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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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Kämpfers Geschichte von Japan. Viertes Buch.
wird. Dieser Geschoß beträgt hieselbst ein weniges mehr, als den halben Theil der jähr-
lichen Erndte, welchen der Ackerman in die Okura oder Komogura d. i. Kaiserliche
Kornboden bei Mangome (so heißet die Vorstadt an der nördlichen Seite von Nangasacki)
ausgedroschen und rein einzuliefern gehalten ist: beeidigte Taxatoren besichtigen zu dem Ende
vor der Erndte die Felder, um den Ueberschlag von dieser Abgabe zu machen, oder lassen
auch in fruchtbaren Jahren eine Tsubo, d. i. so viel als auf einer viereckigten Tenne von
einer Kin oder Klafter liegen kan, ausdreschen und bestimmen sodan hiernach den Ertrag
der ganzen Erndte. Der Besitzer eines mit Gesträuchen oder Bäumen besezten Grund-
stüks mus nach Verhältnis der Tsubo und zugleich nach Beschaffenheit des schlechten oder
ergiebigen Bodens ein gar weniges Dsi si gin oder Grundgeld aufbringen. Es werden
diese Einkünfte, nach der Landesweise, sämtlich nach dem Reismaße gerechnet, und es be-
laufen sich selbige auf 3000 Koku, mehr oder weniger, je nachdem das Jahr fruchtbar
ausfält: wenn der Reis zu Gelde angeschlagen wird, und jeder Koku 5 Sjumome kostet,
so komt die Summe von 15,000 Sjumome oder Tails heraus.

Ehedem war die Stelle eines solchen kaiserlichen Rentmeisters oder Amtmans für
die angesehene Familie von Si je tsugu Feso gleichsam erblich und sie bekleideten selbige
unter dem Namen und Titel eines Daiquans; sie unterhielten nach der Würde ihres
Amts einen ansehnlichen Staat, und standen an dem kaiserlichen Hofe in einem solchen Cre-
dit und Vorzuge, daß ihnen selbst die Gouverneurs, ohnerachtet diese vor ihnen den Rang
hatten, nach den Augen sahen und ihre Vorschläge und Gutachten in Regierungsangelegen-
heiten von großem Gewicht hielten; allein ein unglüklicher Zufal machte der Herrlichkeit auf
einmal ein Ende, und vertilgte den Glanz und die Größe des Amts in eine ewige Nacht;
es war nämlich im Jahr 1676, als man in den Fusboden-Matten des Tedai oder Haus-
hofmeisters des Daiquans einiges verborgenes Gewehr und andere Kontrebande entdekte,
womit eben dieser Tedai nach der Küste Corea ein Verkehr gepflogen. Die traurige Folge
davon war diese: daß der Tedai und einer seiner Mithelfer auf einer kleinen nahe an der
Stadt liegenden Jnsel, Susu da ga sima genant, aus Kreuz gehangen, des Tedai un-
schuldiger siebenjähriger Sohn aber, im Angesichte seines Vaters am Kreuze, der Kopf
abgeschlagen wurde, nachdem sie vorher zum Spektakel alle 3 durch die Gassen der Stadt
geführt waren, wobei man den Knaben auf den Armen trug; nicht zu gedenken, daß noch
verschiedene andere der vornehmsten Kaufleute und Theilhaber an dieser Sache ebenfals in
den unglüklichen Ausschlag derselben verwickelt worden sind; was den alten Daiquan anbe-
langt, so wurde demselben nach den Reichsrechten die That des Verbrechers zugemessen, und
er nebst seinen beiden Söhnen auf eine Jnsel Oki no sima, hinter der Provinz Tsu gokf
in der Südsee gelegen, ins Elend verwiesen, die Mutter dieser Söhne aber, oder seine
Gemahlin nach Firando geschikt: sie sind bis jezt (1692) noch am Leben, so wie selbst der

