Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.Drit. Kap. Von der Polizeiaufsicht über die Gassen von Nangasacki. nennen mögte. Das, was ich meine, ist nämlich das Fanna gin, dessen ich schon er-wähnt und das eigentlich so viel heißet als: Blumengeld, vielleicht darum, weil sie von den Fremdlingen noch reichere Vortheile als die gegenwärtigen sich versprechen, es mögte denn seyn, daß sie die ersten Vortheile auf ihrer Seite mit den Blumen, und den Gewin der Kauf- leute mit den Früchten vergleichen wolten. Es ist aber ein Geld, welches die Stathalter und die übrige heidnische Schar der Befehlshaber durch unerlaubte Erfindungen den Ausländern von den Preisen und dem Gewin ihrer Waren jederzeit zu rauben wissen, und das zum Theil unter die Befehlshaber (den Stathalter ausgenommen) und die geringeren Gassenbedienten der Stadt auch sonstige Handlanger verhältnismäßig ausgezahlt, zum Theil aber auch in die Kanna sa oder Gassenkasse zu des Gassenmeisters weiteren Disposition abgegeben wird, welcher denn diese eingenommene Blumen abermals an die Häuserbesitzer nach der Anzahl der Kasjo austheilt, doch aber so viel davon in der Kasse zurükhält, als er zu Reparation der Gassen, ihrer Pforten, Brunnen, Feuerinstrumenten, zu den Ausgaben für die Frohndienste u. d. gl. nöthig zu seyn glaubt. Die von allen solchen Unkosten geführte jähr- liche Rechnung wird einem jeden Mitbürger zur Einsicht und Probatur ins Haus geschikt. Es gehet eine dergleichen Vertheilung jährlich 2, 3, 4 auch mehrmalen, nach den verschiedenen vorfallenden sogenanten Canban oder öffentlichen Verkaufungen der fremden Waaren, mit Genehmigung des Gouverneurs vor sich. Wenn einer oder der andere das, was es ihm zu seinem Antheil aus der Gassenkasse erträgt, nicht begehrte, so ist er auch von den gemei- nen Gassenlasten, Frohndiensten, Nachtwachen und was dem ähnlich ist, befreiet und kei- ner andern Steuer unterworfen als den beiden, wovon ich oben geredet, der Dsii si und der Fassaku nämlich; dem ohnerachtet hört man von wenigen die Gesinnungen, welche un- ter solchen zu ihrem selbst eigenen Vortheil gereichenden Bedingungen, auch wenn sie wirklich bemittelte Leute wären, die lästigen Gassendienste mit diesen Blumen abzukaufen be- gehrt hätten. Das, was nun bisher von der Polizeiaussicht über die Stadt und Straßen von Nan- Was denn aber die Regierung des umliegenden platten Landes betrift, so sind es wird.
Drit. Kap. Von der Polizeiaufſicht uͤber die Gaſſen von Nangaſacki. nennen moͤgte. Das, was ich meine, iſt naͤmlich das Fanna gin, deſſen ich ſchon er-waͤhnt und das eigentlich ſo viel heißet als: Blumengeld, vielleicht darum, weil ſie von den Fremdlingen noch reichere Vortheile als die gegenwaͤrtigen ſich verſprechen, es moͤgte denn ſeyn, daß ſie die erſten Vortheile auf ihrer Seite mit den Blumen, und den Gewin der Kauf- leute mit den Fruͤchten vergleichen wolten. Es iſt aber ein Geld, welches die Stathalter und die uͤbrige heidniſche Schar der Befehlshaber durch unerlaubte Erfindungen den Auslaͤndern von den Preiſen und dem Gewin ihrer Waren jederzeit zu rauben wiſſen, und das zum Theil unter die Befehlshaber (den Stathalter ausgenommen) und die geringeren Gaſſenbedienten der Stadt auch ſonſtige Handlanger verhaͤltnismaͤßig ausgezahlt, zum Theil aber auch in die Kanna ſa oder Gaſſenkaſſe zu des Gaſſenmeiſters weiteren Diſpoſition abgegeben wird, welcher denn dieſe eingenommene Blumen abermals an die Haͤuſerbeſitzer nach der Anzahl der Kaſjo austheilt, doch aber ſo viel davon in der Kaſſe zuruͤkhaͤlt, als er zu Reparation der Gaſſen, ihrer Pforten, Brunnen, Feuerinſtrumenten, zu den Ausgaben fuͤr die Frohndienſte u. d. gl. noͤthig zu ſeyn glaubt. Die von allen ſolchen Unkoſten gefuͤhrte jaͤhr- liche Rechnung wird einem jeden Mitbuͤrger zur Einſicht und Probatur ins Haus geſchikt. Es gehet eine dergleichen Vertheilung jaͤhrlich 2, 3, 4 auch mehrmalen, nach den verſchiedenen vorfallenden ſogenanten Canban oder oͤffentlichen Verkaufungen der fremden Waaren, mit Genehmigung des Gouverneurs vor ſich. Wenn einer oder der andere das, was es ihm zu ſeinem Antheil aus der Gaſſenkaſſe ertraͤgt, nicht begehrte, ſo iſt er auch von den gemei- nen Gaſſenlaſten, Frohndienſten, Nachtwachen und was dem aͤhnlich iſt, befreiet und kei- ner andern Steuer unterworfen als den beiden, wovon ich oben geredet, der Dſii ſi und der Faſſaku naͤmlich; dem ohnerachtet hoͤrt man von wenigen die Geſinnungen, welche un- ter ſolchen zu ihrem ſelbſt eigenen Vortheil gereichenden Bedingungen, auch wenn ſie wirklich bemittelte Leute waͤren, die laͤſtigen Gaſſendienſte mit dieſen Blumen abzukaufen be- gehrt haͤtten. Das, was nun bisher von der Polizeiauſſicht uͤber die Stadt und Straßen von Nan- Was denn aber die Regierung des umliegenden platten Landes betrift, ſo ſind es wird.
