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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Erklärung des andern Briefes Pauli C. 4. v. 4-5.
[Spaltenumbruch] nen unleidlich ist. Eine solche Lehre ist insonder-
heit die von der Verleugnung aller, obgleich
vongröbern Uberfahrungen gemäßigten, dennoch
aber an sich selbst schon thörichten und eitelen
Spiel- und Tantz-Lüste, als solcher Dinge, wel-
che mit anbefohlener Creutzigung des Fleisches
und der Begierden, und der Nachfolge Christi un-
möglich bestehen können, und ausser welchen der
Mensch doch noch sündliche Unart, zur täglichen
Absterbung, genug an sich behält. Wenn eine sol-
che gesunde Lehre, die auch der gesunden Vernunft
selbst gemäß ist, für irrig ausgerufen und das Ge-
gentheil vertheidiget wird; wie kan da ein recht-
schaffenes Christenthum statt finden?

4. Wenn der Apostel saget: Sie werden
ihnen selbst nach ihren eigenen Lüsten Leh-
rer aufladen;
so gründen sich solche Worte auf
das Recht, welches eine Gemeine hat bey der be-
stellung der Lehrer; daß nemlich diese nicht bloß
der Obrigkeit, noch dem Lehr-Stande überlassen
sey, sondern daß die gantze Gemeine in gebühren-
der Ordnung dabey auch zu thun habe: wie es denn
also in der ersten Kirche gehalten worden. Aber
er zeiget auch zugleich an den Mißbrauch dieses
Rechts. Und dieser ist auch noch heut zu Tage an
solchen Orten, wo die Gemeine zur Wahl eines
Lehrers am meisten zu sagen hat, gewiß nicht ge-
ring. Und dagegen lehret die Erfahrung, daß,
wo die Kirchen Patroni das Recht exerciren,
und wohlgesinnet sind, durch sie oft mancher Ge-
meine viel besser gerathen wird: wie wol auch diß-
falls der Mißbrauch nicht geringer ist.

V. 5.

Du aber (der du ihnen, wie ein Licht der
Finsterniß, entgegen gesetzet bist) sey nüchtern
allenthalben
(enpase, in allen Theilen und
Stücken deines Amts sey eines nüchternen, wohl-
bedächtigen und wachsamen Gemüths) leide
dich
(kakopatheson, nim alles Ungemach, das dir
deiner Person und deines Amts wegen begeg-
net, willig und geduldig über dich 2 Tim. 1, 8.
c. 2, 3.) thue das Werck eines Evangeli-
schen Predigers
(euaggelisou~ eines Evange-
listen, davon siehe Apost, 21, 8. Eph. 4, 11.) richte
dein Amt redlich aus
plerophoreson, führe es
mit freudigem Muthe im Glauben bis zur endli-
chen Vollendung, die mir bevorstehet.)

Anmerckungen.

1. Die leibliche Nüchternheit und
Wachsamkeit ist nöthig und löblich: aber die
geistliche welche jene in sich hält, noch viel nöthi-
ger und nützlicher: und bestehet sie in einem von
der Eigen- und Welt-Liebe, welche falsche Lehrer
gleichsam truncken machet. c. 2, 26. gereinig-
ten und erleuchteten, und also wohlgesetzten Ge-
müthe, nach welchem man allezeit auf seiner Hut
ist, und also auf sich und auf die Lehre, auch Heer-
de, acht hat 1 Tim. 4, 16.

2. Das kakopatheson, leide dich, ist ein
rechtes Symbolum und Kennzeichen rechtschaf-
ner Lehrer. Und wenn auch gleich keine öffentliche,
oder sonst offenbare und gewaltsame Verfolgung
über ihn ergehet; so wird es ihm doch sonst an
mancherley Leiden nicht fehlen, wenn er rechtschaf-
[Spaltenumbruch] fen ist, und sein Amt also verwaltet wie es der Apo-
stel in diesem Verse und in beyden Briefen for-
dert. Jst und bleibet einer aber gantz ohn Leiden,
so gar, daß auch nicht einmal böse Nachreden und
falsche Beschuldigungen auf ihn fallen, noch er
von dem Haß der Gottlosen und Heuchler wider
sich nichts weiß; so ists ein Zeichen, daß er nicht ist,
wie er seyn soll, noch seinem Amte ein Genügen
thut. Man hat aber das nicht für ein Leiden um
der Wahrheit willen zu rechnen, welches man sich
selbst zuziehet, und oft nicht allein ohne Noth, son-
dern auch wol auf eine sündliche Art manche Ge-
müther von sich gantz entfernet machet.

