Krüger, Johann Christian: Die Geistlichen auf dem Lande. Frankfurt (Main) u. a., 1743.sollen die Philosophen auch eine Tugend haben, welche die Großmuth heißt; sie werden also zu großmüthig seyn, mich, da ich sie so heftig liebe, unglücklich zu machen. Wilhelm. Behüte der Himmel! wo gerathen sie hin, Herr Muffel? von dem Beweise von der Schädlichkeit der Philosophie auf einen Liebesantrag? Den Augenblick ha- ben sie mich erst überzeugen wollen, daß die Philosophie eine Lehre des Satans sey, und nun scheuen sie sich schon der Sünde nicht, eine Philosophin sogar zu lieben, und wo es möglich wäre, gar zu heyrathen? Muffel. Denken sie doch ja nichts übels davon, schönstes Fräulein. Jch erwache jetzt wie- der, als aus einem tiefen Schlummer; ach! der Verführer, der Teufel hat mich ein- schläfern wollen. Ach! ach! meine mensch- liche Jchheit ist noch zu irrdisch, sie senkt sich gar zu leicht auf was irrdisches herunter. Aber, was hör ich? ach! eine süsse Stim- me vom Himmel, welche sie durch mich aus dem Schlamme der Vernunft zu sich rufet; geben sie mir ihre schöne Hand, ich will sie den Augenblick hinein führen. (drückt ihr die Hand verliebt.) Wilhelm. O sie sind viel zu verliebt, ein Frauen- zimmer in den Himmel zu führen, sie wür- den mir die Hand auf dem Wege zerdrü- cken. (zieht die Hand zurück) Muffel. H
ſollen die Philoſophen auch eine Tugend haben, welche die Großmuth heißt; ſie werden alſo zu großmuͤthig ſeyn, mich, da ich ſie ſo heftig liebe, ungluͤcklich zu machen. Wilhelm. Behuͤte der Himmel! wo gerathen ſie hin, Herr Muffel? von dem Beweiſe von der Schaͤdlichkeit der Philoſophie auf einen Liebesantrag? Den Augenblick ha- ben ſie mich erſt uͤberzeugen wollen, daß die Philoſophie eine Lehre des Satans ſey, und nun ſcheuen ſie ſich ſchon der Suͤnde nicht, eine Philoſophin ſogar zu lieben, und wo es moͤglich waͤre, gar zu heyrathen? Muffel. Denken ſie doch ja nichts uͤbels davon, ſchoͤnſtes Fraͤulein. Jch erwache jetzt wie- der, als aus einem tiefen Schlummer; ach! der Verfuͤhrer, der Teufel hat mich ein- ſchlaͤfern wollen. Ach! ach! meine menſch- liche Jchheit iſt noch zu irrdiſch, ſie ſenkt ſich gar zu leicht auf was irrdiſches herunter. Aber, was hoͤr ich? ach! eine ſuͤſſe Stim- me vom Himmel, welche ſie durch mich aus dem Schlamme der Vernunft zu ſich rufet; geben ſie mir ihre ſchoͤne Hand, ich will ſie den Augenblick hinein fuͤhren. (druͤckt ihr die Hand verliebt.) Wilhelm. O ſie ſind viel zu verliebt, ein Frauen- zimmer in den Himmel zu fuͤhren, ſie wuͤr- den mir die Hand auf dem Wege zerdruͤ- cken. (zieht die Hand zuruͤck) Muffel. H
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ſollen die Philoſophen auch eine Tugend
haben, welche die Großmuth heißt; ſie
werden alſo zu großmuͤthig ſeyn, mich,
da ich ſie ſo heftig liebe, ungluͤcklich zu
machen.
Wilhelm. Behuͤte der Himmel! wo gerathen
ſie hin, Herr Muffel? von dem Beweiſe
von der Schaͤdlichkeit der Philoſophie auf
einen Liebesantrag? Den Augenblick ha-
ben ſie mich erſt uͤberzeugen wollen, daß
die Philoſophie eine Lehre des Satans
ſey, und nun ſcheuen ſie ſich ſchon der
Suͤnde nicht, eine Philoſophin ſogar zu
lieben, und wo es moͤglich waͤre, gar zu
heyrathen?
Muffel. Denken ſie doch ja nichts uͤbels davon,
ſchoͤnſtes Fraͤulein. Jch erwache jetzt wie-
der, als aus einem tiefen Schlummer; ach!
der Verfuͤhrer, der Teufel hat mich ein-
ſchlaͤfern wollen. Ach! ach! meine menſch-
liche Jchheit iſt noch zu irrdiſch, ſie ſenkt ſich
gar zu leicht auf was irrdiſches herunter.
Aber, was hoͤr ich? ach! eine ſuͤſſe Stim-
me vom Himmel, welche ſie durch mich aus
dem Schlamme der Vernunft zu ſich rufet;
geben ſie mir ihre ſchoͤne Hand, ich will ſie
den Augenblick hinein fuͤhren. (druͤckt ihr
die Hand verliebt.)
Wilhelm. O ſie ſind viel zu verliebt, ein Frauen-
zimmer in den Himmel zu fuͤhren, ſie wuͤr-
den mir die Hand auf dem Wege zerdruͤ-
cken. (zieht die Hand zuruͤck)
Muffel.
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