den ich in seinen Werken kenne, auch haben muß: denn er hat sie rings um mich offenbaret." Augenscheinlich war diese Aehnlichkeit mit ihm selbst die Summe aller seiner Erde- schöpfung. Er konnte auf diesem Schauplatz nicht höher hinauf; er unterließ aber auch nicht, bis zu ihr hinaufzustei- gen und die Reihe seiner Organisationen zu diesem höchsten Punkt hinaufzuführen. Deßwegen ward auch der Gang zu ihm bei aller Verschiedenheit der Gestalten so einförmig.
Gleicherweise hat auch die Freiheit im Menschenge- bilde edle Früchte getragen und sich so wohl in dem, was sie verschmähte, als was sie unternahm, ruhmwürdig gezeiget. Daß Menschen dem unstäten Zuge blinder Triebe entsagten und freiwillig den Bund der Ehe, einer geselligen Freund- schaft, Unterstützung und Treue auf Leben und Tod knüpf- ten: daß sie ihrem eignen Willen entsagten und Gesetze über sie herrschen lassen wollten, also den immer unvollkommenen Versuch einer Regierung durch Menschen über Men- schen veststellten und ihn mit eignem Blut und Leben schütz- ten: daß edle Männer für ihr Vaterland sich hingaben und nicht nur in einem stürmischen Augenblick ihr Leben, sondern was weit edler ist, die ganze Mühe ihres Lebens durch lange Nächte und Tage, durch Lebensjahre und Lebensalter unver- drossen für nichts hielten, um einer blinden undankbaren
Menge,
den ich in ſeinen Werken kenne, auch haben muß: denn er hat ſie rings um mich offenbaret.„ Augenſcheinlich war dieſe Aehnlichkeit mit ihm ſelbſt die Summe aller ſeiner Erde- ſchoͤpfung. Er konnte auf dieſem Schauplatz nicht hoͤher hinauf; er unterließ aber auch nicht, bis zu ihr hinaufzuſtei- gen und die Reihe ſeiner Organiſationen zu dieſem hoͤchſten Punkt hinaufzufuͤhren. Deßwegen ward auch der Gang zu ihm bei aller Verſchiedenheit der Geſtalten ſo einfoͤrmig.
Gleicherweiſe hat auch die Freiheit im Menſchenge- bilde edle Fruͤchte getragen und ſich ſo wohl in dem, was ſie verſchmaͤhte, als was ſie unternahm, ruhmwuͤrdig gezeiget. Daß Menſchen dem unſtaͤten Zuge blinder Triebe entſagten und freiwillig den Bund der Ehe, einer geſelligen Freund- ſchaft, Unterſtuͤtzung und Treue auf Leben und Tod knuͤpf- ten: daß ſie ihrem eignen Willen entſagten und Geſetze uͤber ſie herrſchen laſſen wollten, alſo den immer unvollkommenen Verſuch einer Regierung durch Menſchen uͤber Men- ſchen veſtſtellten und ihn mit eignem Blut und Leben ſchuͤtz- ten: daß edle Maͤnner fuͤr ihr Vaterland ſich hingaben und nicht nur in einem ſtuͤrmiſchen Augenblick ihr Leben, ſondern was weit edler iſt, die ganze Muͤhe ihres Lebens durch lange Naͤchte und Tage, durch Lebensjahre und Lebensalter unver- droſſen fuͤr nichts hielten, um einer blinden undankbaren
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[235[215]/0237]
den ich in ſeinen Werken kenne, auch haben muß: denn er
hat ſie rings um mich offenbaret.„ Augenſcheinlich war dieſe
Aehnlichkeit mit ihm ſelbſt die Summe aller ſeiner Erde-
ſchoͤpfung. Er konnte auf dieſem Schauplatz nicht hoͤher
hinauf; er unterließ aber auch nicht, bis zu ihr hinaufzuſtei-
gen und die Reihe ſeiner Organiſationen zu dieſem hoͤchſten
Punkt hinaufzufuͤhren. Deßwegen ward auch der Gang zu
ihm bei aller Verſchiedenheit der Geſtalten ſo einfoͤrmig.
Gleicherweiſe hat auch die Freiheit im Menſchenge-
bilde edle Fruͤchte getragen und ſich ſo wohl in dem, was ſie
verſchmaͤhte, als was ſie unternahm, ruhmwuͤrdig gezeiget.
Daß Menſchen dem unſtaͤten Zuge blinder Triebe entſagten
und freiwillig den Bund der Ehe, einer geſelligen Freund-
ſchaft, Unterſtuͤtzung und Treue auf Leben und Tod knuͤpf-
ten: daß ſie ihrem eignen Willen entſagten und Geſetze uͤber
ſie herrſchen laſſen wollten, alſo den immer unvollkommenen
Verſuch einer Regierung durch Menſchen uͤber Men-
ſchen veſtſtellten und ihn mit eignem Blut und Leben ſchuͤtz-
ten: daß edle Maͤnner fuͤr ihr Vaterland ſich hingaben und
nicht nur in einem ſtuͤrmiſchen Augenblick ihr Leben, ſondern
was weit edler iſt, die ganze Muͤhe ihres Lebens durch lange
Naͤchte und Tage, durch Lebensjahre und Lebensalter unver-
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Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 1. Riga u. a., 1784, S. 235[215]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte01_1784/237>, abgerufen am 31.10.2024.
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