3. Da die erste Kirche ausser den Aposteln,
Propheten und den ordentlichen Lehrern auch
solche Evangelisten hatte, welche den Aposteln
am nächsten kamen, und in Verkündigung des
Worts ihre Gehülfen waren; wie vor andern
mit einem besondern Maasse der Gnaden-Gaben
Marcus und Lucas gewesen, auch Philippus
Ap. Gesch. 21, 8. Eph. 4, 11. so hat GOtt dazu
auch den Timotheum ausgerüstet, und von
Paulo in öffentlicher Gemeine dazu lassen ver-
ordnet werden: wie zu schliessen ist aus folgenden
Oertern 1 Tim. 1, 18. c. 4, 14. c. 6, 12. 2 Tim. 1, 6.

4. Es muß aber ein ieder rechtschaffener
Prediger ein Evangelist seyn, daß er die Ver-
klärung Christi in den Seelen der Menschen nach
dem Evangelio sein Hauptwerck seyn lasse, und
also Christum mit allen Heyls-Schätzen in der
rechten Ordnung des Heyls den Seelen recht an-
preise, und so beliebt mache, daß sie dagegen
alles irdische mit der herrschenden Anhänglichkeit
an dasselbe gern verleugnen; denn allein die Gna-
de GOttes ist vermögend, dadurch, daß sie dem
Menschen bessere Schätze, und eine reine Freu-
de und Lust zeiget und giebet, das Hertz kräftigst
vom Jrdischen abzuziehen, welches hingegen
mit keinem gesetzlichen Zwange zu erhalten ist:
denn die unsterbliche Seele will etwas haben,
darinnen sie mit Vergnügung ruhe; so lange sie
nun nicht kräftigst überzeuget wird, wie sie die
Ruhe nur in der Unruhe gesuchet und ubel nur
noch immer ärger gemachet habe, und dabey
durch die Gnade einigen Zug und Geschmack be-
kömmt von etwas bessern, so lässet sie das unreine
und arge nicht fahren.

5. Es ist im Lehr-Amte nichts besser, als
ein freudiger Muth; als wodurch das Werck
des HErrn im Glauben recht angegriffen, und
vieles unter dem Segen GOttes wohl hinaus-
geführet wird; dagegen eine Zaghaftigkeit wie
viele Arbeit scheuet, und nicht einmal versuchen
will; also auch vielen Segen hindert. Auf die
Glaubens-Freudigkeit in allen Amts-Verrich-
tungen gehet Paulus, wenn er saget: ten diako-
nian souplerophoreton; und da sie die alleredelste
Gabe GOttes ist, so hat man sie vor andern fleis-
sig zu erbitten, und sich durch Vorstellung der
dazu dienlichen Evangelischen Bewegungs-
Gründe dazu zu erwecken, und also sonderlich in
diesem Stücke das dem Timotheo oben Cap. 1, 6.
anbefohlne anazopurei~n wohl zu üben.

V. 6.

Denn (um anzuzeigen, warum du dir dein

Amt

Erklaͤrung des andern Briefes Pauli C. 4. v. 4-5.
[Spaltenumbruch] nen unleidlich iſt. Eine ſolche Lehre iſt inſonder-
heit die von der Verleugnung aller, obgleich
vongroͤbern Uberfahrungen gemaͤßigten, dennoch
aber an ſich ſelbſt ſchon thoͤrichten und eitelen
Spiel- und Tantz-Luͤſte, als ſolcher Dinge, wel-
che mit anbefohlener Creutzigung des Fleiſches
und der Begierden, und der Nachfolge Chriſti un-
moͤglich beſtehen koͤnnen, und auſſer welchen der
Menſch doch noch ſuͤndliche Unart, zur taͤglichen
Abſterbung, genug an ſich behaͤlt. Wenn eine ſol-
che geſunde Lehre, die auch der geſunden Vernunft
ſelbſt gemaͤß iſt, fuͤr irrig ausgerufen und das Ge-
gentheil vertheidiget wird; wie kan da ein recht-
ſchaffenes Chriſtenthum ſtatt finden?

