av, iv, uv, wiewohl die beiden letzten von ganz be- schränktem umfang sind.
[AV] im goth. der vocal überall gewichen, ahd. oft erhalten, wenn auf das w flexionsvocale folgen, sonst mit dem w in o verschmolzen. Nhd. verwandeln sich die gebliebenen w in b. Von dem ableitenden v muß man aber das wurzelhafte v unterscheiden, wie ich 1, 598. 613 etc. nicht gethan habe. Ableitendes ist nur an- zunehmen, wo der die wurzel schließende consonant ihm vorausgeht, z. b. im goth. bal-vjan oder im ahd. pal-o = pal-aw; geht kein solcher cons. vorher, so gehört das v selbst zur wurzel, da es unwahrscheinlich ist, daß vor einer spirans eine andere spirans ausgefallen sei. In saivs, snaivs, thius, qvius, ahd. seo, sneo, diu und allen ähnli- chen steckt daher gar keine ableitung.
1) substantiva,
a) starke masculina, goth. nur sagg-vs (cantus)*), aber andere laßen sich ver- muthen, z. b. aus dem verbo bal-vjan ein bal-vs (oder neutr. bal-v?) malum. Zur dritten decl. gehört fairh- vus (mundus); doch in skad-us (umbra) hair-us (cardo, ensis), nicht skad-vus, hair-vus, scheint kein ableitendes v zu liegen? vgl. indessen das verbum skad-vjan und die übrigen mundarten **). -- ahd. mat-o (pratum) mat- awes? nur in compos. mato-screcch (locusta) N. 104, 34; pal-o (malum) O. II. 6, 71. gen. pal-awes; sal-o (salix) sal- awes jun. 227; scat-o (umbra) scata-wes; vielleicht rit-o (fe- bris) rit-awes?; von phul-awei (pulvilli) mons. 339. kann ich den sg. phul-o nicht weisen (mons. 385. phul-ju neutral?), später decliniert dies aus dem latein entlehnte wort schwach; aber sank, sank-es, sang, sang-es, nicht sang-o, sang-awes. -- ags. beal-o (malum) beal-ves; bear-o (lucus) bear-ves; scead-o (umbra) scead-uves; vielleicht auch heor-o (cardo) heor-ves. -- altn. hiör-r (ensis) dat. hiör-vi; spiör-r (passer); in söng-r (cantus) scheint der umlaut ein aus v entsprungnes u zu bedeuten? vgl. söng-vari (cantor); zur
*) daß in den goth. formeln ggv. gqv das v consonantisch ab- leitend sei, nicht zu dem gg, gq (= ng, nk) gehöre, folgt aus den wörtern, wie gaggs, drigkan, die es nicht haben. Ebenso beurtheile man hv. In allen übrigen dialecten hat sich hinter ng, nk, h das v meist verloren.
**) zwischen ableitendem v und ableitendem u, das in v über- tritt (oben s. 95.) ist die rechte scheide schwer; ich sehe hier noch nicht klar und muß im ahd. aw annehmen, die goth. u scheinen.
III. conſonantiſche ableitungen. V.
av, iv, uv, wiewohl die beiden letzten von ganz be- ſchränktem umfang ſind.
[AV] im goth. der vocal überall gewichen, ahd. oft erhalten, wenn auf das w flexionsvocale folgen, ſonſt mit dem w in o verſchmolzen. Nhd. verwandeln ſich die gebliebenen w in b. Von dem ableitenden v muß man aber das wurzelhafte v unterſcheiden, wie ich 1, 598. 613 etc. nicht gethan habe. Ableitendes iſt nur an- zunehmen, wo der die wurzel ſchließende conſonant ihm vorausgeht, z. b. im goth. bal-vjan oder im ahd. pal-o = pal-aw; geht kein ſolcher conſ. vorher, ſo gehört das v ſelbſt zur wurzel, da es unwahrſcheinlich iſt, daß vor einer ſpirans eine andere ſpirans ausgefallen ſei. In ſáivs, ſnáivs, þius, qvius, ahd. ſêo, ſnêo, diu und allen ähnli- chen ſteckt daher gar keine ableitung.
