Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

Bild:
<< vorherige Seite

hinweg. Sonderbar ist es jedoch, daß ich
nach acht Jahren, in dem Kleide das mir
geträumt hatte, und das ich nicht aus Wahl
sondern aus Zufall gerade trug, mich auf
demselben Wege fand, um Friedriken noch
einmal zu besuchen. Es mag sich übrigens
mit diesen Dingen wie es will verhalten, das
wunderliche Trugbild gab mir in jenen Au¬
genblicken des Scheidens einige Beruhigung.
Der Schmerz das herrliche Elsaß, mit allem
was ich darin erworben, auf immer zu ver¬
lassen, war gemildert, und ich fand mich,
dem Taumel des Lebewohls endlich entflohn,
auf einer friedlichen und erheiternden Reise
so ziemlich wieder.

In Mannheim angelangt, eilte ich mit
größter Begierde, den Antikensaal zu sehn,
von dem man viel Rühmens machte. Schon
in Leipzig, bey Gelegenheit der Winkelmann¬
schen und Lessingschen Schriften, hatte ich
viel von diesen bedeutenden Kunstwerken re¬

hinweg. Sonderbar iſt es jedoch, daß ich
nach acht Jahren, in dem Kleide das mir
getraͤumt hatte, und das ich nicht aus Wahl
ſondern aus Zufall gerade trug, mich auf
demſelben Wege fand, um Friedriken noch
einmal zu beſuchen. Es mag ſich uͤbrigens
mit dieſen Dingen wie es will verhalten, das
wunderliche Trugbild gab mir in jenen Au¬
genblicken des Scheidens einige Beruhigung.
Der Schmerz das herrliche Elſaß, mit allem
was ich darin erworben, auf immer zu ver¬
laſſen, war gemildert, und ich fand mich,
dem Taumel des Lebewohls endlich entflohn,
auf einer friedlichen und erheiternden Reiſe
ſo ziemlich wieder.

In Mannheim angelangt, eilte ich mit
groͤßter Begierde, den Antikenſaal zu ſehn,
von dem man viel Ruͤhmens machte. Schon
in Leipzig, bey Gelegenheit der Winkelmann¬
ſchen und Leſſingſchen Schriften, hatte ich
viel von dieſen bedeutenden Kunſtwerken re¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0136" n="128"/>
hinweg. Sonderbar i&#x017F;t es jedoch, daß ich<lb/>
nach acht Jahren, in dem Kleide das mir<lb/>
getra&#x0364;umt hatte, und das ich nicht aus Wahl<lb/>
&#x017F;ondern aus Zufall gerade trug, mich auf<lb/>
dem&#x017F;elben Wege fand, um Friedriken noch<lb/>
einmal zu be&#x017F;uchen. Es mag &#x017F;ich u&#x0364;brigens<lb/>
mit die&#x017F;en Dingen wie es will verhalten, das<lb/>
wunderliche Trugbild gab mir in jenen Au¬<lb/>
genblicken des Scheidens einige Beruhigung.<lb/>
Der Schmerz das herrliche El&#x017F;aß, mit allem<lb/>
was ich darin erworben, auf immer zu ver¬<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, war gemildert, und ich fand mich,<lb/>
dem Taumel des Lebewohls endlich entflohn,<lb/>
auf einer friedlichen und erheiternden Rei&#x017F;e<lb/>
&#x017F;o ziemlich wieder.</p><lb/>
        <p>In Mannheim angelangt, eilte ich mit<lb/>
gro&#x0364;ßter Begierde, den Antiken&#x017F;aal zu &#x017F;ehn,<lb/>
von dem man viel Ru&#x0364;hmens machte. Schon<lb/>
in Leipzig, bey Gelegenheit der Winkelmann¬<lb/>
&#x017F;chen und Le&#x017F;&#x017F;ing&#x017F;chen Schriften, hatte ich<lb/>
viel von die&#x017F;en bedeutenden Kun&#x017F;twerken re¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[128/0136] hinweg. Sonderbar iſt es jedoch, daß ich nach acht Jahren, in dem Kleide das mir getraͤumt hatte, und das ich nicht aus Wahl ſondern aus Zufall gerade trug, mich auf demſelben Wege fand, um Friedriken noch einmal zu beſuchen. Es mag ſich uͤbrigens mit dieſen Dingen wie es will verhalten, das wunderliche Trugbild gab mir in jenen Au¬ genblicken des Scheidens einige Beruhigung. Der Schmerz das herrliche Elſaß, mit allem was ich darin erworben, auf immer zu ver¬ laſſen, war gemildert, und ich fand mich, dem Taumel des Lebewohls endlich entflohn, auf einer friedlichen und erheiternden Reiſe ſo ziemlich wieder. In Mannheim angelangt, eilte ich mit groͤßter Begierde, den Antikenſaal zu ſehn, von dem man viel Ruͤhmens machte. Schon in Leipzig, bey Gelegenheit der Winkelmann¬ ſchen und Leſſingſchen Schriften, hatte ich viel von dieſen bedeutenden Kunſtwerken re¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/136
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/136>, abgerufen am 31.10.2024.