4. Wenn der Apoſtel ſaget: Sie werden
ihnen ſelbſt nach ihren eigenen Luͤſten Leh-
rer aufladen;
ſo gruͤnden ſich ſolche Worte auf
das Recht, welches eine Gemeine hat bey der be-
ſtellung der Lehrer; daß nemlich dieſe nicht bloß
der Obrigkeit, noch dem Lehr-Stande uͤberlaſſen
ſey, ſondern daß die gantze Gemeine in gebuͤhren-
der Ordnung dabey auch zu thun habe: wie es denn
alſo in der erſten Kirche gehalten worden. Aber
er zeiget auch zugleich an den Mißbrauch dieſes
Rechts. Und dieſer iſt auch noch heut zu Tage an
ſolchen Orten, wo die Gemeine zur Wahl eines
Lehrers am meiſten zu ſagen hat, gewiß nicht ge-
ring. Und dagegen lehret die Erfahrung, daß,
wo die Kirchen Patroni das Recht exerciren,
und wohlgeſinnet ſind, durch ſie oft mancher Ge-
meine viel beſſer gerathen wird: wie wol auch diß-
falls der Mißbrauch nicht geringer iſt.

V. 5.

Du aber (der du ihnen, wie ein Licht der
Finſterniß, entgegen geſetzet biſt) ſey nuͤchtern
allenthalben
(ἐνϖᾶσὴ, in allen Theilen und
Stuͤcken deines Amts ſey eines nuͤchternen, wohl-
bedaͤchtigen und wachſamen Gemuͤths) leide
dich
(κακοπαθησον, nim alles Ungemach, das dir
deiner Perſon und deines Amts wegen begeg-
net, willig und geduldig uͤber dich 2 Tim. 1, 8.
c. 2, 3.) thue das Werck eines Evangeli-
ſchen Predigers
(ἐυαγγελιςου῀ eines Evange-
liſten, davon ſiehe Apoſt, 21, 8. Eph. 4, 11.) richte
dein Amt redlich aus
πληροϕόρησον, fuͤhre es
mit freudigem Muthe im Glauben bis zur endli-
chen Vollendung, die mir bevorſtehet.)

Anmerckungen.

1. Die leibliche Nuͤchternheit und
Wachſamkeit iſt noͤthig und loͤblich: aber die
geiſtliche welche jene in ſich haͤlt, noch viel noͤthi-
ger und nuͤtzlicher: und beſtehet ſie in einem von
der Eigen- und Welt-Liebe, welche falſche Lehrer
gleichſam truncken machet. c. 2, 26. gereinig-
ten und erleuchteten, und alſo wohlgeſetzten Ge-
muͤthe, nach welchem man allezeit auf ſeiner Hut
iſt, und alſo auf ſich und auf die Lehre, auch Heer-
de, acht hat 1 Tim. 4, 16.

2. Das κακοπάϑησον, leide dich, iſt ein
rechtes Symbolum und Kennzeichen rechtſchaf-
ner Lehrer. Und wenn auch gleich keine oͤffentliche,
oder ſonſt offenbare und gewaltſame Verfolgung
uͤber ihn ergehet; ſo wird es ihm doch ſonſt an
mancherley Leiden nicht fehlen, wenn er rechtſchaf-
[Spaltenumbruch] fen iſt, und ſein Amt alſo verwaltet wie es der Apo-
ſtel in dieſem Verſe und in beyden Briefen for-
dert. Jſt und bleibet einer aber gantz ohn Leiden,
ſo gar, daß auch nicht einmal boͤſe Nachreden und
falſche Beſchuldigungen auf ihn fallen, noch er
von dem Haß der Gottloſen und Heuchler wider
ſich nichts weiß; ſo iſts ein Zeichen, daß er nicht iſt,
wie er ſeyn ſoll, noch ſeinem Amte ein Genuͤgen
thut. Man hat aber das nicht fuͤr ein Leiden um
der Wahrheit willen zu rechnen, welches man ſich
ſelbſt zuziehet, und oft nicht allein ohne Noth, ſon-
dern auch wol auf eine ſuͤndliche Art manche Ge-
muͤther von ſich gantz entfernet machet.