Verrä-

Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Viertes Buch.
wird. Dieſer Geſchoß betraͤgt hieſelbſt ein weniges mehr, als den halben Theil der jaͤhr-
lichen Erndte, welchen der Ackerman in die Okura oder Komogura d. i. Kaiſerliche
Kornboden bei Mangome (ſo heißet die Vorſtadt an der noͤrdlichen Seite von Nangaſacki)
ausgedroſchen und rein einzuliefern gehalten iſt: beeidigte Taxatoren beſichtigen zu dem Ende
vor der Erndte die Felder, um den Ueberſchlag von dieſer Abgabe zu machen, oder laſſen
auch in fruchtbaren Jahren eine Tſubo, d. i. ſo viel als auf einer viereckigten Tenne von
einer Kin oder Klafter liegen kan, ausdreſchen und beſtimmen ſodan hiernach den Ertrag
der ganzen Erndte. Der Beſitzer eines mit Geſtraͤuchen oder Baͤumen beſezten Grund-
ſtuͤks mus nach Verhaͤltnis der Tſubo und zugleich nach Beſchaffenheit des ſchlechten oder
ergiebigen Bodens ein gar weniges Dſi ſi gin oder Grundgeld aufbringen. Es werden
dieſe Einkuͤnfte, nach der Landesweiſe, ſaͤmtlich nach dem Reismaße gerechnet, und es be-
laufen ſich ſelbige auf 3000 Koku, mehr oder weniger, je nachdem das Jahr fruchtbar
ausfaͤlt: wenn der Reis zu Gelde angeſchlagen wird, und jeder Koku 5 Sjumome koſtet,
ſo komt die Summe von 15,000 Sjumome oder Tails heraus.

Ehedem war die Stelle eines ſolchen kaiſerlichen Rentmeiſters oder Amtmans fuͤr
die angeſehene Familie von Si je tſugu Feſo gleichſam erblich und ſie bekleideten ſelbige
unter dem Namen und Titel eines Daiquans; ſie unterhielten nach der Wuͤrde ihres
Amts einen anſehnlichen Staat, und ſtanden an dem kaiſerlichen Hofe in einem ſolchen Cre-
dit und Vorzuge, daß ihnen ſelbſt die Gouverneurs, ohnerachtet dieſe vor ihnen den Rang
hatten, nach den Augen ſahen und ihre Vorſchlaͤge und Gutachten in Regierungsangelegen-
heiten von großem Gewicht hielten; allein ein ungluͤklicher Zufal machte der Herrlichkeit auf
einmal ein Ende, und vertilgte den Glanz und die Groͤße des Amts in eine ewige Nacht;
es war naͤmlich im Jahr 1676, als man in den Fusboden-Matten des Tedai oder Haus-
hofmeiſters des Daiquans einiges verborgenes Gewehr und andere Kontrebande entdekte,
womit eben dieſer Tedai nach der Kuͤſte Corea ein Verkehr gepflogen. Die traurige Folge
davon war dieſe: daß der Tedai und einer ſeiner Mithelfer auf einer kleinen nahe an der
Stadt liegenden Jnſel, Suſu da ga ſima genant, aus Kreuz gehangen, des Tedai un-
ſchuldiger ſiebenjaͤhriger Sohn aber, im Angeſichte ſeines Vaters am Kreuze, der Kopf
abgeſchlagen wurde, nachdem ſie vorher zum Spektakel alle 3 durch die Gaſſen der Stadt
gefuͤhrt waren, wobei man den Knaben auf den Armen trug; nicht zu gedenken, daß noch
verſchiedene andere der vornehmſten Kaufleute und Theilhaber an dieſer Sache ebenfals in
den ungluͤklichen Ausſchlag derſelben verwickelt worden ſind; was den alten Daiquan anbe-
langt, ſo wurde demſelben nach den Reichsrechten die That des Verbrechers zugemeſſen, und
er nebſt ſeinen beiden Soͤhnen auf eine Jnſel Oki no ſima, hinter der Provinz Tſu gokf
in der Suͤdſee gelegen, ins Elend verwieſen, die Mutter dieſer Soͤhne aber, oder ſeine
Gemahlin nach Firando geſchikt: ſie ſind bis jezt (1692) noch am Leben, ſo wie ſelbſt der

