Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.Sechst. Kap. Von der Verfas. der Holländer in Japan überhaupt. Dieser Ottona ist wegen seines Amts und seiner Strenge desselben, doch noch Jn Ausübung seines Amts steht zunächst unter ihm ein Nitzi Josi oder Bote, Nach diesem solgen verschiedne Fisja oder Schreiber, die eines jeden Holländers Unter diesem Ottona stehn die Desima Disjoonin oder die 24 Wirthe und Ei- Das gröste und vornehmste Collegium der Holländischen Bedienten machen aus die nicht *) So steht in meinen Handschriften; die englische Uebersetzung aber sagt, daß er diese Verrätherei
an den Holländern ausgeübt habe. Sechſt. Kap. Von der Verfaſ. der Hollaͤnder in Japan uͤberhaupt. Dieſer Ottona iſt wegen ſeines Amts und ſeiner Strenge deſſelben, doch noch Jn Ausuͤbung ſeines Amts ſteht zunaͤchſt unter ihm ein Nitzi Joſi oder Bote, Nach dieſem ſolgen verſchiedne Fisja oder Schreiber, die eines jeden Hollaͤnders Unter dieſem Ottona ſtehn die Deſima Diſjoonin oder die 24 Wirthe und Ei- Das groͤſte und vornehmſte Collegium der Hollaͤndiſchen Bedienten machen aus die nicht *) So ſteht in meinen Handſchriften; die engliſche Ueberſetzung aber ſagt, daß er dieſe Verraͤtherei
an den Hollaͤndern ausgeuͤbt habe. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0093" n="79"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Sechſt. Kap. Von der Verfaſ. der Hollaͤnder in Japan uͤberhaupt.</hi> </fw><lb/> <p>Dieſer <hi rendition="#fr">Ottona</hi> iſt wegen ſeines Amts und ſeiner Strenge deſſelben, doch noch<lb/> mehr wegen der Verraͤtherey, die er gegen ſeinen Herrn ausgeuͤbt, <note place="foot" n="*)">So ſteht in meinen Handſchriften; die engliſche Ueberſetzung aber ſagt, daß er dieſe Verraͤtherei<lb/> an den Hollaͤndern ausgeuͤbt habe.</note> unter uns ſehr ver-<lb/> haſt. Es ſey nun, daß er ſich gebeſſert, oder (wie man mich gewis hat verſichern wollen)<lb/> zu ſeinem Verfahren ſehr gute Gruͤnde gehabt, ſo habe ich ihn als einen klugen Mann, von<lb/> keinem falſchen oder niedertraͤchtigen Gemuͤth gefunden, der auch beſonders in der Lehre des<lb/><hi rendition="#fr">Kooſj</hi> oder <hi rendition="#fr">Confucius,</hi> den vaͤterlichen Sitten, der Geſchichte und Religion ſehr wohl erfahren<lb/> iſt, ſo daß man ihm auch die Chronik von <hi rendition="#fr">Fiſen</hi> zu ſchreiben anvertrauet hat. Unwiſſende<lb/> und brutale Leute konte er nicht vertragen.</p><lb/> <p>Jn Ausuͤbung ſeines Amts ſteht zunaͤchſt unter ihm ein <hi rendition="#fr">Nitzi Joſi</hi> oder Bote,<lb/> der taͤglich die Schloͤſſer der Waſſerpforten, wie auch die Waarenhaͤuſer und die Arbeit der<lb/> Zimmer- und Bauleute beſichtigen und unterſuchen mus.</p><lb/> <p>Nach dieſem ſolgen verſchiedne <hi rendition="#fr">Fisja</hi> oder Schreiber, die eines jeden Hollaͤnders<lb/> Vermoͤgen und Sachen, die nur irgend zu Gelde gemacht werden koͤnten, auf das genaueſte<lb/> protokollirt, ſie verſiegelt und in Verwahrung behaͤlt. Auſſer dieſen giebt es noch verſchiedne<lb/> andre Bediente, die auf ſeinen Befehl dem <hi rendition="#fr">Ottona</hi> huͤlfliche Hand leiſten muͤſſen. Er<lb/> wird wie der Oberdolmetſcher von unſrer edlen Kompagnie beſoldet, und hat auch wie dieſer<lb/> ſeinen Antheil an unſerm Handel. Außer dem hat er noch viele beſondre Vortheile von ſei-<lb/> ner Gaſſe in der Stadt, auch von den Wirthen in unſrer Jnſel und ſelbſt von der Vermie-<lb/> thung unſrer Wohnungen, weil er beinahe den dritten Theil der hieſigen Haͤuſer nach und nach<lb/> kaͤuflich an ſich gebracht hat. Sein groͤſter Vortheil aber beſteht doch noch in den hollaͤndi-<lb/> ſchen Waaren, die er durch andre und unter fremden Namen an ſich bringt, und alsdenn<lb/> wieder mit ausnehmendem Gewin verhandelt.</p><lb/> <p>Unter dieſem <hi rendition="#fr">Ottona</hi> ſtehn die <hi rendition="#fr">Deſima Diſjoonin</hi> oder die 24 Wirthe und Ei-<lb/> genthuͤmer unſrer Haͤuſer, die zur Handelszeit, die uͤbrige Zeit ſeltner, ſich bei ihm zeigen<lb/> muͤſſen, und verbunden ſind nicht nur auf den Zuſtand ihrer Haͤuſer, ſondern auch auf das<lb/> Betragen der Einwohner von weitem Acht zu haben; auch bei dem Jnventariſiren der ein-<lb/> und ausgehenden Sachen, Hausrath und aller Geraͤthe der Hollaͤnder behuͤlflich zu ſeyn.<lb/> Nach Landesgebrauch muͤſſen ſie in allen außerordentlichen Faͤllen, fuͤr das, was in ihrem<lb/> Hauſe geſchieht, ſtehn und die Verantwortung uͤbernehmen.</p><lb/> <p>Das groͤſte und vornehmſte Collegium der Hollaͤndiſchen Bedienten machen aus die<lb/> ſaͤmtlichen <hi rendition="#fr">Hollanda Tſjuuſi</hi> oder <hi rendition="#fr">hollaͤndiſche Dolmetſcher,</hi> deren Zahl gewoͤhnlich und<lb/> geſezmaͤßig aus 150 beſteht, bei meiner Anweſenheit aber nur aus 123 beſtand. Dieſe ſind<lb/> deswegen angeſtelt, damit allen Fremden, denen erlaubt worden, dies Reich zu beſuchen,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">nicht</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [79/0093]
Sechſt. Kap. Von der Verfaſ. der Hollaͤnder in Japan uͤberhaupt.