1) ſubſtantiva,
α) ſtarke maſculina, goth. nur ſagg-vs (cantus)*), aber andere laßen ſich ver- muthen, z. b. aus dem verbo bal-vjan ein bal-vs (oder neutr. bal-v?) malum. Zur dritten decl. gehört faírh- vus (mundus); doch in ſkad-us (umbra) haír-us (cardo, enſis), nicht ſkad-vus, haír-vus, ſcheint kein ableitendes v zu liegen? vgl. indeſſen das verbum ſkad-vjan und die übrigen mundarten **). — ahd. mat-o (pratum) mat- awes? nur in compoſ. mato-ſcrëcch (locuſta) N. 104, 34; pal-o (malum) O. II. 6, 71. gen. pal-awes; ſal-o (ſalix) ſal- awes jun. 227; ſcat-o (umbra) ſcata-wes; vielleicht rit-o (fe- bris) rit-awes?; von phul-awî (pulvilli) monſ. 339. kann ich den ſg. phul-o nicht weiſen (monſ. 385. phul-ju neutral?), ſpäter decliniert dies aus dem latein entlehnte wort ſchwach; aber ſank, ſank-es, ſang, ſang-es, nicht ſang-o, ſang-awes. — agſ. bëal-o (malum) bëal-ves; bëar-o (lucus) bëar-ves; ſcëad-o (umbra) ſcëad-uves; vielleicht auch hëor-o (cardo) hëor-ves. — altn. hiör-r (enſis) dat. hiör-vi; ſpiör-r (paſſer); in ſöng-r (cantus) ſcheint der umlaut ein aus v entſprungnes u zu bedeuten? vgl. ſöng-vari (cantor); zur
*) daß in den goth. formeln ggv. gqv das v conſonantiſch ab- leitend ſei, nicht zu dem gg, gq (= ng, nk) gehöre, folgt aus den wörtern, wie gaggs, drigkan, die es nicht haben. Ebenſo beurtheile man hv. In allen übrigen dialecten hat ſich hinter ng, nk, h das v meiſt verloren.
**) zwiſchen ableitendem v und ableitendem u, das in v über- tritt (oben ſ. 95.) iſt die rechte ſcheide ſchwer; ich ſehe hier noch nicht klar und muß im ahd. aw annehmen, die goth. u ſcheinen.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0205"n="187"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">III. <hirendition="#i">conſonantiſche ableitungen. V.</hi></hi></fw><lb/><hirendition="#i">av</hi>, <hirendition="#i">iv</hi>, <hirendition="#i">uv</hi>, wiewohl die beiden letzten von ganz be-<lb/>ſchränktem umfang ſind.</p><lb/><p>[AV] im goth. der vocal überall gewichen, ahd. oft<lb/>
erhalten, wenn auf das w flexionsvocale folgen, ſonſt<lb/>
mit dem w in o verſchmolzen. Nhd. verwandeln ſich<lb/>
die gebliebenen w in b. Von dem ableitenden v muß<lb/>
man aber das wurzelhafte v unterſcheiden, wie ich 1,<lb/>
598. 613 etc. nicht gethan habe. Ableitendes iſt nur an-<lb/>
zunehmen, wo der die wurzel ſchließende conſonant ihm<lb/>
vorausgeht, z. b. im goth. bal-vjan oder im ahd. pal-o =<lb/>
pal-aw; geht kein ſolcher conſ. vorher, ſo gehört das<lb/>
v ſelbſt zur wurzel, da es unwahrſcheinlich iſt, daß vor<lb/>
einer ſpirans eine andere ſpirans ausgefallen ſei. In ſáivs,<lb/>ſnáivs, þius, qvius, ahd. ſêo, ſnêo, diu und allen ähnli-<lb/>
chen ſteckt daher gar keine ableitung.</p><lb/><p>1) <hirendition="#i">ſubſtantiva</hi>,</p><lb/><p><hirendition="#i">α</hi>) <hirendition="#i">ſtarke maſculina</hi>,<lb/>
goth. nur ſagg-vs (cantus)<noteplace="foot"n="*)">daß in den goth. formeln ggv. gqv das v conſonantiſch ab-<lb/>
leitend ſei, nicht zu dem gg, gq (= ng, nk) gehöre, folgt aus<lb/>
den wörtern, wie gaggs, drigkan, die es nicht haben. Ebenſo<lb/>
beurtheile man hv. In allen übrigen dialecten hat ſich hinter ng,<lb/>
nk, h das v meiſt verloren.</note>, aber andere laßen ſich ver-<lb/>
muthen, z. b. aus dem verbo bal-vjan ein bal-vs (oder<lb/>
neutr. bal-v?) malum. Zur dritten decl. gehört faírh-<lb/>
vus (mundus); doch in ſkad-us (umbra) haír-us (cardo,<lb/>
enſis), nicht ſkad-vus, haír-vus, ſcheint kein ableitendes<lb/>
v zu liegen? vgl. indeſſen das verbum ſkad-vjan und<lb/>
die übrigen mundarten <noteplace="foot"n="**)">zwiſchen ableitendem v und ableitendem u, das in v über-<lb/>
tritt (oben ſ. 95.) iſt die rechte ſcheide ſchwer; ich ſehe hier noch<lb/>
nicht klar und muß im ahd. aw annehmen, die goth. u ſcheinen.</note>. — ahd. mat-o (pratum) mat-<lb/>
awes? nur in compoſ. mato-ſcrëcch (locuſta) N. 104, 34;<lb/>
pal-o (malum) O. II. 6, 71. gen. pal-awes; ſal-o (ſalix) ſal-<lb/>
awes jun. 227; ſcat-o (umbra) ſcata-wes; vielleicht rit-o (fe-<lb/>
bris) rit-awes?; von phul-awî (pulvilli) monſ. 339. kann ich<lb/>
den ſg. phul-o nicht weiſen (monſ. 385. phul-ju neutral?),<lb/>ſpäter decliniert dies aus dem latein entlehnte wort ſchwach;<lb/>
aber ſank, ſank-es, ſang, ſang-es, nicht ſang-o, ſang-awes. —<lb/>
agſ. bëal-o (malum) bëal-ves; bëar-o (lucus) bëar-ves;<lb/>ſcëad-o (umbra) ſcëad-uves; vielleicht auch hëor-o (cardo)<lb/>
hëor-ves. — altn. hiör-r (enſis) dat. hiör-vi; ſpiör-r<lb/>
(paſſer); in ſöng-r (cantus) ſcheint der umlaut ein aus v<lb/>
entſprungnes u zu bedeuten? vgl. ſöng-vari (cantor); zur<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[187/0205]
