>
war als zuvor. Ich ward die&#x017F;en Unter&#x017F;chied der Luft am nachdru&#x0364;cklich&#x017F;ten inne,<lb/>
denn mir brachte der&#x017F;elbe einen heftigen Schnupfen, Zahnweh und ge&#x017F;chwollne<lb/>
Backen zuwege.</p><lb/>
        <p>Am vierten Oetober &#x017F;ahen wir, bey kaltem Wetter und &#x017F;charfer Luft, große<lb/>
Haufen der gewo&#x0364;hnlichen kleinen Sturmvo&#x0364;gel (<hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">procellaria pelagica</hi></hi>) die von<lb/>
rußbrauner Farbe &#x017F;ind und weiße Steiße haben. Am folgenden Tage zeigten<lb/>
&#x017F;ich auch die er&#x017F;ten Albatroße (<hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">diomedea exulans</hi></hi>) und Pintaden (<hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">procellaria<lb/>
capen&#x017F;is.</hi></hi>)</p><lb/>
        <p>Am 11ten wars gelinde und fa&#x017F;t Meer&#x017F;till, hingegen war es einige Tage<lb/>
zuvor neblig und &#x017F;tu&#x0364;rmi&#x017F;ch gewe&#x017F;en; die&#x017F;e Witterung mußte die Seevo&#x0364;gel, vor-<lb/>
nemlich die Pintaden, ganz heißhungrig gemacht haben, denn letztere &#x017F;chluckten &#x017F;o<lb/>
gierig nach un&#x017F;ren mit etwas Schweins- oder Hammelflei&#x017F;ch be&#x017F;teckten Angeln,<lb/>
daß wir ihrer mehr als acht Stu&#x0364;ck in kurzer Zeit fiengen. Am Abend beobach-<lb/>
teten wir eine Mondfin&#x017F;ternis, deren Ende Nachmittags ohngefa&#x0364;hr um 6 Uhr<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[39/0084] in den Jahren 1772 bis 1775. Hollaͤndern aber beſaantjes (meduſa velella & holuthuria phyſalis) ge- nannt werden, waren auf allen Seiten des Schifs in großer Menge zu ſehen. 1772. Septem- ber. Am 27. unterſuchten wir abermals die Stroͤhmung und Waͤrme des Waſſers, mit ohngefaͤhr gleichem Erfolge als zuvor. Das Thermometer ſtand in freyer Luft auf 72½ gleich unter der Oberflaͤche des Waſſers fiel es auf 70°. und in einer Tiefe von 80 Faden ſank es auf 68°. Es blieb 15 Minuten unter Waſſer, und 7 Minuten wurden zum Heraufziehen erfordert. Unter an- dern fiel uns heute auch eine neue Art von Blubbers (Meduſa) in die Haͤnde und eben ſo bekamen wir Gelegenheit, einen Vogel, der ſich ſeit zween Tagen hatte ſehen laſſen, jetzt naͤher zu betrachten, da ſich denn zeigte, daß es der ge- woͤhnliche große Sturmvogel (procellaria puffinus) war. Wir hatten nun- mehro den fuͤnf und zwanzigſten Grad ſuͤdlicher Breite erreicht, und da wir fanden, daß in dieſer Gegend der Wind nach und nach aus Oſt zu Suͤden, uͤber Oſt zu Nord, in Nordoſt ſich herum ſetzte, ſo machten wir uns dieſe Gelegenheit zu Nutze, Suͤdwaͤrts zu ſteuern. Waͤhrend unſrer Fahrt innerhalb des heißen Himmelsſtrichs, den wir nunmehro verließen, waren wir dermaßen an die Waͤr- me gewoͤhnt worden, daß wir jezt ſchon eine große Veraͤndrung im Clima fanden, ob es gleich nach Angabe des Thermometers, kaum um zehen Grade kaͤlter war als zuvor. Ich ward dieſen Unterſchied der Luft am nachdruͤcklichſten inne, denn mir brachte derſelbe einen heftigen Schnupfen, Zahnweh und geſchwollne Backen zuwege. Am vierten Oetober ſahen wir, bey kaltem Wetter und ſcharfer Luft, große Haufen der gewoͤhnlichen kleinen Sturmvoͤgel (procellaria pelagica) die von rußbrauner Farbe ſind und weiße Steiße haben. Am folgenden Tage zeigten ſich auch die erſten Albatroße (diomedea exulans) und Pintaden (procellaria capenſis.) Am 11ten wars gelinde und faſt Meerſtill, hingegen war es einige Tage zuvor neblig und ſtuͤrmiſch geweſen; dieſe Witterung mußte die Seevoͤgel, vor- nemlich die Pintaden, ganz heißhungrig gemacht haben, denn letztere ſchluckten ſo gierig nach unſren mit etwas Schweins- oder Hammelfleiſch beſteckten Angeln, daß wir ihrer mehr als acht Stuͤck in kurzer Zeit fiengen. Am Abend beobach- teten wir eine Mondfinſternis, deren Ende Nachmittags ohngefaͤhr um 6 Uhr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/84
Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/84>, abgerufen am 31.10.2024.