Dieſer Ottona iſt wegen ſeines Amts und ſeiner Strenge deſſelben, doch noch
mehr wegen der Verraͤtherey, die er gegen ſeinen Herrn ausgeuͤbt, *) unter uns ſehr ver-
haſt. Es ſey nun, daß er ſich gebeſſert, oder (wie man mich gewis hat verſichern wollen)
zu ſeinem Verfahren ſehr gute Gruͤnde gehabt, ſo habe ich ihn als einen klugen Mann, von
keinem falſchen oder niedertraͤchtigen Gemuͤth gefunden, der auch beſonders in der Lehre des
Kooſj oder Confucius, den vaͤterlichen Sitten, der Geſchichte und Religion ſehr wohl erfahren
iſt, ſo daß man ihm auch die Chronik von Fiſen zu ſchreiben anvertrauet hat. Unwiſſende
und brutale Leute konte er nicht vertragen.
Jn Ausuͤbung ſeines Amts ſteht zunaͤchſt unter ihm ein Nitzi Joſi oder Bote,
der taͤglich die Schloͤſſer der Waſſerpforten, wie auch die Waarenhaͤuſer und die Arbeit der
Zimmer- und Bauleute beſichtigen und unterſuchen mus.
Nach dieſem ſolgen verſchiedne Fisja oder Schreiber, die eines jeden Hollaͤnders
Vermoͤgen und Sachen, die nur irgend zu Gelde gemacht werden koͤnten, auf das genaueſte
protokollirt, ſie verſiegelt und in Verwahrung behaͤlt. Auſſer dieſen giebt es noch verſchiedne
andre Bediente, die auf ſeinen Befehl dem Ottona huͤlfliche Hand leiſten muͤſſen. Er
wird wie der Oberdolmetſcher von unſrer edlen Kompagnie beſoldet, und hat auch wie dieſer
ſeinen Antheil an unſerm Handel. Außer dem hat er noch viele beſondre Vortheile von ſei-
ner Gaſſe in der Stadt, auch von den Wirthen in unſrer Jnſel und ſelbſt von der Vermie-
thung unſrer Wohnungen, weil er beinahe den dritten Theil der hieſigen Haͤuſer nach und nach
kaͤuflich an ſich gebracht hat. Sein groͤſter Vortheil aber beſteht doch noch in den hollaͤndi-
ſchen Waaren, die er durch andre und unter fremden Namen an ſich bringt, und alsdenn
wieder mit ausnehmendem Gewin verhandelt.
Unter dieſem Ottona ſtehn die Deſima Diſjoonin oder die 24 Wirthe und Ei-
genthuͤmer unſrer Haͤuſer, die zur Handelszeit, die uͤbrige Zeit ſeltner, ſich bei ihm zeigen
muͤſſen, und verbunden ſind nicht nur auf den Zuſtand ihrer Haͤuſer, ſondern auch auf das
Betragen der Einwohner von weitem Acht zu haben; auch bei dem Jnventariſiren der ein-
und ausgehenden Sachen, Hausrath und aller Geraͤthe der Hollaͤnder behuͤlflich zu ſeyn.
Nach Landesgebrauch muͤſſen ſie in allen außerordentlichen Faͤllen, fuͤr das, was in ihrem
Hauſe geſchieht, ſtehn und die Verantwortung uͤbernehmen.
Das groͤſte und vornehmſte Collegium der Hollaͤndiſchen Bedienten machen aus die
ſaͤmtlichen Hollanda Tſjuuſi oder hollaͤndiſche Dolmetſcher, deren Zahl gewoͤhnlich und
geſezmaͤßig aus 150 beſteht, bei meiner Anweſenheit aber nur aus 123 beſtand. Dieſe ſind
deswegen angeſtelt, damit allen Fremden, denen erlaubt worden, dies Reich zu beſuchen,
nicht
*) So ſteht in meinen Handſchriften; die engliſche Ueberſetzung aber ſagt, daß er dieſe Verraͤtherei
an den Hollaͤndern ausgeuͤbt habe.
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