aber einen rühmlichen Platz darinn vergönnte, frey- lich würde auch Er nunmehr zu dem Aesopus, so wie ihn la Fontaine verkleidet hat, sagen: Freund, wir kennen einander nicht mehr! Geh auch du dei- nen Gang! Aber, was geht es uns an, was so ein alter Grillenfänger, wie Plato, sagen würde? --
Vollkommen richtig! Unterdessen, da ich so sehr billig bin, hoffe ich, daß man es auch einigermaas- sen gegen mich seyn wird. Ich habe die erhabene Absicht, der Welt mit meinen Fabeln zu belustigen, leider nicht gehabt; ich hatte mein Augenmerk nur immer auf diese oder jene Sittenlehre, die ich, meistens zu meiner eigenen Erbauung, gern in besondern Fällen übersehen wollte; und zu diesem Gebrauche glaubte ich meine Erdichtungen nicht kurz, nicht trocken ge- nug aufschreiben zu können. Wenn ich aber itzt die Welt gleich nicht belustige; so könnte sie doch mit der Zeit vielleicht durch mich belustiget werden. Man erzehlt ja die neuen Fabeln des Abstemius, eben sowohl als die alten Fabeln des Aesopus in Versen; wer weis was meinen Fabeln aufbehalten ist, und ob man auch sie nicht einmal mit aller möglichen Lustigkeit erzehlet, wenn sie sich anders durch ihren
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aber einen rühmlichen Platz darinn vergönnte, frey- lich würde auch Er nunmehr zu dem Aeſopus, ſo wie ihn la Fontaine verkleidet hat, ſagen: Freund, wir kennen einander nicht mehr! Geh auch du dei- nen Gang! Aber, was geht es uns an, was ſo ein alter Grillenfänger, wie Plato, ſagen würde? —
Vollkommen richtig! Unterdeſſen, da ich ſo ſehr billig bin, hoffe ich, daß man es auch einigermaaſ- ſen gegen mich ſeyn wird. Ich habe die erhabene Abſicht, der Welt mit meinen Fabeln zu beluſtigen, leider nicht gehabt; ich hatte mein Augenmerk nur immer auf dieſe oder jene Sittenlehre, die ich, meiſtens zu meiner eigenen Erbauung, gern in beſondern Fällen überſehen wollte; und zu dieſem Gebrauche glaubte ich meine Erdichtungen nicht kurz, nicht trocken ge- nug aufſchreiben zu können. Wenn ich aber itzt die Welt gleich nicht beluſtige; ſo könnte ſie doch mit der Zeit vielleicht durch mich beluſtiget werden. Man erzehlt ja die neuen Fabeln des Abſtemius, eben ſowohl als die alten Fabeln des Aeſopus in Verſen; wer weis was meinen Fabeln aufbehalten iſt, und ob man auch ſie nicht einmal mit aller möglichen Luſtigkeit erzehlet, wenn ſie ſich anders durch ihren
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aber einen rühmlichen Platz darinn vergönnte, frey-
lich würde auch Er nunmehr zu dem Aeſopus, ſo
wie ihn la Fontaine verkleidet hat, ſagen: Freund,
wir kennen einander nicht mehr! Geh auch du dei-
nen Gang! Aber, was geht es uns an, was ſo ein
alter Grillenfänger, wie Plato, ſagen würde? —
Vollkommen richtig! Unterdeſſen, da ich ſo ſehr
billig bin, hoffe ich, daß man es auch einigermaaſ-
ſen gegen mich ſeyn wird. Ich habe die erhabene
Abſicht, der Welt mit meinen Fabeln zu beluſtigen,
leider nicht gehabt; ich hatte mein Augenmerk nur
immer auf dieſe oder jene Sittenlehre, die ich, meiſtens
zu meiner eigenen Erbauung, gern in beſondern Fällen
überſehen wollte; und zu dieſem Gebrauche glaubte
ich meine Erdichtungen nicht kurz, nicht trocken ge-
nug aufſchreiben zu können. Wenn ich aber itzt die
Welt gleich nicht beluſtige; ſo könnte ſie doch mit
der Zeit vielleicht durch mich beluſtiget werden. Man
erzehlt ja die neuen Fabeln des Abſtemius, eben
ſowohl als die alten Fabeln des Aeſopus in Verſen;
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Lessing, Gotthold Ephraim: Fabeln. Berlin, 1759, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_fabeln_1759/247>, abgerufen am 18.06.2024.
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