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Drit. Kap. Von der Polizeiaufſicht uͤber die Gaſſen von Nangaſacki.
nennen moͤgte. Das, was ich meine, iſt naͤmlich das Fanna gin, deſſen ich ſchon er-
waͤhnt und das eigentlich ſo viel heißet als: Blumengeld, vielleicht darum, weil ſie von den
Fremdlingen noch reichere Vortheile als die gegenwaͤrtigen ſich verſprechen, es moͤgte denn
ſeyn, daß ſie die erſten Vortheile auf ihrer Seite mit den Blumen, und den Gewin der Kauf-
leute mit den Fruͤchten vergleichen wolten. Es iſt aber ein Geld, welches die Stathalter und
die uͤbrige heidniſche Schar der Befehlshaber durch unerlaubte Erfindungen den Auslaͤndern
von den Preiſen und dem Gewin ihrer Waren jederzeit zu rauben wiſſen, und das zum Theil
unter die Befehlshaber (den Stathalter ausgenommen) und die geringeren Gaſſenbedienten der
Stadt auch ſonſtige Handlanger verhaͤltnismaͤßig ausgezahlt, zum Theil aber auch in die
Kanna ſa oder Gaſſenkaſſe zu des Gaſſenmeiſters weiteren Diſpoſition abgegeben wird,
welcher denn dieſe eingenommene Blumen abermals an die Haͤuſerbeſitzer nach der Anzahl
der Kaſjo austheilt, doch aber ſo viel davon in der Kaſſe zuruͤkhaͤlt, als er zu Reparation
der Gaſſen, ihrer Pforten, Brunnen, Feuerinſtrumenten, zu den Ausgaben fuͤr die
Frohndienſte u. d. gl. noͤthig zu ſeyn glaubt. Die von allen ſolchen Unkoſten gefuͤhrte jaͤhr-
liche Rechnung wird einem jeden Mitbuͤrger zur Einſicht und Probatur ins Haus geſchikt.
Es gehet eine dergleichen Vertheilung jaͤhrlich 2, 3, 4 auch mehrmalen, nach den verſchiedenen
vorfallenden ſogenanten Canban oder oͤffentlichen Verkaufungen der fremden Waaren, mit
Genehmigung des Gouverneurs vor ſich. Wenn einer oder der andere das, was es ihm
zu ſeinem Antheil aus der Gaſſenkaſſe ertraͤgt, nicht begehrte, ſo iſt er auch von den gemei-
nen Gaſſenlaſten, Frohndienſten, Nachtwachen und was dem aͤhnlich iſt, befreiet und kei-
ner andern Steuer unterworfen als den beiden, wovon ich oben geredet, der Dſii ſi und
der Faſſaku naͤmlich; dem ohnerachtet hoͤrt man von wenigen die Geſinnungen, welche un-
ter ſolchen zu ihrem ſelbſt eigenen Vortheil gereichenden Bedingungen, auch wenn ſie wirklich
bemittelte Leute waͤren, die laͤſtigen Gaſſendienſte mit dieſen Blumen abzukaufen be-
gehrt haͤtten.
Das, was nun bisher von der Polizeiauſſicht uͤber die Stadt und Straßen von Nan-
gaſacki angefuͤhrt worden, kan zum Muſter dienen, um ſich einen Begrif von der buͤrger-
lichen Regierung in allen uͤbrigen Kaiſerlichen Reichs- und Fuͤrſtlichen Landſtaͤdten, auch de-
ren Flecken und Doͤrfern zu machen, dabei weiter kein Unterſchied eintrit, als daß die Ma-
giſtratsperſonen nur andere Namen fuͤhren und mit wenigerer Strenge verfahren.
Was denn aber die Regierung des umliegenden platten Landes betrift, ſo ſind es
nur wenige Laͤndereien und geringe Dorfſchaften in dieſer rauhen bergigten Gegend, die ſich
auf einige Meilen von der Stadt erſtrecken und derſelben Gerichtsbarkeit unterworfen ſind.
Es hat der Kaiſer zu der Steuereinnahme einen beſondern Rentmeiſter oder Amtman geſezt,
an den der Nengu oder Reis- und Korngeſchos von den in Kultur ſtehenden und Fruͤchte
tragenden Aeckern, Gaͤrten und Feldern nach einem gewiſſen Anſchlage jaͤhrlich entrichtet
wird.
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