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[40/0054] Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Viertes Buch. wird. Dieſer Geſchoß betraͤgt hieſelbſt ein weniges mehr, als den halben Theil der jaͤhr- lichen Erndte, welchen der Ackerman in die Okura oder Komogura d. i. Kaiſerliche Kornboden bei Mangome (ſo heißet die Vorſtadt an der noͤrdlichen Seite von Nangaſacki) ausgedroſchen und rein einzuliefern gehalten iſt: beeidigte Taxatoren beſichtigen zu dem Ende vor der Erndte die Felder, um den Ueberſchlag von dieſer Abgabe zu machen, oder laſſen auch in fruchtbaren Jahren eine Tſubo, d. i. ſo viel als auf einer viereckigten Tenne von einer Kin oder Klafter liegen kan, ausdreſchen und beſtimmen ſodan hiernach den Ertrag der ganzen Erndte. Der Beſitzer eines mit Geſtraͤuchen oder Baͤumen beſezten Grund- ſtuͤks mus nach Verhaͤltnis der Tſubo und zugleich nach Beſchaffenheit des ſchlechten oder ergiebigen Bodens ein gar weniges Dſi ſi gin oder Grundgeld aufbringen. Es werden dieſe Einkuͤnfte, nach der Landesweiſe, ſaͤmtlich nach dem Reismaße gerechnet, und es be- laufen ſich ſelbige auf 3000 Koku, mehr oder weniger, je nachdem das Jahr fruchtbar ausfaͤlt: wenn der Reis zu Gelde angeſchlagen wird, und jeder Koku 5 Sjumome koſtet, ſo komt die Summe von 15,000 Sjumome oder Tails heraus. Ehedem war die Stelle eines ſolchen kaiſerlichen Rentmeiſters oder Amtmans fuͤr die angeſehene Familie von Si je tſugu Feſo gleichſam erblich und ſie bekleideten ſelbige unter dem Namen und Titel eines Daiquans; ſie unterhielten nach der Wuͤrde ihres Amts einen anſehnlichen Staat, und ſtanden an dem kaiſerlichen Hofe in einem ſolchen Cre- dit und Vorzuge, daß ihnen ſelbſt die Gouverneurs, ohnerachtet dieſe vor ihnen den Rang hatten, nach den Augen ſahen und ihre Vorſchlaͤge und Gutachten in Regierungsangelegen- heiten von großem Gewicht hielten; allein ein ungluͤklicher Zufal machte der Herrlichkeit auf einmal ein Ende, und vertilgte den Glanz und die Groͤße des Amts in eine ewige Nacht; es war naͤmlich im Jahr 1676, als man in den Fusboden-Matten des Tedai oder Haus- hofmeiſters des Daiquans einiges verborgenes Gewehr und andere Kontrebande entdekte, womit eben dieſer Tedai nach der Kuͤſte Corea ein Verkehr gepflogen. Die traurige Folge davon war dieſe: daß der Tedai und einer ſeiner Mithelfer auf einer kleinen nahe an der Stadt liegenden Jnſel, Suſu da ga ſima genant, aus Kreuz gehangen, des Tedai un- ſchuldiger ſiebenjaͤhriger Sohn aber, im Angeſichte ſeines Vaters am Kreuze, der Kopf abgeſchlagen wurde, nachdem ſie vorher zum Spektakel alle 3 durch die Gaſſen der Stadt gefuͤhrt waren, wobei man den Knaben auf den Armen trug; nicht zu gedenken, daß noch verſchiedene andere der vornehmſten Kaufleute und Theilhaber an dieſer Sache ebenfals in den ungluͤklichen Ausſchlag derſelben verwickelt worden ſind; was den alten Daiquan anbe- langt, ſo wurde demſelben nach den Reichsrechten die That des Verbrechers zugemeſſen, und er nebſt ſeinen beiden Soͤhnen auf eine Jnſel Oki no ſima, hinter der Provinz Tſu gokf in der Suͤdſee gelegen, ins Elend verwieſen, die Mutter dieſer Soͤhne aber, oder ſeine Gemahlin nach Firando geſchikt: ſie ſind bis jezt (1692) noch am Leben, ſo wie ſelbſt der Verraͤ-

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/54>, abgerufen am 31.10.2024.