3. Da die erſte Kirche auſſer den Apoſteln,
Propheten und den ordentlichen Lehrern auch
ſolche Evangeliſten hatte, welche den Apoſteln
am naͤchſten kamen, und in Verkuͤndigung des
Worts ihre Gehuͤlfen waren; wie vor andern
mit einem beſondern Maaſſe der Gnaden-Gaben
Marcus und Lucas geweſen, auch Philippus
Ap. Geſch. 21, 8. Eph. 4, 11. ſo hat GOtt dazu
auch den Timotheum ausgeruͤſtet, und von
Paulo in oͤffentlicher Gemeine dazu laſſen ver-
ordnet werden: wie zu ſchlieſſen iſt aus folgenden
Oertern 1 Tim. 1, 18. c. 4, 14. c. 6, 12. 2 Tim. 1, 6.

4. Es muß aber ein ieder rechtſchaffener
Prediger ein Evangeliſt ſeyn, daß er die Ver-
klaͤrung Chriſti in den Seelen der Menſchen nach
dem Evangelio ſein Hauptwerck ſeyn laſſe, und
alſo Chriſtum mit allen Heyls-Schaͤtzen in der
rechten Ordnung des Heyls den Seelen recht an-
preiſe, und ſo beliebt mache, daß ſie dagegen
alles irdiſche mit der herrſchenden Anhaͤnglichkeit
an daſſelbe gern verleugnen; denn allein die Gna-
de GOttes iſt vermoͤgend, dadurch, daß ſie dem
Menſchen beſſere Schaͤtze, und eine reine Freu-
de und Luſt zeiget und giebet, das Hertz kraͤftigſt
vom Jrdiſchen abzuziehen, welches hingegen
mit keinem geſetzlichen Zwange zu erhalten iſt:
denn die unſterbliche Seele will etwas haben,
darinnen ſie mit Vergnuͤgung ruhe; ſo lange ſie
nun nicht kraͤftigſt uͤberzeuget wird, wie ſie die
Ruhe nur in der Unruhe geſuchet und ubel nur
noch immer aͤrger gemachet habe, und dabey
durch die Gnade einigen Zug und Geſchmack be-
koͤmmt von etwas beſſern, ſo laͤſſet ſie das unreine
und arge nicht fahren.

5. Es iſt im Lehr-Amte nichts beſſer, als
ein freudiger Muth; als wodurch das Werck
des HErrn im Glauben recht angegriffen, und
vieles unter dem Segen GOttes wohl hinaus-
gefuͤhret wird; dagegen eine Zaghaftigkeit wie
viele Arbeit ſcheuet, und nicht einmal verſuchen
will; alſo auch vielen Segen hindert. Auf die
Glaubens-Freudigkeit in allen Amts-Verrich-
tungen gehet Paulus, wenn er ſaget: τὴν διακο-
νίαν σουϖληροϕόρητον; und da ſie die alleredelſte
Gabe GOttes iſt, ſo hat man ſie vor andern fleiſ-
ſig zu erbitten, und ſich durch Vorſtellung der
dazu dienlichen Evangeliſchen Bewegungs-
Gruͤnde dazu zu erwecken, und alſo ſonderlich in
dieſem Stuͤcke das dem Timotheo oben Cap. 1, 6.
anbefohlne ἀναζωπυρει῀ν wohl zu uͤben.

