Marmorstufen saß, den Knaben von dem Arm hin¬ abgerissen, mit dem er eben abfährt in die Mee¬ reswellen. Exter eilt hinab, das Weib fällt ihm trostlos weinend und heulend zu Füßen, Exter be¬ sinnt sich nicht lange, er tritt dicht ans Meer auf die letzte Stufe, streckt den Arm aus und ruft mit starker Stimme: "Apporte!" -- Sogleich steigt der Seehund aus der Tiefe des Meers, im weiten Maule den Knaben, den er zierlich und geschickt, wie auch ganz unversehrt dem Magier überreicht und sodann jedem Dank ausweichend, sich wieder ent¬ fernt in das Meer niedertaucht." "Das ist stark -- das ist stark," rief Ernst. "Siehst du wohl," fuhr Wilibald fort, "siehst du wohl wie Exter jetzt einen kleinen Ring vom Finger zieht und ihn Juli¬ en zeigt? Keine Tugend bleibt unbelohnt! -- Außer dem, daß Exter dem türkischen Weibe den Kna¬ ben gerettet hatte, so beschenkte er sie noch, als er vernahm, daß ihr Mann ein armer Lastträger, kaum das tägliche Brod zu verdienen vermochte, mit eini¬ gen Juwelen und Goldstücken, freilich nur eine Lum¬ perei, höchstens zwanzig bis dreißigtausend Thaler
Marmorſtufen ſaß, den Knaben von dem Arm hin¬ abgeriſſen, mit dem er eben abfaͤhrt in die Mee¬ reswellen. Exter eilt hinab, das Weib faͤllt ihm troſtlos weinend und heulend zu Fuͤßen, Exter be¬ ſinnt ſich nicht lange, er tritt dicht ans Meer auf die letzte Stufe, ſtreckt den Arm aus und ruft mit ſtarker Stimme: „Apporte!“ — Sogleich ſteigt der Seehund aus der Tiefe des Meers, im weiten Maule den Knaben, den er zierlich und geſchickt, wie auch ganz unverſehrt dem Magier uͤberreicht und ſodann jedem Dank ausweichend, ſich wieder ent¬ fernt in das Meer niedertaucht.“ „Das iſt ſtark — das iſt ſtark,“ rief Ernſt. „Siehſt du wohl,“ fuhr Wilibald fort, „ſiehſt du wohl wie Exter jetzt einen kleinen Ring vom Finger zieht und ihn Juli¬ en zeigt? Keine Tugend bleibt unbelohnt! — Außer dem, daß Exter dem tuͤrkiſchen Weibe den Kna¬ ben gerettet hatte, ſo beſchenkte er ſie noch, als er vernahm, daß ihr Mann ein armer Laſttraͤger, kaum das taͤgliche Brod zu verdienen vermochte, mit eini¬ gen Juwelen und Goldſtuͤcken, freilich nur eine Lum¬ perei, hoͤchſtens zwanzig bis dreißigtauſend Thaler
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Marmorſtufen ſaß, den Knaben von dem Arm hin¬
abgeriſſen, mit dem er eben abfaͤhrt in die Mee¬
reswellen. Exter eilt hinab, das Weib faͤllt ihm
troſtlos weinend und heulend zu Fuͤßen, Exter be¬
ſinnt ſich nicht lange, er tritt dicht ans Meer auf
die letzte Stufe, ſtreckt den Arm aus und ruft mit
ſtarker Stimme: „Apporte!“ — Sogleich ſteigt
der Seehund aus der Tiefe des Meers, im weiten
Maule den Knaben, den er zierlich und geſchickt, wie
auch ganz unverſehrt dem Magier uͤberreicht und
ſodann jedem Dank ausweichend, ſich wieder ent¬
fernt in das Meer niedertaucht.“ „Das iſt ſtark
— das iſt ſtark,“ rief Ernſt. „Siehſt du wohl,“
fuhr Wilibald fort, „ſiehſt du wohl wie Exter jetzt
einen kleinen Ring vom Finger zieht und ihn Juli¬
en zeigt? Keine Tugend bleibt unbelohnt! —
Außer dem, daß Exter dem tuͤrkiſchen Weibe den Kna¬
ben gerettet hatte, ſo beſchenkte er ſie noch, als er
vernahm, daß ihr Mann ein armer Laſttraͤger, kaum
das taͤgliche Brod zu verdienen vermochte, mit eini¬
gen Juwelen und Goldſtuͤcken, freilich nur eine Lum¬
perei, hoͤchſtens zwanzig bis dreißigtauſend Thaler
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/354>, abgerufen am 31.10.2024.
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