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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Erstes Buch.
denn/ O ihr grimmigen Götter/ doch ein Ende/
einen vorhin halb entseelten Menschen mit ferne-
rer Qvaal zu belegen. Nunmehro soll mich auch
nichts abhalten können/ mir selber das allgemeine
Ende alles Unglücks zuzufügen. Entdecket mir
nur zuvor mit kurtzen Worten/ auff welche Art
mir die himmlische Banise im Tode vorgegangen
sey/ damit ich desto behertzter sterben/ und ihr fol-
gen könne. Gnädigster Herr! fuhr Ponnedro
fort/ sie lassen sich so wenig Worte nicht in solche
Verzweifelung stürtzen/ indem es ja noch nicht
klar/ daß die Princeßin todt ist. Und solte ja das
grausame Verhängniß so unbarmhertzig verfah-
ren haben/ so würde des Printzen Tod dem Fein-
de mehr zur Ergötzligkeit/ als zur Rache dienen.
Solte sie aber/ mehrer Vermuthung nach/ noch
am Leben seyn/ wen würde alsdenn dessen Todes-
fall am empfindlichsten betreffen/ als die armse-
lige Princeßin? Jhr haltet mich nur umsonst mit
vergebenen Worten auff/ antwortete der ver-
zweiffelnde Printz. Verhindert mich nur nicht/
der jenigen nachzufolgen/ welche mir den Tod süs-
se macht. Jch sterbe/ und befehle den Göttern
die Rache. Hiermit sprang er als rasende von dem
Lager auf/ in willens/ sich des an der Wand han-
genden Sebels zu bemächtigen/ und den eingebil-
deten Tod sich selbst zu beschleunigen: sie fielen
ihm aber alsbald in die Armen/ und brachten ihn
mit grosser Mühe wieder ins Bette/ da ihn der al-
te Talemon etwas härter anreden muste: Wie?

vor-

Erſtes Buch.
denn/ O ihr grimmigen Goͤtter/ doch ein Ende/
einen vorhin halb entſeelten Menſchen mit ferne-
rer Qvaal zu belegen. Nunmehro ſoll mich auch
nichts abhalten koͤnnen/ mir ſelber das allgemeine
Ende alles Ungluͤcks zuzufuͤgen. Entdecket mir
nur zuvor mit kurtzen Worten/ auff welche Art
mir die himmliſche Baniſe im Tode vorgegangen
ſey/ damit ich deſto behertzter ſterben/ und ihr fol-
gen koͤnne. Gnaͤdigſter Herr! fuhr Ponnedro
fort/ ſie laſſen ſich ſo wenig Worte nicht in ſolche
Verzweifelung ſtuͤrtzen/ indem es ja noch nicht
klar/ daß die Princeßin todt iſt. Und ſolte ja das
grauſame Verhaͤngniß ſo unbarmhertzig verfah-
ren haben/ ſo wuͤrde des Printzen Tod dem Fein-
de mehr zur Ergoͤtzligkeit/ als zur Rache dienen.
Solte ſie aber/ mehrer Vermuthung nach/ noch
am Leben ſeyn/ wen wuͤrde alsdenn deſſen Todes-
fall am empfindlichſten betreffen/ als die armſe-
lige Princeßin? Jhr haltet mich nur umſonſt mit
vergebenen Worten auff/ antwortete der ver-
zweiffelnde Printz. Verhindert mich nur nicht/
der jenigen nachzufolgen/ welche mir den Tod ſuͤſ-
ſe macht. Jch ſterbe/ und befehle den Goͤttern
die Rache. Hiermit ſprang er als raſende von dem
Lager auf/ in willens/ ſich des an der Wand han-
genden Sebels zu bemaͤchtigen/ und den eingebil-
deten Tod ſich ſelbſt zu beſchleunigen: ſie fielen
ihm aber alsbald in die Armen/ und brachten ihn
mit groſſer Muͤhe wieder ins Bette/ da ihn der al-
te Talemon etwas haͤrter anreden muſte: Wie?

vor-
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[27/0047] Erſtes Buch. denn/ O ihr grimmigen Goͤtter/ doch ein Ende/ einen vorhin halb entſeelten Menſchen mit ferne- rer Qvaal zu belegen. Nunmehro ſoll mich auch nichts abhalten koͤnnen/ mir ſelber das allgemeine Ende alles Ungluͤcks zuzufuͤgen. Entdecket mir nur zuvor mit kurtzen Worten/ auff welche Art mir die himmliſche Baniſe im Tode vorgegangen ſey/ damit ich deſto behertzter ſterben/ und ihr fol- gen koͤnne. Gnaͤdigſter Herr! fuhr Ponnedro fort/ ſie laſſen ſich ſo wenig Worte nicht in ſolche Verzweifelung ſtuͤrtzen/ indem es ja noch nicht klar/ daß die Princeßin todt iſt. Und ſolte ja das grauſame Verhaͤngniß ſo unbarmhertzig verfah- ren haben/ ſo wuͤrde des Printzen Tod dem Fein- de mehr zur Ergoͤtzligkeit/ als zur Rache dienen. Solte ſie aber/ mehrer Vermuthung nach/ noch am Leben ſeyn/ wen wuͤrde alsdenn deſſen Todes- fall am empfindlichſten betreffen/ als die armſe- lige Princeßin? Jhr haltet mich nur umſonſt mit vergebenen Worten auff/ antwortete der ver- zweiffelnde Printz. Verhindert mich nur nicht/ der jenigen nachzufolgen/ welche mir den Tod ſuͤſ- ſe macht. Jch ſterbe/ und befehle den Goͤttern die Rache. Hiermit ſprang er als raſende von dem Lager auf/ in willens/ ſich des an der Wand han- genden Sebels zu bemaͤchtigen/ und den eingebil- deten Tod ſich ſelbſt zu beſchleunigen: ſie fielen ihm aber alsbald in die Armen/ und brachten ihn mit groſſer Muͤhe wieder ins Bette/ da ihn der al- te Talemon etwas haͤrter anreden muſte: Wie? vor-

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/47>, abgerufen am 20.05.2024.