V. 6.

Denn (um anzuzeigen, warum du dir dein

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[182/0184] Erklaͤrung des andern Briefes Pauli C. 4. v. 4-5. nen unleidlich iſt. Eine ſolche Lehre iſt inſonder- heit die von der Verleugnung aller, obgleich vongroͤbern Uberfahrungen gemaͤßigten, dennoch aber an ſich ſelbſt ſchon thoͤrichten und eitelen Spiel- und Tantz-Luͤſte, als ſolcher Dinge, wel- che mit anbefohlener Creutzigung des Fleiſches und der Begierden, und der Nachfolge Chriſti un- moͤglich beſtehen koͤnnen, und auſſer welchen der Menſch doch noch ſuͤndliche Unart, zur taͤglichen Abſterbung, genug an ſich behaͤlt. Wenn eine ſol- che geſunde Lehre, die auch der geſunden Vernunft ſelbſt gemaͤß iſt, fuͤr irrig ausgerufen und das Ge- gentheil vertheidiget wird; wie kan da ein recht- ſchaffenes Chriſtenthum ſtatt finden? 4. Wenn der Apoſtel ſaget: Sie werden ihnen ſelbſt nach ihren eigenen Luͤſten Leh- rer aufladen; ſo gruͤnden ſich ſolche Worte auf das Recht, welches eine Gemeine hat bey der be- ſtellung der Lehrer; daß nemlich dieſe nicht bloß der Obrigkeit, noch dem Lehr-Stande uͤberlaſſen ſey, ſondern daß die gantze Gemeine in gebuͤhren- der Ordnung dabey auch zu thun habe: wie es denn alſo in der erſten Kirche gehalten worden. Aber er zeiget auch zugleich an den Mißbrauch dieſes Rechts. Und dieſer iſt auch noch heut zu Tage an ſolchen Orten, wo die Gemeine zur Wahl eines Lehrers am meiſten zu ſagen hat, gewiß nicht ge- ring. Und dagegen lehret die Erfahrung, daß, wo die Kirchen Patroni das Recht exerciren, und wohlgeſinnet ſind, durch ſie oft mancher Ge- meine viel beſſer gerathen wird: wie wol auch diß- falls der Mißbrauch nicht geringer iſt. V. 5. Du aber (der du ihnen, wie ein Licht der Finſterniß, entgegen geſetzet biſt) ſey nuͤchtern allenthalben (ἐνϖᾶσὴ, in allen Theilen und Stuͤcken deines Amts ſey eines nuͤchternen, wohl- bedaͤchtigen und wachſamen Gemuͤths) leide dich (κακοπαθησον, nim alles Ungemach, das dir deiner Perſon und deines Amts wegen begeg- net, willig und geduldig uͤber dich 2 Tim. 1, 8. c. 2, 3.) thue das Werck eines Evangeli- ſchen Predigers (ἐυαγγελιςου῀ eines Evange- liſten, davon ſiehe Apoſt, 21, 8. Eph. 4, 11.) richte dein Amt redlich aus πληροϕόρησον, fuͤhre es mit freudigem Muthe im Glauben bis zur endli- chen Vollendung, die mir bevorſtehet.) Anmerckungen. 1. Die leibliche Nuͤchternheit und Wachſamkeit iſt noͤthig und loͤblich: aber die geiſtliche welche jene in ſich haͤlt, noch viel noͤthi- ger und nuͤtzlicher: und beſtehet ſie in einem von der Eigen- und Welt-Liebe, welche falſche Lehrer gleichſam truncken machet. c. 2, 26. gereinig- ten und erleuchteten, und alſo wohlgeſetzten Ge- muͤthe, nach welchem man allezeit auf ſeiner Hut iſt, und alſo auf ſich und auf die Lehre, auch Heer- de, acht hat 1 Tim. 4, 16. 