III. conſonantiſche ableitungen. V.
av, iv, uv, wiewohl die beiden letzten von ganz be-
ſchränktem umfang ſind.
[AV] im goth. der vocal überall gewichen, ahd. oft
erhalten, wenn auf das w flexionsvocale folgen, ſonſt
mit dem w in o verſchmolzen. Nhd. verwandeln ſich
die gebliebenen w in b. Von dem ableitenden v muß
man aber das wurzelhafte v unterſcheiden, wie ich 1,
598. 613 etc. nicht gethan habe. Ableitendes iſt nur an-
zunehmen, wo der die wurzel ſchließende conſonant ihm
vorausgeht, z. b. im goth. bal-vjan oder im ahd. pal-o =
pal-aw; geht kein ſolcher conſ. vorher, ſo gehört das
v ſelbſt zur wurzel, da es unwahrſcheinlich iſt, daß vor
einer ſpirans eine andere ſpirans ausgefallen ſei. In ſáivs,
ſnáivs, þius, qvius, ahd. ſêo, ſnêo, diu und allen ähnli-
chen ſteckt daher gar keine ableitung.
1) ſubſtantiva,
α) ſtarke maſculina,
goth. nur ſagg-vs (cantus) *), aber andere laßen ſich ver-
muthen, z. b. aus dem verbo bal-vjan ein bal-vs (oder
neutr. bal-v?) malum. Zur dritten decl. gehört faírh-
vus (mundus); doch in ſkad-us (umbra) haír-us (cardo,
enſis), nicht ſkad-vus, haír-vus, ſcheint kein ableitendes
v zu liegen? vgl. indeſſen das verbum ſkad-vjan und
die übrigen mundarten **). — ahd. mat-o (pratum) mat-
awes? nur in compoſ. mato-ſcrëcch (locuſta) N. 104, 34;
pal-o (malum) O. II. 6, 71. gen. pal-awes; ſal-o (ſalix) ſal-
awes jun. 227; ſcat-o (umbra) ſcata-wes; vielleicht rit-o (fe-
bris) rit-awes?; von phul-awî (pulvilli) monſ. 339. kann ich
den ſg. phul-o nicht weiſen (monſ. 385. phul-ju neutral?),
ſpäter decliniert dies aus dem latein entlehnte wort ſchwach;
aber ſank, ſank-es, ſang, ſang-es, nicht ſang-o, ſang-awes. —
agſ. bëal-o (malum) bëal-ves; bëar-o (lucus) bëar-ves;
ſcëad-o (umbra) ſcëad-uves; vielleicht auch hëor-o (cardo)
hëor-ves. — altn. hiör-r (enſis) dat. hiör-vi; ſpiör-r
(paſſer); in ſöng-r (cantus) ſcheint der umlaut ein aus v
entſprungnes u zu bedeuten? vgl. ſöng-vari (cantor); zur
*) daß in den goth. formeln ggv. gqv das v conſonantiſch ab-
leitend ſei, nicht zu dem gg, gq (= ng, nk) gehöre, folgt aus
den wörtern, wie gaggs, drigkan, die es nicht haben. Ebenſo
beurtheile man hv. In allen übrigen dialecten hat ſich hinter ng,
nk, h das v meiſt verloren.
**) zwiſchen ableitendem v und ableitendem u, das in v über-
tritt (oben ſ. 95.) iſt die rechte ſcheide ſchwer; ich ſehe hier noch
nicht klar und muß im ahd. aw annehmen, die goth. u ſcheinen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/205>, abgerufen am 31.10.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.