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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

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Du liebst mich ja! -- nicht wahr, du mußt mich
ja lieben, du bist ja ich selbst -- scheue dich nicht
vor meinem steinernen Herzen, drücke mich nur fest
an deine Brust, deine Lebenspulse erweichen es ja! --
Max -- Max mein Sohn -- mein Freund, mein
Wohlthäter!" -- So ging es fort, daß allen vor
diesen Ausbrüchen des überreizten Gefühls bange
wurde. Rixendorf, dem besonnenen Freunde, ge¬
lang es endlich, den Hofrath zu beschwichtigen,
der, ruhiger geworden, nun erst ganz einsah, was
er an dem herrlichen Jünglinge gewonnen, und
mit tiefer Rührung gewahrte, wie auch die
Geheime-Räthin Foerd in der Verbindung ihrer
Julie mit Reutlingers Neffen das neue Aufkeimen
einer alten verlornen Zeit erblickte. Großes
Wohlgefallen äußerte der Geheime-Rath, der viel
Tabak schnupfte und sich in wohlgestelltem nationell
ausgesprochenem Französisch darüber ausließ. Zu¬
förderst sollten nun Juliens Schwestern von dem
Ereigniß benachrichtigt werden, die waren aber nir¬
gends aufzufinden. Nannettens halber hatte man
schon in allen großen japanischen Vasen, die in dem
Vestibule herumstanden, nachgesehen, ob sie, zu sehr
sich über den Rand beugend, vielleicht hineingefallen,
aber vergebens, endlich fand man die Kleine unter

Du liebſt mich ja! — nicht wahr, du mußt mich
ja lieben, du biſt ja ich ſelbſt — ſcheue dich nicht
vor meinem ſteinernen Herzen, druͤcke mich nur feſt
an deine Bruſt, deine Lebenspulſe erweichen es ja! —
Max — Max mein Sohn — mein Freund, mein
Wohlthaͤter!“ — So ging es fort, daß allen vor
dieſen Ausbruͤchen des uͤberreizten Gefuͤhls bange
wurde. Rixendorf, dem beſonnenen Freunde, ge¬
lang es endlich, den Hofrath zu beſchwichtigen,
der, ruhiger geworden, nun erſt ganz einſah, was
er an dem herrlichen Juͤnglinge gewonnen, und
mit tiefer Ruͤhrung gewahrte, wie auch die
Geheime-Raͤthin Foerd in der Verbindung ihrer
Julie mit Reutlingers Neffen das neue Aufkeimen
einer alten verlornen Zeit erblickte. Großes
Wohlgefallen aͤußerte der Geheime-Rath, der viel
Tabak ſchnupfte und ſich in wohlgeſtelltem nationell
ausgeſprochenem Franzoͤſiſch daruͤber ausließ. Zu¬
foͤrderſt ſollten nun Juliens Schweſtern von dem
Ereigniß benachrichtigt werden, die waren aber nir¬
gends aufzufinden. Nannettens halber hatte man
ſchon in allen großen japaniſchen Vaſen, die in dem
Veſtibule herumſtanden, nachgeſehen, ob ſie, zu ſehr
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[370/0378] Du liebſt mich ja! — nicht wahr, du mußt mich ja lieben, du biſt ja ich ſelbſt — ſcheue dich nicht vor meinem ſteinernen Herzen, druͤcke mich nur feſt an deine Bruſt, deine Lebenspulſe erweichen es ja! — Max — Max mein Sohn — mein Freund, mein Wohlthaͤter!“ — So ging es fort, daß allen vor dieſen Ausbruͤchen des uͤberreizten Gefuͤhls bange wurde. Rixendorf, dem beſonnenen Freunde, ge¬ lang es endlich, den Hofrath zu beſchwichtigen, der, ruhiger geworden, nun erſt ganz einſah, was er an dem herrlichen Juͤnglinge gewonnen, und mit tiefer Ruͤhrung gewahrte, wie auch die Geheime-Raͤthin Foerd in der Verbindung ihrer Julie mit Reutlingers Neffen das neue Aufkeimen einer alten verlornen Zeit erblickte. Großes Wohlgefallen aͤußerte der Geheime-Rath, der viel Tabak ſchnupfte und ſich in wohlgeſtelltem nationell ausgeſprochenem Franzoͤſiſch daruͤber ausließ. Zu¬ foͤrderſt ſollten nun Juliens Schweſtern von dem Ereigniß benachrichtigt werden, die waren aber nir¬ gends aufzufinden. Nannettens halber hatte man ſchon in allen großen japaniſchen Vaſen, die in dem Veſtibule herumſtanden, nachgeſehen, ob ſie, zu ſehr ſich uͤber den Rand beugend, vielleicht hineingefallen, aber vergebens, endlich fand man die Kleine unter

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/378>, abgerufen am 01.11.2024.