2. Das κακοπάϑησον, leide dich, iſt ein rechtes Symbolum und Kennzeichen rechtſchaf- ner Lehrer. Und wenn auch gleich keine oͤffentliche, oder ſonſt offenbare und gewaltſame Verfolgung uͤber ihn ergehet; ſo wird es ihm doch ſonſt an mancherley Leiden nicht fehlen, wenn er rechtſchaf- fen iſt, und ſein Amt alſo verwaltet wie es der Apo- ſtel in dieſem Verſe und in beyden Briefen for- dert. Jſt und bleibet einer aber gantz ohn Leiden, ſo gar, daß auch nicht einmal boͤſe Nachreden und falſche Beſchuldigungen auf ihn fallen, noch er von dem Haß der Gottloſen und Heuchler wider ſich nichts weiß; ſo iſts ein Zeichen, daß er nicht iſt, wie er ſeyn ſoll, noch ſeinem Amte ein Genuͤgen thut. Man hat aber das nicht fuͤr ein Leiden um der Wahrheit willen zu rechnen, welches man ſich ſelbſt zuziehet, und oft nicht allein ohne Noth, ſon- dern auch wol auf eine ſuͤndliche Art manche Ge- muͤther von ſich gantz entfernet machet. 3. Da die erſte Kirche auſſer den Apoſteln, Propheten und den ordentlichen Lehrern auch ſolche Evangeliſten hatte, welche den Apoſteln am naͤchſten kamen, und in Verkuͤndigung des Worts ihre Gehuͤlfen waren; wie vor andern mit einem beſondern Maaſſe der Gnaden-Gaben Marcus und Lucas geweſen, auch Philippus Ap. Geſch. 21, 8. Eph. 4, 11. ſo hat GOtt dazu auch den Timotheum ausgeruͤſtet, und von Paulo in oͤffentlicher Gemeine dazu laſſen ver- ordnet werden: wie zu ſchlieſſen iſt aus folgenden Oertern 1 Tim. 1, 18. c. 4, 14. c. 6, 12. 2 Tim. 1, 6. 4. Es muß aber ein ieder rechtſchaffener Prediger ein Evangeliſt ſeyn, daß er die Ver- klaͤrung Chriſti in den Seelen der Menſchen nach dem Evangelio ſein Hauptwerck ſeyn laſſe, und alſo Chriſtum mit allen Heyls-Schaͤtzen in der rechten Ordnung des Heyls den Seelen recht an- preiſe, und ſo beliebt mache, daß ſie dagegen alles irdiſche mit der herrſchenden Anhaͤnglichkeit an daſſelbe gern verleugnen; denn allein die Gna- de GOttes iſt vermoͤgend, dadurch, daß ſie dem Menſchen beſſere Schaͤtze, und eine reine Freu- de und Luſt zeiget und giebet, das Hertz kraͤftigſt vom Jrdiſchen abzuziehen, welches hingegen mit keinem geſetzlichen Zwange zu erhalten iſt: denn die unſterbliche Seele will etwas haben, darinnen ſie mit Vergnuͤgung ruhe; ſo lange ſie nun nicht kraͤftigſt uͤberzeuget wird, wie ſie die Ruhe nur in der Unruhe geſuchet und ubel nur noch immer aͤrger gemachet habe, und dabey durch die Gnade einigen Zug und Geſchmack be- koͤmmt von etwas beſſern, ſo laͤſſet ſie das unreine und arge nicht fahren. 5. Es iſt im Lehr-Amte nichts beſſer, als ein freudiger Muth; als wodurch das Werck des HErrn im Glauben recht angegriffen, und vieles unter dem Segen GOttes wohl hinaus- gefuͤhret wird; dagegen eine Zaghaftigkeit wie viele Arbeit ſcheuet, und nicht einmal verſuchen will; alſo auch vielen Segen hindert. Auf die Glaubens-Freudigkeit in allen Amts-Verrich- tungen gehet Paulus, wenn er ſaget: τὴν διακο- νίαν σουϖληροϕόρητον; und da ſie die alleredelſte Gabe GOttes iſt, ſo hat man ſie vor andern fleiſ- ſig zu erbitten, und ſich durch Vorſtellung der dazu dienlichen Evangeliſchen Bewegungs- Gruͤnde dazu zu erwecken, und alſo ſonderlich in dieſem Stuͤcke das dem Timotheo oben Cap. 1, 6. anbefohlne ἀναζωπυρει῀ν wohl zu uͤben. V. 6. Denn (um anzuzeigen, warum du dir dein Amt

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/184>, abgerufen am 31.10.2024.